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Sport: Beim 1:2 in Eindhoven gerät Matthäus mit Gerets aneinander:"Der ist doch gestört"

Verlierer haben es immer eilig. "Wie lange dauert das denn noch?

Verlierer haben es immer eilig. "Wie lange dauert das denn noch?", nörgelte Mannschaftskapitän Stefan Effenberg, während er in den Katakomben des Philips-Stadions der Ankunft des Bayern-Busses harrte. Die Lust zur Spielanalyse war dem sonst so sprachgewaltigen Blondschopf nach dem 1:2 gegen den PSV Eindhoven genauso vergangen wie den meisten seiner Arbeitskollegen. Lediglich Lothar Matthäus, im Nachbarland schon seit Jahren als die Inkarnation des "hässlichen Deutschen" gebrandmarkt, stellte sich unerschrocken den Fragen der heimischen Journalisten. "Viel Stimmung" werde gegen ihn in den Niederlanden gemacht. Über das Ergebnis des keineswegs harmonischen deutsch-holländischen Kräftemessens konnte sich jedoch auch der Routinier nicht beklagen: "Der PSV hat den Sieg verdient. Wir waren viel zu passiv."

Erst in der Nachspielzeit wurden die Bayern aktiv. Schuld daran war Eric Gerets. Der Eindhovener Trainer leistete sich erst eine Rangelei mit Hasan Salihamidzic. Dann löste er mit einer handgreiflichen Attacke gegen Matthäus an der Seitenlinie fast eine Massenschlägerei aus. Zwei Körperkontakte seien beim Gang in die Kabinen noch ausgetauscht worden, gab Gerets freimütig zu: "Ich wurde geschubst - und schubste zurück." Aus dem Hinspiel und der "fernen Vergangenheit" sei noch "etwas" offengestanden, sagte der 45-jährige Belgier. "Aber wenn ich Lothar im nächsten Jahr in New York treffen würde, könnte ich mir durchaus vorstellen, mit ihm ein Bier zu trinken." Matthäus ist hingegen die Lust darauf vergangen: "Der Gerets ist doch gestört. Wenn ein Trainer handgreiflich wird, hat er auf der Bank nichts verloren. Ich hoffe, dass die Uefa Konsequenzen zieht." Selbst Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld, sonst in seinen Äußerungen sehr bedacht, hatte für derartige Entgleisungen keinerlei Verständnis: "Es reicht schon aus, wie der sich am Spielfeldrand aufführt. Er hat die Spieler provoziert, und das darf nicht passieren."

Drei Punkte hatten sich die Münchner beim Gastspiel gegen den Philips-Werksverein sichern wollen. Doch im Gegensatz zu ihren bereits aus der Champions League ausgeschiedenen Gegnern war bei den behäbig aufspielenden Bayern lange nicht einmal ein Anflug von Siegeswillen zu verspüren. "Wenn man nur 20 Minuten guten Fußball spielt, reicht das nicht aus," schimpfte Vereinspräsident Franz Beckenbauer. Tatsächlich war das, was der Deutsche Meister fast eine Hälfte lang bot, nichts anderes als Spielverweigerung. Viel zu spät besannen sich die Münchner des eigentlichen Sinns ihrer Reisemission. Der frustrierte Tritt von Jeremies gegen das Knie von Bruggink beendete in der Schlussphase alle Bayern-Hoffnungen, das Blatt doch noch einmal wenden zu können. Als "total unnötige Überreaktion" geißelte Hitzfeld den Platzverweis seines Mittelfeldmotors: "Jeremies wird uns jetzt mindestens zwei Spiele fehlen." Der Nationalspieler wurde vom Verein mit einer Geldbuße in Höhe von 10 000 Mark bestraft und sah seinen Fehler ein: "Es tut mir leid, die Strafe ist in Ordnung."

Fraglich bleibt, ob dem Finalisten der vergangenen Saison in dieser Spielzeit noch zwei Auftritte in der Champions League vergönnt sind. Nach dem Ausrutscher in Eindhoven benötigen die Bayern im letzten Spiel gegen Glasgow einen Sieg, um das Achtelfinale zu erreichen. "Wir wussten zuvor, dass wir uns in einer so schweren Gruppe wahrscheinlich erst im letzten Spiel für die nächste Runde qualifizieren können", sagte Hitzfeld. "Nun haben wir gegen Glasgow das Endspiel, das wir uns gewünscht haben." Entschuldigungen für einen erneuten Aussetzer gegen die Schotten mag auch der gestrenge Meister der Selbstbeherrschung nicht mehr akzeptieren: "Wenn wir zu Hause gegen die Rangers nicht gewinnen, haben wir das Weiterkommen nicht verdient."

Thomas Roser

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