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Rekord auf den Rängen. 8045 Zuschauer haben am Samstagabend in der Max-Schmeling-Halle das Spiel des SC Charlottenburg gegen den VfB Friedrichshafen verfolgt. So viele Fans hat es zuvor noch nie bei einem Spiel in der Volleyball-Bundesliga gegeben.

© nordphoto

Volleyball: Party mit Seelenmassage

Mit dem 3:1 gegen Friedrichshafen bewies der SCC seinen Fans, zu welch großen Leistungen er fähig ist. Die Fans putschten die Spieler auf, die Spieler gaben ihnen zugleich etwas zurück, das war der Deal.

Ausgerechnet Reinhard Mey hätte noch alles kaputt machen können, der sanfte Liedermacher Mey, der plötzlich aus den Hallenboxen perlte: „Über den Wolken...“. Mehr nicht, aber für eine grandiose Provokation reichte das völlig aus. Okay, der Ball war beim Aufschlag etwas höher übers Netz geflogen als üblich, er ging klar ins Aus, der VfB Friedrichshafen hatte einen Fehler gemacht, aber ein Fall für Ironie ist das eigentlich nicht.

Es stand ja erst 2:2 im zweiten Satz, und mit einem elfmaligen deutschen Volleyballmeister, der extrem harte Sprungaufgaben als Markenzeichen hat, treibt man keine solchen Späßchen. Reinhard Mey war die beste Methode, die Schwaben so richtig zu Höchstleistungen zu reizen.

Aber die Schwaben ließen sich nicht reizen, vielleicht standen sie über den Dingen, vielleicht waren sie an diesem Tag nicht spritzig genug, am Limit spielte in der Schmeling-Halle auf jeden Fall nur eine Mannschaft: der SC Charlottenburg, der Gastgeber in diesem Bundesliga-Duell. 3:1 (27:25, 25:20, 14:25, 25:21) prangte am Ende auf der Anzeigentafel, ein grandioser Sieg für den SCC, Demonstration, Seelenmassage und grandiose Party zugleich.

Farbige Leuchtstäbe flogen in der abgedunkelten Halle aufs Feld, künstlicher Nebel waberte zu den Zuschauern, mächtige Trommelschläge durchzogen die Halle. So war das vor dem Anpfiff. Die Trommelschläge hörten danach nicht auf, sie vermischten sich mit dem Geschrei der Zuschauer, dem Geheule von Tröten und den Kommandos des Hallensprechers in den Spielpausen. Irgendwann röhrte dieser Hallensprecher: „Bundesligarekord.“ 8045 Zuschauer, noch nie zuvor hatten so viele Fans ein Volleyball-Bundesligaspiel verfolgt. „Diese Kulisse ist das reine Doping“, sagte SCC Mittelblocker Felix Fischer begeistert.

Die Fans putschten die Spieler auf, die Spieler gaben ihnen zugleich etwas zurück, das war der Deal. Der SCC hatte nach der Pleite gegen Haching etwas gutzumachen, ein Satz wie ein Befehl, alle hatten ihn verinnerlicht. „Wir wollten zeigen, dass wir Herr im Haus sind“, sagte Fischer. Mark Lebedew, der Trainer, erklärte: „Heute ging es nicht bloß um den Sieg. Es ging vor allem darum, toll zu spielen.“ Er lächelte, dann sagte er auch: „Ich habe den SCC selten so gut gesehen.“

Salvador Hidalgo Oliva und Aleksandar Spirovski setzten den VfB mit harten Sprungaufgaben unter Druck und spielten gut im Block und im Angriff, dazu kam eine starke Partie von Fischer im Block. Jaroslav Skach überzeugte als variabel agierender Zuspieler, auch Scott Touzinsky hatte starke Szenen. „Wir waren heute fast am Limit“, sagte Lebedew.

Friedrichshafen definitiv nicht, auch weil sich das Team schon ganz auf die Play-offs vorbereitet. Aber der VfB bestraft sofort Fehler, wenn der Gegner nur ein bisschen nachlässt. „In den ersten beiden Sätzen haben wir 120 Prozent gegeben“, sagte Fischer. „Danach haben wir etwas Energie verloren.“ Der verlorene dritte Satz hatte die Wirkung eines Alarmsignals. „Wir hatten uns vor dem vierten Satz gesagt, jetzt müssen wir wieder 120 Prozent geben“, sagte Fischer.

Also gaben sie wieder 120 Prozent, gewannen das Spiel und genossen diese Atmosphäre. Zwei männliche Fans hatten sich vor Fischer so innig aufgebaut, als wollten sie ihn gleich umarmen und küssen. Sie waren extra von Frankfurt/Oder gekommen, sie waren heiser vom Anfeuern, und als sie endlich gingen, da drehte sich einer noch mal um und rief: „Ein geiles Spiel, Mann, wirklich wahr.“

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