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Rund um die Uhr: Start des 103. Berliner Sechstagerennen im Velodrom

Alle Jahre wieder fahren sie im Kreis. Schon zum 103. Mal beginnt am Donnerstag das Berliner Sechstagerennen der Bahnradsportler. Vieles ist dabei wie immer, aber es gibt auch ein paar Veränderungen.

Heinz Seesing hat seinen Plan schon gemacht, er fällt in diesem Jahr wesentlich überschaubarer aus. Am letzten Tag will er pünktlich zur Siegerehrung vorbeischauen an der Landsberger Allee, früher auf keinen Fall. Seesing kennt das ja zu gut, beinahe 20 Jahre hat der 76-Jährige jenen Zirkus organisiert, der sich selbst als „traditionsreichste Sportveranstaltung Berlins“ bezeichnet, hat ihn zunächst vor dem Aus gerettet und später ziemlich populär gemacht. Deshalb will Seesing natürlich sehen, was ein Jahr nach seinem persönlichen Abschied geworden ist aus dem Berliner Sechstagerennen. Vor dem Startschuss zur 103. Auflage am Donnerstagabend sagt er: „Ich erwarte keinen Qualitätsabfall, meine Nachfolger sind Kenner der Szene und gut vorbereitet.“

Abgesehen vom obersten Organisator hat sich ohnehin nicht viel geändert am Konzept der Veranstaltung, es ist genau wie der Termin in der letzten Januarwoche ein Muster an Beständigkeit. In jeder Hinsicht. „Wir haben auch in diesem Jahr wieder ein Weltklassefeld am Start“, sagt Dieter Stein, der sportliche Leiter. Einen Monat vor den Weltmeisterschaften in Cali (Kolumbien, 26. Februar bis 2. März) haben sowohl lokale Größen wie der Berliner Robert Bartko als auch international renommierte Bahnradsportler wie der französische Weltmeister Vivien Brisse oder der Schweizer Publikumsliebling Franco Marvulli ihre Zusage gegeben. „In nahezu jeder Disziplin sind WM-Teilnehmer am Start“, sagt Dieter Stein, „wir werden sehr gute Rennen sehen.“

Während viele traditionsreiche Sixdays-Standorte auch in Deutschland um das eigene Fortbestehen kämpfen oder bereits aus dem Terminkalender gestrichen worden sind, können sich die Berliner Organisatoren noch auf den Zulauf aus der Hauptstadt und Umgebung verlassen. 75 000 Zuschauer werden an den sechs Renntagen erwartet – und obwohl sich das Publikum im Velodrom durch sportliche Kompetenz auszeichnet, kommt die Mehrheit doch des Volkstümlichkeitsfaktors wegen in die Halle.

Sixdays, das hieß schon immer: sehen und gesehen werden, garniert natürlich mit diversen Erzeugnissen Berliner Braukunst. Dem Vernehmen nach sind in den vergangenen Jahren jeweils um die tausend Bierfässer vom feierwütigen Volk vernichtet worden. 2014 dürfte sich an dieser Statistik nicht viel ändern.

Auf Abschiedstour. Franco Marvulli startet das letzte Mal in Berlin.
Auf Abschiedstour. Franco Marvulli startet das letzte Mal in Berlin.

© Imago

Treu bleiben sich die Veranstalter auch bei der Wahl des – respektive der – Menschen, die das 32-köpfige Starterfeld am Donnerstagabend mit einem Pistolenknall auf das Oval schicken. „Wir haben immer große Namen aus den verschiedensten Bereichen beim Startschuss gehabt“, sagt Heinz Seesing, „aber was dieses Jahr auf die Beine gestellt wurde, ist schon außergewöhnlich.“ Nach Schauspieler Jan Josef Liefers (2012) und Olympiasieger Robert Harting (2013) eröffnen nach der Vorstellung der einzelnen Teams zwei Granden des deutschen Fußballs das Rennen: Uwe Seeler und Franz Beckenbauer. Welche fachlichen Kompetenzen Seeler und Beckenbauer dazu befähigen, ist zwar nicht überliefert. Andererseits geht es ja genau darum beim Sechstagerennen: sehen und gesehen werden.

Zum Kreis der sportlichen Favoriten zählen neben dem Team Vivien Brisse/Christian Garstmann vor allem David Muntaner und Albert Torres. Das spanische Duo holte bei der vergangenen Bahnrad-Weltmeisterschaft die Silbermedaille. Gute Chancen werden auch dem Belgier Kenny de Ketele eingeräumt, der gemeinsam mit dem Berliner Wahl-Österreicher Andreas Müller startet. Von Relevanz für den Dezibelmesser dürften zudem Robert Bartko und Theo Reinhardt sein. Wie schon im Vorjahr bildet Bahnrad-Olympiasieger Bartko ein Team mit dem 23 Jahre jungen Lokalmatadoren.

Und Publikumsliebling Franco Marvulli? Der Schweizer hat bereits angekündigt, zum letzten Mal seine Runden im Velodrom zu drehen, im Sommer will der 35-Jährige seine Karriere beenden. Noch so ein Abschied seesingscher Dimension. Wobei: Das Sechstagerennen wird es schon irgendwie verkraften.

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