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Auf unserer Berlin-Sport-Seite werfen wir regelmäßig einen Blick auf den Berliner Fußball.

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Wettbewerbsverzerrung?: Wenn Halb-Profis sich in der Kreisliga austoben

Wettbewerbsverzerrung oder legitimes Mittel starker Vereine? Wenn Klubs ihre hochkarätigen Spieler in der zweiten Mannschaft einsetzen, gibt es immer wieder Ärger. Auch und vor allem in den unteren Ligen.

Ein gewöhnliches Spiel in der Kreisliga A: Auf einem der Nebenplätze im Moabiter Poststadion trifft der ASV Berlin auf die zweite Mannschaft des Berliner AK. Die haben in dieser Saison noch keinen Punkt geholt, bim ASV macht man sich also Hoffnung auf einen schlagbaren Gegner und wichtige Zähler für den Klassenerhalt. Doch der BAK II entpuppt sich dann plötzlich als eine Nummer zu groß. Der Grund: Gleich drei Spieler aus dem Regionalliga-Kader sind dabei, die machen in dieser Partie den Unterschied aus und erzielen alle fünf Treffer zum 5:3 Erfolg ihrer Mannschaft.

Was für den ASV ärgerlich ist und durchaus als Wettbewerbsverzerrung angesehen werden kann, ist für andere ein legitimes Mittel, seinen Kickern Spielpraxis zu geben und der zweiten Mannschaft bei Personalnot auszuhelfen. Dieser Punkt liefert immer wieder Stoff für Diskussionen, logischerweise immer dann, wenn sich eine Mannschaft in einem konkreten Spiel benachteiligt fühlt. Doch vermeiden lässt sich dieser Ärger offenbar nicht.

Denn die Regelung des Berliner Fußballverbands ist eindeutig: In der Hinrunde dürfen alle Spieler nach Belieben in beiden Mannschaften eingesetzt werden, erst in der Rückrunde tritt die so genannte Zehn-Tage-Regelung in Kraft. Dann dürfen Spieler, die in der Ersten Mannschaft zum Einsatz kamen, zehn Tage lang nicht für die Zweite auflaufen. In den überregionalen Ligen, wo sich in der Regel die Reserveteams der Bundesligisten tummeln, wird das Thema so gehandhabt, dass die Zweiten Mannschaften als U23 gelten, wobei als Ausnahme maximal drei Spieler eingesetzt werden dürfen, die älter als 23 sind.

Laut Bernd Wusterhausen, Spielausschussvorsitzender im Berliner Fußballverband, hat der BFV eine vernünftige Regelung gefunden, nachdem in der Vergangenheit auch schon strengere Varianten angewandt wurden. "Man muss den Klubs die Möglichkeit geben, Spielern, die in der Ersten nicht ausreichend zum Einsatz kommen, Spielpraxis sammeln zu lassen". Und der Gefahr, dass Vereine am Saisonende zu entscheidenden Spielen der Zweiten plötzlich mit der Ersten anreisen, sei mit der Zehn-Tage-Regel in der Rückrunde entgegengewirkt worden. Früher galt dies nur für die letzten vier Spieltage.

Lesen Sie auf Seite 2, wie die betroffenen Vereine selbst mit dem Thema umgehen.

Die Wettbewerbsverzerrung hält Wusterhausen in den meisten Fällen ohnehin für eher gering. „Es sind doch in der Regel Spieler von der Ersatzbank oder Rekonvaleszenten, die sich in den unteren Ligen Spielpraxis holen sollen, weil es für die Erste noch nicht reicht. Mit den richtigen Topleuten würde das doch kein Trainer machen“, so der BFV-Mann.  Wirklich eklatant wird es demnach nur in Extremfällen, wenn der Klassenunterschied zwischen den beiden Mannschaften besonders groß ist. Wie zum Beispiel beim Berliner AK, wo Halb-Profis aus der vierten Liga dann auch mal in der Kreisliga A (9. Liga) mitmischen.

Beim am Wochenende benachteiligten ASV Berlin, sieht man zwar durchaus eine Wettbewerbsverzerrung, zeigt aber auch Verständnis für die Bedürfnisse des BAK. „Was soll man machen“, sagt Heinz Lassahn, Leiter der Fußball-Abteilung und Betreuer der ersten Mannschaft. „Vielleicht wäre eine Ausweitung der Zehn Tage-Regel auf die ganze Saison besser, aber das ist ja auch alles sehr schwierig zu kontrollieren. Wir akzeptieren das so wie es ist“. Auffliegen würden Verstöße gegen die Regelung meistens eh nur, wenn es sich um bekanntere Spieler handelt oder ein Anwesender die Leute zufällig kennt.

Dabei gehört der ASV eher zu den Vereinen,  die in Bezug auf ihre eigenen Mannschaften meistens auf eine klare Trennung zwischen Erster und Zweiter gesetzt haben. „Einmal mussten wir glaub ich einen Torwart herausgeben, weil der von der Zweiten nicht konnte. Das war aber das einzige Mal“, erzählt Lassahn. Andere Klubs hingegen verfolgen das gegensätzliche Modell: Einen einzigen großen Spielerpool ohne klare Festlegung, wo dann Woche für Woche der 16-Mann-Kader für die Erste bestimmt und der Rest zur Zweiten geschickt wird.

So ähnlich läuft es beispielsweise bei der VSG Altglienicke, in deren Saisonstatistik der zweiten Mannschaft (Kreisliga B) vom letzten Jahr auch zahlreiche bekannte Namen aus der Berlin-Liga auftauchen. VSG- Abteilungsleiter Rainer Lange lobte erst kürzlich gegenüber dem Tagesspiegel genau diese Durchmischung, da dadurch der Zusammenhalt im Verein gestärkt würde und es auch für den Charakter der Spieler spräche, da sie sich nicht zu schade seien, auch mal in der Kreisliga auszuhelfen.

Eine Änderung der Regeln ist nicht angedacht. Wusterhausen verweist darauf, dass die Mehrheit der Vereine auf einer Verbandstagung für die aktuell gültige Kompromiss-Regelung gestimmt hat und es auch weiterhin keine Anzeichen gäbe, dass eine Mehrheit unzufrieden ist. Was nichts daran ändert, dass es in Einzelfällen immer wieder zu Ungerechtigkeiten kommen kann. Die betroffenen Vereine müssen das dann hinnehmen, so wie der ASV Berlin.

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