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Sport: Beim "Volkssport" Fußball sitzen die Großen Fische hinter Glasscheiben (Glosse)

Der Fußball, so wurde lange behauptet, sei der große Verbindungsmann in unserer Gesellschaft. Mit seinen langen Armen umschlinge er alle und bringe sie zusammen ins Stadion, groß und klein, arm und reich, dick und doof.

Der Fußball, so wurde lange behauptet, sei der große Verbindungsmann in unserer Gesellschaft. Mit seinen langen Armen umschlinge er alle und bringe sie zusammen ins Stadion, groß und klein, arm und reich, dick und doof. Doch das war glatt gelogen. Manche Leute wurden bisher einfach ausgegrenzt vom Fußballspiel, ja man könnte sogar sagen diskriminiert.

Nicht allen konnte nämlich der Besuch eines Fußballstadions zugemutet werden. In einem Stadion kann es schließlich aus heiterem Himmel schon mal Bier regnen und wenn die ganze Fankurve den Schlachtgesang anstimmt, wird es auch noch recht laut. Das soll bei sensiblen Leuten schon Migräne ausgelöst haben und allergische Hautreaktionen. Als medizinisches Gegenmittel hilft da nur ein Kanapee mit über Buchenholz geräuchertem Parmaschinken. Aber wo will man das in einem Fußballstadion so schnell herbekommen?

Andere Leute wurden dagegen ausgegrenzt, weil sie eigentlich rund um die Uhr im Dienst sind. Sie müssen ständig bereit sein für Besprechungen und Vertragsabschlüsse. Deswegen haben sie immer ihr mobiles Telefon dabei. Doch wie soll man Geschäfte machen, wenn im Hintergrund ständig "Schiri, du Arschloch" gebrüllt wird, oder einem gerade ein angeheiterter Fan ins andere Ohr rülpst? Unmöglich.

Den Fußball zeichnet jedoch aus, dass er mit der Zeit gehen kann und daher ist es ihm gelungen, die Menschen einzuladen, die ihn vorher nur aus dem Fernsehen kannten. Denn bald wird der Fußball in den Stadien der besten deutschen Klubs endlich Plätze für diese bislang ausgegrenzten Leute anbieten, die sehr sensibel sind und außerdem immer im Dienst. Es wird endlich Service-Points geben mit Fulltime-Catering und Business-Corner. Oder um es altdeutsch zu sagen: Logen.

Diese Leute dürfen mit ihrem Wagen in die neugebaute Tiefgarage des Stadions fahren. Der Fahrstuhl liftet sie dann in die Beletage, wo ihnen grazile Hostesschen erst einmal ein Glaserl Prosecco reichen. Anschließend dürfen sie es sich dann gemütlich machen in ihrem Sessel aus handgegerbtem Rindsleder, die großen Fische hinter der Glasscheibe.

Wenn das Fußballspiel einmal nicht so gut sein sollte, obwohl sich die besten Mannschaften gegenüberstehen, vielleicht, weil das Mittelfeld nach Schneefall untergegangen ist, bietet der Breitbildfernseher noch die Möglichkeit, sich eine Knallerpartie aus alten Tagen anzuschauen. Denn auch Langeweile soll schon Migräne ausgelöst haben bei der Frau eines erfolgreichen Geschäftsmanns. Ja, so eine Loge verfügt über so viele Einrichtungen, dass man sie eigentlich auch als Intensivstation bezeichnen könnte. Oder als Notaufnahme für alle, die bisher vom Fußballspiel ausgegrenzt waren.

teu

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