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Doppelt ist auch gut. Kiplagat ist eigentlich Halbmarathon-Spezialistin.

© dpa

Berlin-Marathon: Aus Versehen gewonnen

Die Kenianerin Kiplagat wollte eigentlich nur durchhalten, am Ende siegte sie beim Berlin-Marathon vor den Favoritinnen Irina Mikitenko und Paula Radcliffe.

Berlin - Gut, der Papa ist offiziell der Trainer der Mama, er war sogar mal ein ziemlich guter 1500-Meter–Läufer und 1995 WM-Neunter, der Papa, aber so etwas wird ja gerne mal überschätzt. Isla Radcliffe braucht jedenfalls keinen großen sportmethodischen Firlefanz, um aus der Mama eine Siegläuferin zu machen. „Schau mal, Mama“, sagte also Isla Radcliffe, vier Jahre alt, ihrer Mutter Paula, „wenn du die Arme so hältst und die Beine so bewegst, wirst du gewinnen.“ Ende der Besprechung vor dem Berlin-Marathon.

Blöd nur, dass Mama zwischen Kilometer 30 und 38 wohl vergessen hatte, was ihr Isla geraten hatte; in dieser Phase lief Paula Radcliffe „ziemlich schlecht“. Deshalb kam sie, die Marathon-Weltrekordlerin, die Favoritin, auch nur nach 2:23:46 Stunden auf Platz drei ins Ziel. „Ich bin nicht ganz zufrieden“, sagte die Engländerin, „aber nach meiner Babypause war nicht mehr drin.“ Islas Bruder Raphael wurde im September 2010 geboren. Ihren letzten Marathon hatte Radcliffe im November 2009 bestritten.

Vor ihr lagen Florence Kiplagat (Kenia), die in 2:19:44 Stunden gewann, und Irina Mikitenko, die 39-Jährige vom SC Gelnhausen (2:22:18). Katherine Switzer aus den USA lief 4:36:32 Stunden. Sie hatte 1967 weltweit Aufsehen erregt, weil sie inkognito am Boston-Marathon teilnahm – für Frauen waren Rennen über 800 Meter verboten. Sie sollte damals aus dem Rennen genommen werden, doch ihr Begleitläufer verhinderte das.

In Berlin aber dürfen Frauen schon immer mitlaufen, doch mit Kiplagat als Siegerin hatte eigentlich keiner gerechnet. Sie hatte zuvor noch nie einen Marathon durchgestanden, nur einmal war sie über diese Distanz gestartet, im April in Boston, aber da stieg sie aus. „Eigentlich wollte ich in Berlin nur ins Ziel kommen, an einen Sieg dachte ich nicht“, sagte die 24-Jährige. Ihre Hauptdistanz war zuletzt der Halbmarathon. 2010 wurde sie auf dieser Strecke Weltmeisterin.

Sieg gleich im ersten Marathon, wie muss man das bewerten? Zurückhaltend, signalisiert Irina Mikitenko. „Nur weil man einen Marathon gewonnen hat, ist man noch keine Marathonläuferin. Man muss erst ein paar Mal diese Strecke gut absolviert haben, dann kann man jemanden richtig einschätzen.“

Mikitenko ist jetzt 39 Jahre alt, sie hat schon viele Marathonrennen absolviert, 2008 hatte sie in Berlin sogar in 2:19:19 Stunden gewonnen. Schon einige Meter vor der Ziellinie hatte sie gestern gewunken. „Ich habe mich gefreut, dass der Marathon vorbei war“, sagt sie. Über ihren zweiten Platz hatte sie sich, damit verglichen, eher weniger gefreut. „Wenn man mal gewonnen hat, dann will man wieder gewinnen.“ Andererseits: Im nächsten Jahr sind die Olympischen Spiele, darauf freute sie sich dann doch wieder.

Florence Kiplagat weiß noch nicht, ob sie sich auf London 2012 freuen soll. „Ich weiß nicht, ob ich im Olympiateam von Kenia bin. Wir haben so viel harte Konkurrenz.“ Paula Radcliffe, die populärste Sportlerin in England, kann da erheblich entspannter sein. Sie wird in London starten, selbstverständlich, sie ist für englische Fans und Medien das Gesicht dieser Olympiade, sie soll Gold gewinnen.

Wie das geht, wird ihr Isla schon --beibringen.

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