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Allein gelassen: Die Fans vom 1. FC Union, die auch ihre zweite Mannschaft unterstützen.

© promo

Fanboykott im Berliner Fußball: Keine BFC-Fans beim kleinen Derby gegen Union

Immer montags wirft unser Autor Axel Gustke einen Blick auf den Berliner Fußball. Heute: Warum es bei BFC gegen Union keine Randale gab.

Sportlich sind die beiden Vereine nicht mehr auf Augenhöhe, so war es am Sonntag nur ein kleines Derby zwischen der zweiten Mannschaft des 1.FC Union und dem BFC Dynamo in der fünftklassigen Oberliga. Brisanz steckte dennoch in der Begegnung, wie immer zwischen diesen beiden Klubs. Denn Union gegen Dynamo, das ist vor allem eine verbitterte Fan-Feindschaft mit vielen unangenehmen Zwischenfällen. Beim letzten Aufeinandertreffen der beiden Vereine stürmten Dynamo-Anhänger den Platz, im Januar dieses Jahres kam es zu einem gewalttätigen Angriff vermummter Union-Fans am Rande eines Hallenturniers des BFC.

Derartiges konnte dieses Mal nicht passieren, denn es kamen keine Dynamo-Fans. Der Verein boykottierte das Gastspiel in Köpenick auf Zuschauerebene, denn er wirft dem 1. FC Union vor, mit rigiden Auflagen bei den Gästetickets ein zahlreiches Erscheinen von Dynamo-Fans bewusst verhindert haben zu wollen. So sei es laut dem Dynamo-Fanbeauftragtem Rainer Lüdtke in der Branche absolut unüblich, die Tickets an die Gastmannschaften nur per Vorkasse zu verkaufen, normalerweise laufe dies auf Kommission. Außerdem sei das Kontingent von maximal 1.303 Gästekarten bei weitem nicht ausreichend gewesen. Über 3000 Dynamo-Anhänger hätten einer Erklärung des Vereins zufolge kommen wollen, die Haltung der Köpenicker sei respektlos und ein klares Zeichen dafür, „dass wir in diesem Stadion zum Spiel unerwünscht sind".

Die Angelegenheit spiegelt den Kampf des BFC Dynamo gegensein eigenes Image wider. Man versucht sich als normaler Verein zu präsentieren und empfindet solch strenge Ticketauflagen als Schikane. Auf der anderen Seite der 1.FC Union, der genau dieses Image sowie die bekannte Fan-Rivalität der beiden Vereine als Grundlage für die Planung des Derbys nimmt. Dynamo hat zwar auf die letzten Ausschreitungen beim Berliner Pokalfinale konsequent reagiert und zahlreiche Stadionverbote ausgesprochen. Um den Ruf nachhaltig zu verbessern und vermeintliche ungerechte Behandlung wie im Vorfeld dieses Spiels der Vergangenheit zuschreiben zu können, wird es aber eine längere Zeit brauchen, vor allem wenn der Gegner 1.FC Union heißt.

Die Zahl von 3000 möglichen Gästefans für die Begegnung am Sonntag wird auf Seiten Unions für unrealistisch gehalten, angesichts des weit niedrigeren Zuschauerschnitts bei Heimspielen des BFC. Die 1.303 angebotenen Tickets seien daher völlig ausreichend. „Und wenn plötzlich zu diesem Spiel weit mehr Dynamo-Fans kommen wollen, als zu den eigenen Heimspielen, dann fragt man sich auch, wo die alle plötzlich herkommen und was die vorhaben,“ sagt Unions Sprecher Christian Arbeit. Noch pragmatischer begründet der Fan-Beauftragte des 1.FC Union, Lars Schnell, die Kartenbegrenzung. „Wir haben keine flexible Blockgestaltung und der Gästeblock hat nun mal 1.303 Stehplätze. Wir haben das Maximum angeboten, mehr geht nicht, egal bei welchem Gastverein.“ In Vorkasse hätte man übrigens selbst schon oft genug treten müssen, dies sei also keineswegs eine unübliche Praxis, so Schnell weiter.

Der Pressesprecher des Köpenicker Vereins gesteht jedoch zu, bewusst strenge Maßnahmen bezüglich der Gästetickets getroffen zu haben, da es begründete Sicherheitsbedenken gab. „Für uns war es das Wichtigste, die Sicherheit unserer Zuschauer und die Unversehrtheit des neu renovierten Stadions zu gewährleisten.“Daher war den Verantwortlichen ein eher schwach besuchtes Derby ohne viel Aufsehen lieber, als Sicherheitsrisiken und mögliche Ausschreitungen." Angesichts der Vorgeschichte dieser beiden Vereine seien die erhöhten Sorgen vor solch einem Spiel für ihn durchaus angebracht.

Die Entscheidung, gar keine Tickets zu erwerben und das Spiel so praktisch zu boykottieren, wurde beim BFC Dynamo auf Vereinsebene getroffen, von den Fangruppen jedoch mitgetragen. So fällt die Bilanz für Rainer Lüdtke letztlich positiv aus, denn statt des Stadionbesuchs an der Alten Försterei wurde das Spiel gemeinsam per Live-Ticker bei einem Grillfest im Vereinsheim des Klubs verfolgt, zu dem bis zu 500 Fans kamen. Auch die Mannschaft mischte sich hier nach der Rückkehr aus Köpenick am Abend unters Volk. So konnte man an der Alten Försterei einen eher ruhigen Nachmittag verbringen und sich auf das Fußballspiel konzentrieren, dass die Union-Reserve übrigens mit 2:1 durch ein Tor in der Nachspielzeit für sich entschied, während beim BFC Dynamo gemeinsam gefeiert und die Solidarität im Verein gestärkt wurde. Für das Rückspiel ist laut Lüdtke keine kartenpolitische Vergeltungsaktion zu erwarten, man werde es behandeln wie ein ganz normales Oberligaspiel.

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