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Sport: Trainer soll Kinder gequält haben Er verschnürte ihre Füße. Jetzt steht er vor Gericht

Die Jungen mussten ihre Füße strecken. So wie kleine Ballett-Tänzer.

Die Jungen mussten ihre Füße strecken. So wie kleine Ballett-Tänzer. Wenn der Spann schon schmerzhaft überdehnt war, knickte der Fußballtrainer ihre Zehen nach unten und band die Füße mit einem festen Verband zusammen. Volkan, Fehin, Moris oder Rijap bissen die Zähne zusammen. Schließlich hatte ihnen der Trainer erzählt, dass sie einen „ganz dollen Schuss“ dadurch bekommen würden. Sie waren zwischen neun und elf Jahre alt. Sie vertrauten Ralf K., der die Bandagen festzurrte. Dass er ihnen sehr weh getan hat, erzählten sie ihren Eltern erst viel später.

Der Fall beschäftigt seit gestern das Berliner Landgericht. Ein schlechtes Gewissen ließ der 42-jährige Ralf K., der sich wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen verantworten muss, nicht erkennen. „Ich bin im Internet auf eine Seite gestoßen, auf der beschrieben wurde, wie man die Schusskraft erhöhen kann.“ Das Bandagieren sei eine „Trainingsmethode“ gewesen. „Die Jungen waren sofort motiviert“, behauptete er. Manche hätten sogar gelacht. „Schmerzen wollte ich den Kindern auf keinen Fall zufügen.“

Das aber vermuten die Staatsanwälte – und einen sexuellen Hintergrund. Es sei K. darauf angekommen, sich durch die Schmerzen der Kinder eine Befriedigung des Geschlechtstriebes „in Form eines Fetischs bezüglich verstümmelter Füße“ zu verschaffen. Deshalb habe er sechs Jungen mit den Bandagen gequält und ihre Füße zum Teil in viel zu kleine Schuhe gesteckt. Er habe die umwickelten Füße auch fotografiert und die Bilder verkauft.

Ralf K., ein Mann mit weicher Stimme und dünnem Oberlippenbart, aber schüttelte vor Gericht den Kopf. „Einen sexuellen Hintergrund hatte das wirklich nicht.“ Er ist gelernter Süßwarenfacharbeiter, in den letzten Jahren hielt er sich mit ABM-Stellen über Wasser. In Hellersdorf und dann in Marzahn war er als ehrenamtlicher Fußball-Trainer tätig, jeweils für die E-Jugend. Er reiste mit seinen jungen Spielern bis nach Tschechien ins Trainingslager. Das feste Bandagieren hatte bei ihm einen Namen: „Tramlot“. Der Begriff kommt aus dem Geräteturnen, bezieht sich auf eine Figur am Seitpferd. Und für das Tragen viel zu enger Schuhe, der „Schuhprobe“, soll er Geschenke versprochen haben. „Die Jungen haben untereinander regelrecht gewetteifert“, sagte der Angeklagte: „Wer hält am längsten durch.“ Und das „Spiel“ habe sich herumgesprochen. „Alle wollten es ausprobieren.“ Deshalb seien sie zu ihm in seine Wohnung gekommen. Ihre Eltern waren auch damit einverstanden, dass die Jungen bei ihm übernachteten. Er war eben der nette und engagierte Trainer. Sie vertrauten ihm wie ihre Kinder.

Das Bandagieren gab Ralf K. zu. Doch von Schmerzen hätten ihm die Jungen – darunter die beiden Söhne seiner damaligen Freundin – nichts gesagt. „Die Kinder hielten aus, weil Sie ihnen Geld versprochen hatten“, hielt ihm der Vorsitzende Richter entgegen. „Das habe ich mir auch gesagt“, sagte K. Laut Anlage stellte er den Jungen eine Belohnung von 210 Euro in Aussicht, wenn sie die Bandagen vier Nächte lang ertragen würden. Davon hatte auch der heute zwölfjährige Fehin gehört. „Ich habe aber nur zwei Nächte geschafft und nichts bekommen“, sagte er als erster Zeuge. „Weil es weh getan hat, ganz heiß am Spann war.“ Am Mittwoch wird der Prozess fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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