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Sport: Betrüger im Diskusring

Sieger Robert Fazekas muss nach einem Manipulationsversuch Gold abgeben

Karlheinz Steinmetz hat ein Bild vor Augen. Das Diskuswerfen symbolisch in Schutt und Asche gelegt, ein Trümmerhaufen, den man wegräumt und dann alles neu aufbaut. „Wir brauchen so einen Skandal wie bei den Skilangläufern, erst dann passiert etwas“, sagte Steinmetz. Im Skilanglauf sind alle aufgewacht, als die besten finnischen Athleten als Dopingsünder aufflogen.

Steinmetz ist der Trainer von Lars Riedel, der am Montag auf Grund einer Adduktorenzerrung nicht mehr in den Kampf um die Medaillen eingreifen konnte. Am Tag nach dem Finale aber war der Trainer wütend auf seinen Sport. Zu Recht, wie sich am Dienstag herausstellte. Der Sieger des Wettbewerbs, der Ungar Robert Fazekas, wurde der Manipulation überführt. Damit hat Athen einen weiteren spektakulären Dopingfall. Der Ungar hatte am Montagabend nach seinem Sieg zunächst die Dopingkontrolle verweigern wollen. Anschließend versuchte er, seine Urinprobe gegen Fremdurin auszutauschen. Das bestätigte das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Dienstag. Fazekas wurde die Goldmedaille aberkannt. Die Ungarn allerdings wollten nichts von Manipulation wissen. Die Leitung des OlympiaTeams ließ deshalb verlauten: „Es war drei Uhr morgens, Fazekas war müde und verließ die Kontrolle, nachdem er nur ein Drittel der geforderten urin-Menge abgeben konnte.“

Vor Bekanntwerden des neuen Skandals hatte Karlheinz Steinmetz zumindest eine gute Nachricht erfahren. Lars Riedel, sein Schützling, hatte nur eine Adduktorenzerrung, keinen Abriss, wie Steinmetz befürchtet hatte. Denn ein Abriss wäre „eine Katastrophe“ gewesen, hatte Steinmetz gesagt und das Karriereende Riedels vorausgeahnt. Riedel musste nach drei Versuchen aufgeben. Er wollte Bronze, wenigstens das – nach Gold in Atlanta und Silber in Sydney. Aber dann kamen die Schmerzen. Seit drei Monaten schon hat Riedel Probleme mit den Adduktoren. Irgendwie ging es bisher immer. Aber nach dem dritten Versuch ging gar nichts mehr.

Bronze, nicht Gold oder Silber. Die ersten beiden Plätze waren sowieso weg, das hätten Riedel und er so eingeplant, sagt Steinmetz. Robert Fazekas, der Ungar, und Virgilius Alekna, der Litauer, der nun als Olympiasieger nachrückt, haben in dieser Saison schon zwei Meter weiter geworfen als Riedel. Fazekas gewann Gold (70,93 m), Alekna Silber (69,89). Aber Steinmetz merkte noch vor dem Skandal um Fazekas bitter an: „Wir müssen doch sehen, dass hier Müsli gegen Atombomben antreten.“ Der Satz zeigte, wie sehr die Atmosphäre in Athen vergiftet ist. Die Dopingfälle in den letzten Tagen, der THG-Skandal in den USA, diese Enthüllungen haben nicht nur befreiende Wirkung. Atombomben, das ist die Umschreibung von Athleten, die vollgepumpt sind mit Dopingmitteln. „Der Fazekas bringt im Kraftraum 170 Kilogramm im Reißen nach oben. Damit kann er ja im Gewichtheben bei den Spezialisten antreten“, sagt Steinmetz. Und Riedel, welche Bestleistung im Reißen hat der? „Riedels Rekord steht bei 152,5 Kilogramm.“ Und der Alekna, sagt Steinmetz, „der ist im Trainingslager doch schon mal abgehauen“. Vor Dopingfahndern, meint Steinmetz damit.

In diesem Spiel mit schmutzigen Tricks verteilt Steinmetz die Rollen. Und die Guten sind auf jeden Fall die Deutschen: „Nur die Deutschen werden kontrolliert, die anderen nicht.“ Lars Riedel wirft in Zürich. Er landet hinter Alekna. Wer wird kontrolliert? „Der Lars. Der Alekna nicht.“ Der Lars, sagte Steinmetz, „hat 20 bis 35 Trainingskontrollen im Jahr.“ Helmut Schreiber, der Mannschaftsarzt der deutschen Leichtathleten, wird deutlicher: „Es wird gedopt auf Teufel komm raus, mit Epo, Anabolika und Wachstumshormonen. Unsere Leute sind chancenlos. In mir wächst das Gefühl, dass die absolut keine Lust mehr haben.“

Wenn man so will, redet auch der Trainer Steinmetz als Fachmann. Der Coach wurde wegen eines Dopingfalls vom Deutschen Leichtathletik-Verband rausgeworfen. 1978 sollte Steinmetz’ Athlet Alwin Wagner bei einem Länderkampf zu seiner Bestürzung eine Dopingprobe abgeben. Das Urinfläschchen füllte dann der ungedopte Steinmetz.

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