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Auf unserer Berlin-Sport-Seite werfen wir regelmäßig einen Blick auf den Berliner Fußball.

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Berliner Fußball: Wer ist die Nummer Eins im Kiez?

Sommerzeit heißt Testspielzeit, auch für die Berliner Klubs. Klingt langweilig, doch die Bezirksmeisterschaften bringen Prestige und Spannung in die Vorbereitungsphase - nicht immer zur Freude der Beteiligten.

Fortuna Pankow gegen Einheit Pankow, Gatow gegen Kladow, Mahlsdorf gegen Kaulsdorf, Rudow gegen Britz – diese und viele andere brisante Berliner Lokalderbys finden im normalen Spielbetrieb nicht statt, da die Klubs in unterschiedlichen Ligen spielen. Doch dafür gibt es die Bezirkspokale, die traditionell zur Saisonvorbereitung im Sommer ausgetragen werden. Nicht in allen, aber in einigen Berliner Bezirken spielen somit zahlreiche Teams aus unterschiedlichsten Spielklassen über mehrere Wochen den inoffiziellen Bezirksmeister aus.

Der älteste und traditionsreichste dieser Cups ist der Exerpokal der schon seit 1951 als Meisterschaft von Prenzlauer Berg lief und seit der Berliner Bezirksreform 2001 als Pokalwettbewerb für den gesamten Bezirk Pankow gilt. Seinen Namen erhielt der Exerpokal durch die Sportstätte, auf der die Spiele einst stattfanden. Das Areal in Prenzlauer Berg, auf dem heute der Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark steht, wurde im 19. Jahrhundert als Exerzierplatz der preußischen Armee genutzt und daher im Volksmund stets „Exer“ genannt. Hier hatte auch Hertha BSC seine erste Heimstätte, bevor der Klub 1905 an die "Plumpe" umzog.

Inzwischen rollt der Ball beim Exerpokal allerdings ein paar hundert Meter weiter, auf dem Tesch-Sportplatz an der Dunckerstraße. Den Namen hat man im Sinne der Tradition beibehalten, wie Organisator Uwe Schmieglitz erzählt, der das Turnier 1987 wieder aus der Versenkung hob, nachdem es sieben Jahre lang nicht mehr stattgefunden hatte.

„Im ersten Jahr nach der Bezirksreform hatten wir 16 Teilnehmer, das war bisher das meiste“ erzählt Schmieglitz, einst selbst stolzer Gewinner des Exerpokals als Spieler von Berliner Brauereien. In diesem Jahr spielten insgesamt zehn Mannschaften um den begehrten Titel, neben den Veranstaltern Rotation Prenzlauer Berg und der SG Nordring sowie dem derzeit höchstklassigen Pankower Klub, dem SV Empor, waren auch Teams aus den übrigen Ortsteilen Karow oder Buchholz mit von der Partie. Auch die Teilnahme von Berolina-Mitte hat inzwischen Tradition, obwohl die eigentlich nicht aus Pankow kommen. Da Mitte aber keinen eigenen Pokalwettbewerb hat und die Heimstätte von Berolina an der Kleinen Hamburger Straße auch schon fast im Kiez liegt, nimmt der Klub nun bereits seit einigen Jahren an der Pankower Meisterschaft teil, konnte diese auch schon vier mal gewinnen.

„Die Resonanz der Vereine ist riesengroß“, sagt Frank Neiling, der das Turnier zusammen mit Schmieglitz organisiert. „Wir mussten in diesem Jahr sogar Absagen erteilen, weil wir aus terminlichen Gründen nur zehn Startplätze anbieten konnten“. Der Umzug in die Dunckerstraße 1991 ist laut Neiling vor allem deswegen erfolgt, weil auf dem weitläufigen Gelände des Jahn-Sportparks nur schwer Stimmung aufkam und es außerdem nicht möglich sei, dort Eintrittsgeld zu kassieren. Gerade dies sei für den Wettbewerb aber wichtig, schließlich werden Preisgelder an die Gewinnerteams bezahlt und auch die vielen Schiedsrichter müssen entlohnt werden.

Wo sonst noch Bezirkspokalspiele stattfinden, lesen Sie auf Seite 2.

Auch in anderen Bezirken erfreuen sich die sommerlichen Meisterschaften großer Beliebtheit, bieten sie doch eine intensive Saisonvorbereitung. Freundschafts- und Testspiele bestreitet man in dieser Zeit ohnehin häufig, die Pokale bringen zusätzliche Wettbewerbsbedingungen und ein wenig Brisanz durch die Bezirks-Derbys.

Schmieglitz und und Neiling halfen vor drei Jahren ihren Lichtenberger Kollegen, dort ebenfalls einen Bezirkspokal ins Leben zu rufen. Als besonderen Höhepunkt gibt es seitdem den „Supercup“ zwischen den Gewinnern der beiden Bezirke. In diesem Jahr trifft dort Landesligist Sparta Lichtenberg auf den Pankower Überraschungssieger SV Buchholz aus der Kreisliga A (Mittwoch,19:00 Harnackstraße), der im Finale sensationell den drei Ligen höher spielenden Favoriten SV Empor bezwang.

Auch Jürgen Martens, Mit-Organisator des Neuköllner Kropp-Pokals, der ebenfalls schon über 50 mal ausgetragen wurde, bestätigt das hohe Ansehen der inoffiziellen Bezirksmeisterschaft unter den Vereinen. „Die großen Namen aus Neukölln sind immer dabei, je höherklassiger die Mannschaften spielen, desto größer ist auch das Interesse. Und die Jungs vom SV Stern Britz, die in diesem Jahr zum ersten Mal überhaupt gewinnen konnten, haben gejubelt wie die Weltmeister“. Einzig die parallel liegende Urlaubszeit mache eine Teilnahme mitunter schwierig, wie Martens weiter mitteilt. Gerade die Vereine mit einer hohen Migrantenquote hätten im Sommer oft keine komplette Mannschaft zur Verfügung, da viele Spieler die Ferien in ihren Herkunftsländern verbrächten.

In Spandau hat Berlin-Ligist SC Gatow sich in diesem Jahr den Bürgermeisterpokal gesichert, wie der Wettbewerb dort heißt. Doch Trainer Steffen Borkowski kann der Veranstaltung nicht nur positives abgewinnen. "Wir starten praktisch kalt in den Wettbewerb, ohne vorher ausreichend trainiert zu haben. Da ist das Verletzungsrisiko sehr hoch". Auch sei das Prestigeverhalten und die Rivalität unter den Spandauer Klubs besonders ausgeprägt, mit normalen Testspielen hätten die Begegnungen dadurch nicht viel zu tun. Borkowski nutzte die Spiele trotzdem, um verschiedene Taktiken auszuprobieren und auch personell ein wenig zu experimentieren, wie es in der Testspielphase ja eigentlich üblich ist. "Für mich persönlichen hat der Pokal schon einen Stellenwert, aber in erster Linie muss ich die Mannschaft für die Punktspiele in Form bringen", sagt Borkowski. Von Vereinseite sei dem Coach, der seit anderthalb Jahren in Gatow tätig ist, jedoch zu verstehen gegeben, dass der Spandauer Bürgermeisterpokal enorm wichtig sei. So wichtig, dass dafür offenbar auch eine suboptimale Saisonvorbereitung in Kauf genommen wird. Im Finale gegen den SC Staaken, wo erwartungsgemäß viel Einsatz gezeigt wurde, sahen gleich zwei Gatower Spiele die Rote Karte und sind damit wahrscheinlich für das erste Punktspiel gesperrt.

Dass man wegen solcher Vorfälle aber Abstand von den Bezirkspokalen nimmt und möglicherweise im nächsten Jahr nicht mehr antritt um stattdessen eine ruhige, geordnete Saisonvorbereitung zu absolvieren, ist weder in Gatow noch bei den meisten anderen Vereinen vorstellbar. Es geht immerhin um den Posten des regionalen Platzhirsches. Und für die vielen Zuschauer, beim Exerpokal waren es z.B. insgesamt über 2000 trotz meist schlechtem Wetter, kann es in der ereignisarmen Zeit vor dem Ligabeginn nichts spannenderes geben.

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