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Sport: "Bei Cosmos konntest du vom Fußboden lecken" - Interview mit Karl-Heinz Granitza

Karl-Heinz Granitza (48) schoss zwischen 1976 unfd 1979 in 73 Bundesligaspielen 34 Tore für Hertha BSC. Anschließend wechselte der Stürmer in die US-Profiliga, wo er bei Chicago Sting zum Topstar aufstieg.

Karl-Heinz Granitza (48) schoss zwischen 1976 unfd 1979 in 73 Bundesligaspielen 34 Tore für Hertha BSC. Anschließend wechselte der Stürmer in die US-Profiliga, wo er bei Chicago Sting zum Topstar aufstieg. Mittlerweile lebt Granitza wieder in Berlin.

Lothar Matthäus hat einen Mexikaner zum Schuheputzen engagiert, weil bei den MetroStars niemand die Fußballschuhe reinigt. Wer hat denn damals in Chicago geputzt?

Sie werden lachen, aber wir hatten tatsächlich einen eigenen Angestellten zum Schuheputzen. Alles war picobello, auch die Trikots. Ich war einmal bei Cosmos New York in der Umkleidekabine, da konntest du vom Fußboden lecken.

Warum hat es denn damals trotz der vielen Stars nicht geklappt, den Soccer in den USA zu etablieren?

In den USA denkt man viel wirtschaftlicher darüber. Damals hat die Warner-Gruppe - die hatte drei oder vier Vereine - gesagt: Wir haben praktisch 500 Millionen Dollar aus dem Fenster geschmissen. Die machten damals großen Verlust mit Filmen und einem Spiel, das Woodpecker hieß. Das war der Hauptgrund für das Ende der North American Soccer League, nicht der Fußball.

Es heißt aber, der Soccer wäre den Amerikanern zu langweilig.

Das stimmt. Die wollen Action haben. Keine Rückgaben zum Torhüter oder Abseits an der Mittellinie. Woher kommt denn die Drei-Punkte-Regelung für einen Sieg? Aus Amerika.

Haben die US-Amerikaner nicht auch Verständnisschwierigkeiten beim Fußball?

Am Anfang, als ich dort angefangen habe, war das praktisch so. Aber inzwischen ist eine neue Generation dazugekommen. Die kennen alle Soccer aus der Jugend und von den amerikanischen Frauen. Die fegen ja alles weg, was kommt: China, Norwegen und auch die Deutschen. Die Amerikaner haben in den letzten 10 bis 15 Jahren dazugelernt. Inzwischen spielen 20 Millionen Amerikaner Fußball. Das ist ein riesiger Markt. Trotzdem spielt Fußball nur eine untergeordnete Rolle in den USA. Weil Baseball und Football 80 Jahre Vorsprung haben.

Jetzt soll Matthäus dem Soccer in den USA wieder auf die Beine helfen. Kann er das?

Lothar Matthäus hat uns allen fußballerisch was voraus. Er hat nicht umsonst die meisten Länderspiele auf der Welt. Er und seine junge Freundin können dort viel Lebenserfahrung gewinnen. Aber er muss lernen, auf die Amerikaner zuzugehen.

Ihnen ist das offensichtlich gelungen. In Chicago wird am 16. April immer noch der Granitza-Day gefeiert. Was muss Lothar tun, damit es einmal den Matthäus-Day gibt?

Offen sein. Wenn er eine Einladung kriegt, zur Aids-Foundation, Multiple Sklerose - meine Stiftung nannte sich House of Blind - dann soll er verdammt noch mal hingehen. Er muss unter die Leute und sich Zeit nehmen, auch 1000 Autogramme zu schreiben. Ich war immer der Letzte, der noch Autogramme gegeben hat. Und er muss die Stadt von Herzen lieben.

Wer hat denn Lothar in den USA lieb, abgesehen von Maren?

In New York gibt es viele fußballbegeisterte Menschen: die Italiener, die Iren, die Brasilianer. Die kommen auch zu seinem ersten Heimspiel. Aber er muss akzeptieren, dass er in den USA ein Nobody ist. Er muss auf die Leute und ihre Kultur zugehen. Ein Prime Rib Steak essen, das ist das schönste Stück Fleisch auf der Welt. Oder zu den New York Knicks gehen. Aber das hat er eh schon gemacht. Er hat ja ein Trikot von Julius Ewing bekommen, und das ist einer der besten Basketballer in der NBA.

Der heißt aber Patrick Ewing.

Ach ja. Ich bin damals mit Michael Jordan um die Häuser gezogen und habe ein Bierchen mit ihm getrunken. Wenn Lothar klug ist, macht er das auch.

Wie soll Matthäus auf die Leute zugehen, wenn er kein Englisch spricht?

Mein Englisch ist noch schlechter als das von Lothar Matthäus. Ich habe einen sehr deutschen Akzent. Meine Kinder sind in den USA geboren, die lachen mich aus.Das Gespräch führte Benedikt Voigt

Lothar Matthäus hat einen Mexikaner zum Schuh

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