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Sport: Hilfe, die Mitglieder kommen

Der Berliner Snookerverein kann sich vor Interessenten kaum retten

Der Berliner Snookerverein hat ein kleines Problem. Es ist schönes Wetter, die Abendsonne steht tief, und weil die neuen Vorhänge noch nicht fertig sind, fällt das Licht ungehindert in die Fabriketage im ersten Stock eines Kreuzberger Hinterhofs – mitten auf das edle, grüne Tuch der Snookertische. Das irritiert die Spieler bei dem Versuch, die Kugel millimetergenau zu treffen.

Die Vorhänge sind ein Thema auf der Mitgliederversammlung später am Abend. Vor allem aber geht es um das zweite, das größere Problem des Vereins: Er kann sich vor neuen Mitgliedern kaum retten. „Wir haben derzeit fünf bis zehn Anfragen auf Mitgliedschaft am Tag“, sagt Thomas Weidner, der zusammen mit zwei anderen Spielern die Bundesliga-Mannschaft der Berliner bildet. Die Fernsehübertragung der Snookerweltmeisterschaft Anfang Mai in Sheffield hat der Sportart in Deutschland so viel Popularität verschafft wie noch nie.

Nun wollen viele das Spiel ausprobieren. Doch der Klub hat bislang nur vier Tische. Im Klub überlegen sie nun, ob sie erweitern sollen. Doch die Tische brauchen Platz, mindestens 40 Quadratmeter. „Auf dem Platz könnte man drei Pool-Tische stellen“, sagt Weidner. Aber weiß man, ob die Neugierigen alle dabei bleiben? Snooker ist kein leichtes Spiel. Der Tisch ist viel größer als beim Pool-Billard, die Kugeln dagegen sind kleiner. So mancher erfolgreiche Kneipenspieler im Pool ist schon beim Snooker gescheitert.

Aber es gibt auch andere Beispiele. So wie Christian Gabriel. Der 19 Jahre alte Abiturient fing vor drei Jahren im Klub an, heute ist er Deutscher Meister der unter 19-Jährigen, im April wurde er bei der deutschen Meisterschaft der Männer Dritter. „Am Anfang war ich fast jeden Tag hier“, erzählt er. Es brauche schon viel Talent, doch „im oberen Bereich kommt es auf Fleiß an“. Vor kurzem hatte Gabriel ein Angebot: Ein Jahr sollte er mit drei anderen Talenten nach Wales gehen, um das Spiel zu perfektionieren und vielleicht Profi zu werden. Doch Gabriel lehnte ab. „Snooker ist ein schönes Hobby“, sagt er. „Ich möchte mich aber nicht davon ernähren müssen.“

Das ginge ohnehin nur in England. In Deutschland bleibt Snooker trotz des Popularitätsschubs eine Randsportart. Der Berliner Snookerverein ist der einzige seiner Art in der Hauptstadt, auch in Kneipen oder Billardcentern stehen Snookertische eher selten. Wobei die ambitionierten Snooker-Spieler darüber gar nicht traurig sind. „Man kann sowieso nicht richtig spielen, wenn Spielautomaten an der Wand stehen und nebenan Pool-Spieler rumbolzen“, sagt Weidner. Einen gewissen Anspruch, den verlangt Weidner auch von den neuen Mitgliedern. Sie müssten zwar nicht gleich in Hemd und Weste erscheinen, sagt er, „aber hier in T-Shirt und kurzer Hose aufzutreten, ist auch nicht drin“.

Steffen Hudemann

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