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Sport: Berliner Sport im Blickpunkt: Ballberührung nur auf dem Bolzplatz

Der Austausch war unspektakulär. Der Mann mit der Nummer 11, Mario Rodriguez, verließ nach 56 Minuten das Feld, für ihn kam gegen Preußen Münster der Spieler mit der Nummer 29.

Von Karsten Doneck, dpa

Der Austausch war unspektakulär. Der Mann mit der Nummer 11, Mario Rodriguez, verließ nach 56 Minuten das Feld, für ihn kam gegen Preußen Münster der Spieler mit der Nummer 29. "Ach, der!", grummelte ein Tribünengast. Irgendwie klangen diese Worte nicht nur wissend, sondern auch ablehnend und Unheil verkündend. Mag sein, dass sich bis unter das Dach des Mommsenstadions noch nicht herumgesprochen hat, dass Manuel Cornelius nur durch einen dummen Zufall ins Zwielicht des Dopingsumpfes geraten ist. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes hat den Mittelfeldspieler des Fußball-Regionalligisten Tennis Borussia vorige Woche jedenfalls von allen Vorwürfen freigesprochen. Am 25. August nach dem DFB-Pokalspiel gegen Arminia Bielefeld (1:3) war Cornelius positiv getestet worden. In seiner Urinprobe war das muskelaufbauende Präparat Nandralon in hoher Konzentration festgestellt worden. Der erlaubte Richtwert von 2 ng/ml war um 57 ng/ml überschritten worden.

Rund acht Wochen sind zwischen positiver Dopingprobe und positiver Urteilsverkündung vergangen. Für Cornelius eine qualvolle Zeit. Schon die Urinprobe nach der Pokalpartie hatte ihre Tücken. Statt der geforderten Menge von 60 Millilitern brachte der Spieler nur 50 Milliliter ins Reagenzglas. Eine Stunde später und ein paar Getränke weiter schaffte Cornelius die Restmenge. Die Sache schien erledigt.

Doch dann folgte mitten in der Woche das Paul-Rusch-Pokalspiel gegen die Reserve des Berliner AK 07. Cornelius tauchte weder auf dem Spielfeld noch als Ersatz auf. Und das verwunderte. Schließlich hatte der 23-Jährige in den ersten Saisonspielen von TeBe viel versprechende Ansätze gezeigt. Als Trainer Mirko Slomka erzählte, dass Cornelius wegen einer Zerrung fehle, klang das plausibel. Nur an der Wahrheit zielte diese Aussage vorbei. "Die Zerrung war nur vorgetäuscht", erzählt Cornelius heute mit dem nötigen Abstand. Um unnötige Aufregung innerhalb der Mannschaft und im gesamten Umfeld zu vermeiden, unterlag die Kunde vom Dopingbescheid gegen Cornelius zunächst strenger Geheimhaltung.

Bei vielen Klubs erhalten die Spieler in der Vorbereitungsphase bis ins Frühstadium der Saison hinein sogenannte Nahrungsergänzungsstoffe. TeBe verabreicht "Speed Kreatin". Der Produktname mag zwar Assoziationen auf künstlich schwellende Muskeln und mentale Horizonterweiterung wecken, das Mittel selbst gilt aber als harmlos und taucht auf keiner Dopingliste auf. Doch bei Cornelius hatten die Zwei-Markstück großen Tabletten verhehrende Wirkung. Wieso? "Da lag eindeutig ein Fehler des Herstellers vor", sagt TeBe-Vorstandsmitglied Michael Plassmann. "Das Mittel muss bei der Produktion verseucht worden sein." Eine Ansicht, die jetzt auch das DFB-Sportgericht teilte.

Cornelius kann aufatmen. Sein Name war großflächig durch die Medien gegeistert - nicht etwa wegen brillanter Leistungen, sondern weil sich ein Dopingskandal anbahnte. Er hat, als die Lawine losgetreten wurde, daheim viel im Internet gesurft, sich dort schlau gemacht über Nandralon im Besonderen und Doping im Allgemeinen. "Man hat ja keine Ahnung, was da alles auf einen zukommt", sagte er. Selbst seine Eltern ließ Cornelius nach dem positiven Test anfangs im Ungewissen. Vater und Mutter Cornelius, sonst bei Spielen ihres Sohnes stets live dabei, weilten gerade auf Mallorca. "Ich wollte denen den Urlaub nicht verderben, da habe ich ihnen auch von der Zerrung erzählt", sagt Manuel Cornelius.

TeBe hatte ihn vom Training ausgeschlossen. Mit Waldläufen hielt er sich leidlich fit, stählte auch mal im Fitnessstudio die Muskeln. Ballberührungen? Die hatte er auf einem kleinen Bolzplatz, nahe der Britzer Mühle. Dort traf er sich sonntags mit Freunden zum Fußball spielen. "Das war mehr für die Seele, weniger für den Körper", sagt er rückblickend. Sein Gehalt zahlte ihm TeBe weiter.

Am vorigen Sonnabend beim 0:2 gegen Münster kehrte Cornelius zurück. Zwar nur als Einwechselspieler in den letzten 34 Minuten. Aber da zählt die Symbolkraft mehr als alles andere: Seht her, Leute, ich gehöre ab sofort wieder dazu. Und dennoch: Bleibt da nicht auch irgendetwas hängen? Angenommen, ein Bundesligist zeigt mal an ihm Interesse, kommen da nicht sofort auch Bedenken: Cornelius ... - da war doch mal was ... "Natürlich ist das eine zwiespältige Sache. Zum einen ist mein Bekanntheitsgrad von heute auf morgen gestiegen, aber wie die Leute damit umgehen, das ist die andere Seite. Zumal das in der Öffentlichkeit ja auch verzerrt dargestellt wurde. Als die ganze Geschichte losging, waren die Schlagzeilen in einigen Medien dreimal so groß wie jetzt, wo sich meine Unschuld herausgestellt hat", meint Cornelius.

Er konzentriert sich jetzt wieder auf Fußball. Und kündigt an: "Ich habe noch viel vor in meiner Laufbahn."

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