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Sport: Beim Konter spritzt mächtig das Wasser (Glosse)

Gelegentlich fragt man sich, welche Sportart eigentlich noch erfunden werden kann. Besonders im eintönigen Urlaub sollen gewitzte Menschen schon auf kuriose Ideen gekommen sein.

Gelegentlich fragt man sich, welche Sportart eigentlich noch erfunden werden kann. Besonders im eintönigen Urlaub sollen gewitzte Menschen schon auf kuriose Ideen gekommen sein. Wer aber nun meint, er sei besonders kreativ, wenn er Wasserball weiterentwickelt, sich in ein Boot - genauer in ein Kanu - setzt und einfach losspielt, der irrt. Diese Sportart existiert bereits. Sie nennt sich Kanupolo und wird vor allem von Kanuten gespielt, die mehr wollen, als nur langweilig geradeaus zu fahren.

Wer nun weiter denkt, im Kanupolo muss man deshalb weniger gut Kanu fahren können, der kann sich heute ab 8.30 Uhr beim Internationalen Spree-Havel-Cup (kostenloser Eintritt) auf der Regattastrecke in Grünau vom Gegenteil überzeugen. Auf technisch hohem Niveau bewegen sich zwei Mal fünf Spieler auf dem 35 m langen und 25 m breiten Spielfeld ständig vorwärts und rückwärts. Das Boot wirkt wie ein zusammengedrücktes Faltboot, daß der Laie von Wanderfahrten aus dem Kanu-Urlaub kennt. Tatsächlich ist das Poloboot kürzer und breiter und hat weniger Tiefgang. Daher ist es schneller manövrierbar und eignet sich zum Rückwärtsfahren. Allerdings kippt es schneller um.

Der Ball darf mit der Hand sowie dem Paddel bewegt und abgewehrt werden. Ball halten und mit beiden Händen am Paddel losfahren, das klingt einfach. Aber der Ballbesitzer darf von den Gegnern geschubst und mit dem Boot unter Wasser gedrückt werden. Wer sich also nicht umgehend wieder aufrichten kann, befindet sich schnell Land unter. Die Eskimorolle ist daher Pflicht. Da kann es dann trotz einer Spritzdecke um den Bauch gelegentlich passieren, dass ein Nachwuchsspieler sein Boot an Land ziehen muss, um Wasser auszukippen.

Bei den Männern und Frauen der Leistungsklasse I sieht der Umgang mit Paddel und Ball sehr ästhetisch aus. Und auch sehr dynamisch. Das fängt schon beim Anstoß an. Anstoß? Na, eigentlich ist es ja mehr ein Einwurf des Schiedsrichters, während die Teams an der Grundlinie warten und dann beim Pfiff wie die Wilden lospaddeln. Da die beiden Ersten aber grundsätzlich in der Mitte zusammenstoßen, ist es ja irgendwie doch ein Anstoß. Wer also als Erstes am Ball ist, darf die zehnminütige Halbzeit beginnen. Ziel ist das Treffen der eineinhalb Mal ein Meter großen Tore. Das ist aber wegen der schon erwähnten Paddelabwehr nicht ganz einfach, zumal das Tor auch in zwei Meter Höhe hängt und Wasser bekanntlich keine Balken hat. Der Angreifer kann sich also beim Torwurf nirgends festhalten und wird unter dem Tor heftig attackiert. Gelingt die Ballabwehr, spritzt beim Konter mächtig das Wasser, denn die Spieler versuchen mit kraftvollen Paddelschlägen schneller als der Gegner zu sein. Fällt dann doch ein Tor, geraten die Fans heftig aus dem Häuschen. Besonders groß ist der Jubel der italienischen Fans. Jene 20 Italienerinnen feuern ihre Männer aus Chiaviari mit "Forza! Forza!"-Rufen an.

Zwischen den Spielen wird das Boot in der Sonne getrocknet. Die Spieler vertreiben sich die Zeit mit Ball spielen. Die Szenerie wirkt wie bei einem Kanu-Wanderlager. Tatsächlich ist Kanupolo in den 20er Jahren von wohl gelangweilten Kanuten bei einer Wanderfahrt als Zeitvertreib entstanden. Eben gewitze Menschen, diese Kanuten.

Ingo Wolff

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