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Der Sport ist gelandet. Das Tempelhofer Feld wird inzwischen von vielen Freizeitsportlern und für Laufveranstaltungen genutzt.

© dapd

Berliner Sportanlagen: "Tempelhof ist eine einmalige Chance"

Sport-Staatssekretär Andreas Statzkowski spricht im Tagesspiegel-Interview über die Situation des Berliner Sports, das Joggen auf dem Flughafen Tempelhof und Nacktbaden im Olympiapark.

Herr Statzkowski, was braucht der Berliner Sport am dringendsten?

Genügend Geld, um die sportliche Infrastruktur der Stadt am Leben zu halten. Da gibt es jede Menge großer Baustellen, weil in den vergangenen Jahren vieles auf Verschleiß gefahren worden ist. Das ist zwar wegen der angespannten Haushaltslage Berlins nachvollziehbar. Aber irgendwann muss man handeln. Sonst werden wir uns von der einen oder anderen Sportanlage trennen müssen.

Wie viel Hoffnung können Sie den Sportvereinen denn machen?

Wir müssen in den Haushaltsberatungen deutlich machen, dass wir zusätzliche Mittel benötigen. Wir dürfen zwar nicht vergessen, dass 80 bis 90 Prozent der Sportanlagen von den Bezirken verwaltet werden und nicht von uns in der Senatssportverwaltung. Aber wir haben auch zentral verwaltete Sportanlagen, das Sportforum Hohenschönhausen, den Jahnsportpark, den Olympiapark, die Bäder.

Wo liegen da Ihre Prioritäten?

Im Olympiapark beim Schwimmstadion. Der Bauszustand ist erschreckend. Wir stehen vor der Frage, ob wir das Schwimmbad überhaupt öffnen können. Eine Sanierung ohne die Herrichtung der Tribünen würde 17 Millionen Euro kosten.

Es war auch mal in der Diskussion, auf dem Gelände ein Spaßbad zu errichten.

Es gibt ja noch das Familienbad hinter dem Olympiabad. Das ist von den Briten bis 1994 regelmäßig genutzt worden. Zuletzt kam es mir aber wie ein Biotop vor. Im Frühjahr ist das unheimlich laut, weil dort Hunderte von Fröschen leben. Das hat etwas Sympathisches, es ist aber auch ein Trauerspiel für den Sport. Einen privaten Investor hat man bisher nicht gefunden. Ich will nicht ausschließen, dass diese Flächen reaktiviert werden. Aber dafür braucht man zusätzliche Einnahmen.

Haben Sie eine Idee?

Man muss ein Zusatzangebot fürs Olympiabad schaffen. Man könnte einen geschützten FKK-Bereich anbieten. Das würde weitere Besucher auf die Anlage ziehen und die Erlöse steigern.

Das Tempelhofer Feld als eine Art sportlicher Central Park?

Die Flughäfen Tegel und Tempelhof sind Spielwiesen für neue Ideen, auch für den Sport. Wie sehen Sie da Ihre Rolle? Machen Sie sich selbst Gedanken oder warten Sie auf Vorschläge vom Sport?

Das hängt von der Sportfläche ab. Es gab ja Überlegungen für eine Regattastrecke auf dem Flughafen Tegel. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat das nicht aufgegriffen, die Kosten seien zu hoch. Tempelhof ist ein wesentlich größeres Thema. Eines ist völlig klar: Je mehr wir in die Innenstadt kommen, umso größer ist das Defizit an Sportanlagen. Tempelhof ist daher eine einmalige Chance. Mit den drei Bezirken Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg tausche ich mich aus, was wir dort machen können. Wir brauchen eine Linie für den Berliner Sport. Da kann man Fußball- und Hockeyplätze bauen, Softballplätze, Sporthallen. Und wir dürfen nicht vergessen, dass im Kernbereich des Parks vereinsungebundener Sport seine Möglichkeiten bekommt.

Sie haben mehrere Einzelmaßnahmen genannt. Gibt es auch etwas Übergeordnetes? Eine Vision? Horst Milde, der Gründer des Berlin-Marathons, wünschte sich Tempelhof als eine Art Central Park.

Ideen sind immer willkommen, zuständig ist dann allerdings die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Es wird auf jeden Fall einen Parcours geben, wo Laufen und Skaten möglich ist. Jeder kennt den Flämingskate. Das Gleiche können wir auch hier haben. Ich finde es toll, wenn darüber auch die Weite dieses Tempelhofer Feldes erhalten bleibt.

Hat denn der Sport das Thema Tempelhof verschlafen? Andere gesellschaftliche Gruppen haben schon früh ihre Ansprüche und Ideen eingebracht.

So würde ich das nicht formulieren. Der Landessportbund hat sich schon vor mehr als einem Jahr Gedanken gemacht. Der Sport ist vielleicht manchmal etwas zurückhaltend, zu höflich. Man muss noch deutlicher machen, dass auch der Sport seinen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt leistet. Mit Großveranstaltungen, aber auch Freizeitsport für Touristen. Das kann man noch weiter ausbauen. Warum soll ein Tourist nicht Freitagabend mit einer Laufgruppe übers Tempelhofer Feld joggen? Das hat doch was. Wo gibt’s denn so was schon?

Sie haben Großveranstaltungen genannt. Das Internationale Deutsche Turnfest kommt 2017 wieder nach Berlin, um ein europäisches Fußballfinale bewirbt ich Berlin ständig. Die Bewerbung für die Leichtathletik-EM 2018 läuft auch. Was ist eigentlich mit dem Prolog der Tour de France?

Es gibt eine Arbeitsgruppe dazu. Inzwischen reden wir über 2018. Ich hatte gerade ein Gespräch mit dem Sport-Staatssekretär aus Thüringen. Die überlegen auch, ob sie sich im gleichen Zeitraum um eine Etappe der Tour bemühen. Ist doch besser, miteinander als gegeneinander zu arbeiten. Also könnte man die Startetappe in Berlin veranstalten und die nächste auf dem Weg nach Frankreich in Thüringen. Was wir auch noch gerne hätten, wäre ein Spiel im Fed-Cup. Da gibt es Gespräche mit dem Deutschen Tennis-Bund.

Sie sind auch Präsident eines der größten Berliner Vereine, des SC Charlottenburg. Bleiben Sie das auch als Staatssekretär?

Ich habe prüfen lassen, wie man damit umgeht. Es gibt andere in einer vergleichbaren Situation. Der Staatssekretär für Sport im Bundesinnenministerium, Christoph Bergner, ist beispielsweise Vorsitzender des SV Halle. Aber es ist wichtig, alles transparent zu halten und sauber zu trennen. Deshalb habe ich am ersten Tag meiner Amtszeit einen Vermerk aufgesetzt. Da steht drin, dass ich hier im Haus nichts bescheide, entscheide oder Einfluss nehme auf etwas, das die Belange des SC Charlottenburg betrifft.

Wenn es um Ausfallbürgschaften geht.

Zum Beispiel. Der SC Charlottenburg nutzt ja fast ausschließlich Sportanlagen des Bezirksamtes. Ich finde es wichtig, nicht nur ehrenamtlich engagiert zu sein, sondern auch Sportpolitik von unten zu erleben. Da kriegt man ein besseres Gespür dafür, wie was an der Basis ankommt.

Haben Sie für diese Legislaturperiode ein persönliches Wettkampfziel?

Die bauliche Situation des Berliner Sports ist dermaßen problematisch, dass wir wenigstens an der einen oder anderen Stelle Geld in den Landeshaushalt einstellen müssen. Wir haben 20 Jahre lang von der Substanz unserer Sportanlagen gelebt. Jeder Experte sagt, nach 20 Jahren ist die Substanz dahin. Wenn nichts passiert, sind einige dieser Anlagen, wie es im Amtsdeutsch so schön heißt, abgängig. Schon der Begriff ist komisch.

Wie würden Sie es formulieren?

Sie werden abgerissen. Ich habe keine Lust, dafür verantwortlich zu sein, dass wie beim Stadion der Weltjugend der große Bagger kommt. Wir müssen diese Sportanlagen erhalten. Wenn mir das in den nächsten fünf Jahren gelingt, wäre ich mehr als froh.

Das Gespräch führte Friedhard Teuffel. Andreas Statzkowski, 55, ist seit Dezember Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Zuvor war er sportpolitischer Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus.

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