zum Hauptinhalt
Frank Henkel, 50, ist seit Dezember 2011 Bürgermeister und Senator für Inneres und Sport des Landes Berlin. Bei den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene führte er die Delegation der CDU beim Thema Sport an.

© Imago

Serie Olympisches Berlin (6): Frank Henkel: "Berlin kann Olympia!"

Frank Henkel, Berlins Sportsenator, spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über seine Reise zu den Spielen in Sotschi, eine Berliner Olympiabewerbung und Claudia Pechstein.

Herr Henkel, Sie fahren zu den Olympischen Winterspielen nach Sotschi. Warum eigentlich?

Zum einen, weil ich als Sportsenator Interesse habe an den Olympischen Spielen und die Sportmetropole Berlin repräsentieren will und zum anderen unsere Athleten unterstützen möchte.

Warum haben andere Politiker mehr Berührungsängste als Sie?
Ich habe ehrlicherweise die Diskussion darum gar nicht verstanden. Als ich als Sportsenator zu den Olympischen Spielen nach London gefahren bin, war mein erster und wirklich nachhaltiger Eindruck, dass sich Athleten und Funktionäre freuen, wenn sich die Politik dort sehen lässt. Sie empfinden es als Wertschätzung ihrer Arbeit. Ich frage mich, welches Signal wir eigentlich aussenden würden, wenn unsere Sportlerinnen und Sportler hinfahren, wir aber nicht.

Wenn man die Begleiterscheinungen dieser Spiele in Sotschi sieht, Umweltzerstörung, homophobes Gesetz und ausgebeutete Arbeiter, bekommt man dann überhaupt noch Lust, sich um Olympische Spiele zu bewerben?
Das sind Dinge, die ich mindestens genauso kritisch sehe wie viele Menschen, denen das olympische Ereignis am Herzen liegt. Das sind auch Dinge, die angesprochen gehören. Wenn ich die Chance habe, werde auch ich das tun.

Wie kann das aussehen?
Ich gehe davon aus, dass wir in Sotschi mit dem Organisationskomitee und mit der Stadtverwaltung ins Gespräch kommen werden. Dann sind das Themen, die ich dort ansprechen werde. Das hängt natürlich auch damit zusammen, wie wir die Olympischen Spiele sehen. Wir haben in den letzten anderthalb Jahrzehnten eine Tendenz zu immer opulenteren Spielen. Man muss schauen, ob man nicht zu einer neuen Form der Bescheidenheit kommt. Das haben wir in London schon in Ansätzen erlebt.

Wie könnte man den nörgelnden Berliner gerade angesichts dieser Spiele in Sotschi, aber auch der Debatte um die Fußball-WM in Katar davon überzeugen, dass Berlin etwas von Olympia hätte?
Die reine Argumentation, Olympische Spiele seien eine gute Investition in die Infrastruktur, reicht nicht. Da müssen auch andere Themen eine Rolle spielen. Berlin kann Olympische Spiele. Punkt. Ausrufezeichen. Aber wir würden mit einer Diskussion um mehr Nachhaltigkeit auf viel positivere Resonanz treffen. Berlin könnte für neue olympische Bescheidenheit stehen. Es lohnt sich, dieses dicke Brett zu bohren und dazu einen gesellschaftlichen Dialog zu führen.

2016 Rio, 2020 Tokio. Das heißt, 2024 läuft fast alles auf eine europäische Stadt als Ausrichter der Sommerspiele hinaus. Wenn man sich dann nicht bewirbt, könnte das Fenster auf Jahre hinaus geschlossen sein. Müsste Berlin also nicht gerade viel offensiver mit dieser Chance umgehen?
Man muss vor allem sehr überlegt an diese Sache rangehen. Es macht keinen Sinn, jetzt mit Hochglanzbroschüren in die Debatte zu gehen. Der Deutsche Olympische Sportbund muss sich zunächst entscheiden. Und ich sage: Ja, wir können Olympische Spiele, ja, wir haben ein fantastisches sportbegeistertes Publikum, und ja, wir haben ein Sportstättenkonzept, auf dem wir aufsetzen können.

Henkel über Pechstein: "Was wollen Sie jetzt hören?"

Im Grunde fehlt Berlin nach vielen sportlichen Großereignissen der vergangenen Jahre doch nur noch Olympia.
Wir haben jedes Jahr ein internationales Großereignis: In diesem Jahr die Schwimm-EM, 2015 die Champions-League-Endspiele der Männer und Frauen, 2016 die Allround-WM im Eisschnelllaufen, 2017 das Internationale Deutsche Turnfest, 2018 die Leichtathletik-EM und 2019 das Eröffnungsspiel und vielleicht noch weitere Spiele der Handball-WM. Das lässt sich sehen.

Die olympischen Medaillen werden in Berlin vor allem im Sportforum erarbeitet. Von außen wirkt es jedoch alles andere als einladend. Was kann man tun, um vor allem im Eingangsbereich eine angenehmere Atmosphäre zu schaffen?
Man muss etwas tun, keine Frage. Man muss allerdings auch sehen, in welcher Haushaltslage wir sind. Ich glaube, dass das Sportforum nach wie vor einen guten Klang hat, national und international.

Das einzige, was an der Ecke Konrad-Wolf-Straße/Weißenseer Weg klingt, sind die klirrenden Fensterscheiben des ehemaligen Sport- und Kongresszentrums.
Ich sehe das doch auch. Ich wohne in Weißensee und fahre dort wahrscheinlich öfter vorbei als Sie. Aber auf dem Gelände passiert eine ganze Menge, wir haben dort mit Unterstützung des Bundes in den zurückliegenden Jahren mehrere Millionen Euro investiert, zuletzt in die energetische Sanierung des Daches der Eisschnelllaufhalle und für die Herrichtung eines Kraftraumes im Olympiastützpunkt. Das ehemalige Sport- und Kongresszentrum an der Ecke ist keine Visitenkarte. Aber das ist Bezirkssache. Da wird es einen Bebauungsplan geben.

Was können wir aus diesem Gespräch mitnehmen außer, dass das Bezirksamt Lichtenberg für die Ecke zuständig ist und es andere Dinge gibt, die mindestens genauso wichtig sind?
Trotz aller durchgeführten Maßnahmen, haben wir im Sportforum noch immer einen erheblichen Modernisierungsbedarf. Deshalb ist unsere Liste künftiger Vorhaben lang, gerade auch angesichts der Vielzahl von Sportarten, die im Sportforum ausgeübt werden. Was Sie mitnehmen können, ist meine feste Überzeugung, dass es nach wie vor ein super Standort ist mit einer vorzeigbaren Entwicklung. Wenn alles so furchtbar wäre, dann wäre Bob Hanning nicht mit seinen Füchsen dort hingegangen. Es gibt Entwicklungspotenziale, die müssen in den nächsten Jahren stetig vorangetrieben werden.

Zum Berliner Olympiateam gehört auch Claudia Pechstein.
Was wollen Sie jetzt hören? Dass sie die erfolgreichste deutsche Winterolympionikin ist? Sie hat dafür unser aller Respekt verdient, auch meinen. Wenn sie eine Medaille holt, werde ich mich wahnsinnig für sie freuen.

Können Sie denn etwas für sie tun bei ihrem Kampf um Gerechtigkeit, wie sie es nach ihrer zweijährigen Sperre wegen schwankender Blutwerte nennt?
Das ist wahnsinnig schwierig. Dass sie den Urteilsspruch gegen sie als nicht gerecht empfindet, kann ich nachvollziehen. Aber was soll ich in einem hochkomplizierten Fall Partei ergreifen? Ich freue mich für sie, dass sie nach dieser nicht einfachen Zeit wieder dabei ist. Ich wünsche ihr alles Gute und alles Glück dieser Welt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false