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Sport: Mit starken Freunden

Wie der Berlin-Marathon um seine Bedeutung als Lauf-Klassiker kämpft

Berlin - Mizuki Noguchi ging es nicht wirklich gut gestern. „Meine Beine schmerzen, ich fühle mich wie eine Großmutter.“ Ein Marathon in 2:19,12 Stunden ist halt auch für eine 27-jährige Olympiasiegerin kein Spaziergang. Außerdem stellte die Japanerin, so nebenbei quasi, Weltbestzeiten über 25 und 30 Kilometer auf. Aber dafür fiel das Schmerzensgeld üppig aus. Für den Sieg beim Berlin-Marathon kassierte die Japanerin 40 000 Euro Prämie, dazu kommen rund 120 000 Euro Startgage. Rund 50 000 Euro kamen von SCC-Running, dem Veranstalter, den Rest steuerte Fuji-TV bei, der japanische TV-Sender, der den Marathon live ausstrahlte. 15 Millionen Japaner verfolgten am Schirm Noguchis Sieg. Renndirektor Mark Milde hätte Noguchi zwar auch allein bezahlen können, aber dann hätte er bei anderen Läufern sparen müssen.

Er könnte sogar Paula Radcliffe bezahlen, die Lauf-Legende aus England. Aber nur, wenn die einen Sonderpreis akzeptiert, weil sie vorher schon bei anderen Top-Marathons ihre übliche Gage kassiert hat und deshalb nachsichtig ist. Radcliffe ist im Sonderangebot für rund 130 000 Euro zu haben, in London oder Chicago kassiert sie dagegen rund 500 000 Euro. Aber Radcliffe startete 2005 lieber bei der WM als in Berlin. Marathon-Stars sind teuer, das ist nicht neu. Auch dass unterscheidlich bezahlt wird, ist üblich. Aber die Stars sollen nicht auf die Idee kommen, die einzelnen Veranstalter gegeneinander auszuspielen. „Wir wollen eine uferlose Preistreiberei verhindern“, sagt Rüdiger Otto, der Geschäftsführer von SCC-Running. „Wir wollen uns nicht von Stars erpressen lassen.“

Auch deshalb werden sich die Veranstalter der fünf größten und renommiertesten Marathons der Welt zusammenschließen, Berlin, Boston, Chicago, New York und London. Die Renndirektoren wollen sich auch auf die Grenzen von Gagen einigen. Bis jetzt firmiert die Gruppe unter dem Arbeitstitel Big Five. „Wir wollen unseren Stellenwert als Marathon-Klassiker festigen und unsere Sponsoren positiver darstellen“, sagt Milde.

Die Big Five wollen in einer Rennserie den besten Marathonläufer den Welt ermitteln und mit einer Top-Prämie belohnen. Im Gespräch ist eine Million Dollar. Eine Art Grand Slam des Marathons. Eigentlich reagieren die Big Five ja nur. Denn in Asien ist eine englische Bank als Sponsor mehrerer asiatischer Marathons schon dabei, eine eigene Grand-Slam-Serie aufzuziehen. Um den Top-Star der Szene zu ermitteln, wollte sie dabei auch die Ergebnisse des Berlins-Marathons heranziehen. Milde protestierte heftig. Eine holländische Bank, Sponsor des New- York-Marathons, versuchte etwas ähnliches. Erst nach Protesten von Renndirektoren endete das Projekt. „Da erst sind wir aufgewacht“, sagt Milde. Jetzt kämpfen die renommierten Marathons um ihre Bedeutung.

Es ist ein Kampf um Millionen Dollar Sponsorengelder und um wichtige TV-Zeiten. Denn der Kampf um die Etats wird immer härter. Der Berlin-Marathon 2005 hat einen Etat von rund fünf Millionen Euro. Vor fünf Jahren noch betrug er die Hälfte. „Vieles ist teurer geworden, und gleichzeitig werden die Werbebudgets verringert“, sagt Otto. Der Titelsponsor des Berlin-Marathons, die Lebenmittelkette real, immerhin überweist weiter auf hohem Niveau. Der Vertrag endet 2006, über eine Verlängerung wird in nächster Zeit verhandelt. Unter dem Kostendruck entdecken die Big-Five-Veranstalter gerade Synergieeffekte ihrer Marathons. London zum Beispiel hat 30 Zeittafeln. Die werden einmal benutzt und stehen ansonsten in einer Halle herum. Berlin hat 14, davon 7 eigene. Der Rest wird ausgeliehen. „Warum sollen wir nicht die von London mitbenutzen?“, sagt Milde. Einen „sechsstelligen Betrag“ (Milde) könnte jeder Veranstalter sparen, wenn solche Möglichkeiten optimal ausgeschöpft würden.

Das würde auch die Belastungen durch unerwartete Kosten abfedern. Milde musste für den Lauf ein Bauloch in der Nähe des Brandenburger Tor zuschütten lassen. Gestern wurde es wieder aufgerissen. Kosten: rund 6000 Euro.

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