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Sport: Rettung mit Verzögerung

Nach dem spektakulären Unfall von Ralf Schumacher in Indianapolis geraten Ärzte und das Streckenpersonal in die Kritik

Ralf Schumacher verbrachte die Nacht nach seinem spektakulären Unfall im Indianapolis Methodist Hospital. „Die Ärzte wollten ihn zur Beobachtung noch hier behalten", erklärte sein Pressesprecher Thomas Hoffmann. Nach einer Computertomographie gab es erst am Sonntagabend endgültig Entwarnung. „Keine Brüche, keine Kopfverletzungen, keine inneren Verletzungen, nur Prellungen.“ Damit konnte er gestern aus dem Krankenhaus entlassen werden. Anschließend flog Ralf Schumacher direkt nach Hause. „Es geht mir den Umständen entsprechend gut. Mein Rücken ist blutunterlaufen und ich habe eine starke Gehirnerschütterung“, erklärte er. Die Entscheidung über einen Start beim nächsten Formel-1-Rennen am 4. Juli in Magny-Cours ist allerdings noch nicht gefallen. „Ich ruhe mich jetzt erst mal ein bis zwei Wochen aus und dann sehen wir, was dabei herauskommt“, sagte Schumacher.

Im Krankenhaus hatte sich der verletzte BMW-Williams-Fahrer besonders über den Besuch von Michael und dessen Frau Corinna gefreut. Der sechsmalige Weltmeister war nach dem technischen Briefing sofort zu seinem Bruder gefahren. Er konnte sich über seinen Sieg beim Großen Preis von den USA nicht richtig freuen. „Die Sorge um Ralf hat schon alles überschattet.“ Die Tatsache, dass er während des Rennens erfahren hatte, dass der Unfall glimpflich verlaufen war, machte ihn nicht gelassener. „Weiterzufahren war in dem Moment schwer. Wenn ich nicht erfahren hätte, was mit ihm los ist, hätte ich sicher kein normales Rennen fahren können“, sagte Michael Schumacher. „Nachdem ich aber die Information hatte, dass Ralf von alleine aussteigen wollte, war ich beruhigter.“

Der frühere Formel-1-Pilot und jetzige TV-Kommentator Heinz-Harald Frentzen kann das gut nachvollziehen: „Wenn man hinter dem Safety-Car an dem kaputten Fahrzeug vorbeifährt und der Fahrer sitzt noch im Auto, macht man sich schon seine Gedanken.“

BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen hatte mit Ralf Schumacher noch im Streckenhospital gesprochen, „Dabei hat er mich sogar gefragt, ob ich wisse, wie der Unfall passiert sei, weil er vor dem Dreher nichts Außergewöhnliches bemerkt hatte." Gleich danach lief Theissen zum Ferrari-Kommandostand, um Teamchef Jean Todt zu informieren. „Damit man Michael über Funk mitteilen konnte, dass Ralf ansprechbar ist.“ Die Unfallursache war wenig später auch geklärt: „Ein Schaden am hinteren, linken Reifen“, erklärte BMW-Williams, und der Reifen-Hersteller Michelin teilte mit: „Offenbar ist Ralf über eines der Teile, die nach dem Startcrash noch auf der Strecke lagen, gefahren.“ Dabei sei der Reifen beschädigt worden. Frentzen hält das für möglich: „Kohlefaserteile sind sehr scharfkantig, da hat man schnell einen Reifenschaden.“ Auf die Idee, in der ersten Safety-Car-Phase eine Kehrmaschine auf die Strecke zu schicken, um zumindest die gröbsten Splitter zu beseitigen, war niemand gekommen.

Aber nicht bloß darüber regten sich viele Fahrer und auch Mario Theissen auf. Genauso sehr ärgerte es sie, dass es fast drei Minuten gedauert hatte, bis die ersten Streckenposten und Ärzte an dem verunglückten BMW-Williams waren. Theissen kritisierte: „Das dauerte zu lange. Man darf gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn es wirklich kritisch um Ralf gestanden hätte. Und wenn es um Sekunden gegangen wäre.“

Ob Ralf Schumacher in zwei Wochen beim Grand Prix von Frankreich in Magny-Cours an den Start gehen kann oder ob BMW-Williams auf einen der beiden Testpiloten, Marc Gené oder Antonio Pizzonia, zurückgreifen muss, ist noch offen. Nach seinem schweren Testunfall in Monza im vergangenen Jahr wollte der BMW-Williams-Pilot zehn Tage später beim Großen Preis von Italien starten, musste dann aber zwei Tage vor dem Rennen doch absagen. Er hatte zu starke Kopfschmerzen. Außerdem plagten ihn Schwindelgefühle. Im Rennen wurde er vom spanischen Testpiloten Marc Gene vertreten, der auf den fünften Platz fuhr. „Die Autos sind zwar heute sehr stabil, aber ohne eine Gehirnerschütterung kommt man bei so einem Crash selten davon“, sagte Heinz-Harald Frentzen. Und wenn es wirklich so war am Sonntag, dann muss Ralf Schumacher wohl doch eine längere Pause einlegen.

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