zum Hauptinhalt
Der Belgier Moreno De Pauw setzte sich zusammen mit seinem Partner Wim Stroetinga bei den 109. Sixdays durch.

© imago images/Adriano Coco

Belgier gewinnt Berliner Sechstagerennen: Moreno De Pauw ist der perfekte Sieger

Sixdays-Sieger Moreno De Pauw beendet seine Radsportkarriere mit 28 Jahren. Seine Widersacher bedauern das sehr.

Die Tränen waren kaum getrocknet, als Moreno De Pauw kurz vor Mitternacht den Pressekonferenzraum betrat. Jetzt brauchte der 28-Jährige erst einmal ein Bier. Zur Feier des Tages und vermutlich auch zur Beruhigung der Nerven. De Pauw setzte sich auf einen Stuhl, nahm einen Schluck, blickte ins Leere und genoss die Stille nach dem Sturm.

Wenige Minuten zuvor waren er und sein Teamkollege Wim Stroetinga eine furiose letzte Jagd beim 109. Berliner Sechstagerennen gefahren. Das Publikum im Berliner Velodrom schrie aus vollen Hälsen und pfiff aus vollen Lungen in ihre Trillerpfeifen.

Die Zuschauer hätten am Dienstag gerne ihren Lokalmatadoren Theo Reinhardt mit seinem französischen Partner Morgan Kneisky ganz vorne gesehen. Und bis sechs Runden vor Schluss konnten sowohl Reinhardt/Kneisky wie auch die Dänen Marc Hester und Oliver Wulff mit De Pauw/Stroetinga um den Sieg fahren.

Es war wohl, wie so oft in der Geschichte des schwer traditionsreichen Rennens, eine Frage des Willens. Und De Pauw/Stroetinga erwiesen sich als die mental stärksten Fahrer, sie gewannen die Sixdays-Königsdisziplin vor den Dänen und Reinhardt/Kneisky. „Wir waren eigentlich tot, aber am Ende konnten wir noch einmal Vollgas geben“, sagte De Pauw.

Das Ende der diesjährigen Sixdays war emotional

Das Berliner Publikum konnte trotz der Niederlage des Lokalmatadoren Reinhardt gut mit den Siegern leben. Mehr als das sogar, der Jubel in den letzten Runden war ohrenbetäubend laut. Das hing wesentlich damit zusammen, dass die Sieger eine besondere Geschichte schrieben: Der letzte Renntag dieses Sechstagerennen war gleichsam auch der letzte Renntag in der Karriere von Moreno De Pauw.

Der Belgier hört mit nur 28 Jahren mit dem professionellen Radsport auf. Dies war sowohl für De Pauw wie auch für seinen Partner Stroetinga die entscheidende Motivationshilfe. „Ich wollte ihm unbedingt helfen, einen schönen Abschied zu feiern“, sagte der Niederländer Stroetinga wenige Sekunden nach der Zieleinfahrt.

De Pauw klopfte ihm währenddessen auf die Schulter, wischte sich die Tränen vom Gesicht und sagte erst einmal nur, dass er jetzt nichts sagen könne. Es war ein sehr emotionales Ende einer Veranstaltung, die in den Augen der Nostalgiker viel von dem Charme längst vergangener Sixdays-Jahre vermissen lässt.

De Pauw war der perfekte Sieger

De Pauw war auch deswegen ein perfekter Sieger, weil er ein Kind des Sechstagerennens ist. Auf der Straße gelang ihm nur ein Sieg. De Pauw fühlte sich in der Halle immer viel wohler. Er liebte den Lärm der Leute, wie er einmal sagte, das Flair rund um die Rennen. Und das Madison, das Zweier-Mannschaftsfahren, war seine Spezialdisziplin.

Hier feierte er seine größten Erfolge, sechs Mal siegte er bei den Sechstagerennen, fast immer mit seinem Landsmann Kenny de Ketele. Doch ein Sixdays-Spezialist hat es nicht besonders leicht. Die Serie hat trotz stabiler Zuschauerzahlen in Berlin zu kämpfen.

Allein in Deutschland fanden einst Sechstagerennen in München, Stuttgart, Dortmund oder Frankfurt am Main statt. Sie alle haben nicht überlebt, weil die endlosen Jagden im Kreis zwar gerne von besagten Nostalgikern gesehen werden, nicht aber von einer breiten Masse an Zuschauern.

Noch in den allerfrühesten Mittwochstunden waren sich jedenfalls alle einig, dass Moreno De Pauw gerne noch ein paar Jahre hätte dranhängen sollen. „Moreno ist ein toller Rennfahrer, der viel zu früh aufhört“, sagte etwa sein deutscher Widersacher Theo Reinhardt. Auch Stroetinga bedauerte das zeitige Karriereende seines Teamkollegen. Doch für De Pauw hätte der Abschied nicht besser verlaufen können.

„Mit einem Sieg aufzuhören ist ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist“, sagte er. „Ich bin bereit für ein neues Kapitel in meinem Leben.“ Er wisse zwar noch nicht, was er außer dem Radsport könne. „Aber das muss ich jetzt eben herausfinden.“ Das Gute für Moreno De Pauw ist, dass er mit seinen 28 Jahren noch jede Menge Zeit dafür hat.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false