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Vor 55 Jahren eingetreten. Der 1. Vorsitzende Heinz-Dietrich Kraschewski ist dem BFC Germania 88 immer treu geblieben.

© Britta Pedersen /dpa

BFC Germania 88 feiert Geburtstag: Auf die nächsten 130 Jahre

Deutschlands ältester noch existierender Fußballverein Germania 88 feiert Sonntag Geburtstag – beim Heimspiel in der Kreisliga B.

Das Wetter spielt nicht mit. Es schneit. Mitte April. Trotzdem kommen insgesamt 10 000 Zuschauer ins Poststadion und an die Plumpe zum Jubiläumsturnier. Der BFC Germania 88 verliert gegen Hertha BSC 0:6 und gegen den Berliner Meister BSV 92 sogar 0:9. Wichtiger ist, was die „Fußball-Woche“ festhält: „Germania 88 hat für zwei Tage wieder einmal im Zentrum des Interesses der Berliner Fußball-Gemeinde gestanden.“ Im Jahr 1938, zum 50. Geburtstag.

An diesem Sonntag tritt Germania um 14.15 Uhr in der zweiten Abteilung der Kreisliga B gegen den SSC Südwest II an. Für das Zentrum des Interesses wird das Spiel nicht reichen. Doch deutlich mehr als die üblichen 25 Zuschauer dürften zum Kunstrasenplatz in der Götzstraße kommen, um den Sechsten gegen den Fünften zu sehen. Unter anderem wird Bernd Schultz erwartet, Präsident des Berliner Fußball-Verbandes (BFV). Das Spiel ist mehr als nur eins von 1500 am Wochenende in Berlin: Es findet genau am 130. Geburtstag statt. Germania ist der älteste noch existierende Fußballverein in Deutschland und Mitglied im „Club of Pioneers“, dem nur der am längsten in einem Land bestehende Verein angehören darf. Neben Sheffield FC, dem ältesten Klub der Welt von 1857, sind unter anderem der FC St. Gallen, CFC Genua und Koninklijke HFC (Niederlande) dabei.

Eine große Feier ist bei Germania nicht geplant, die gab es zuletzt vor fünf Jahren, im Rathaus Schöneberg. „Aber natürlich werden wir ein bisschen feiern“, sagt Heinz-Dietrich Kraschewski, seit 55 Jahren im Verein und seit 2004 1. Vorsitzender. Schon um zehn Uhr geht es los mit dem Spiel der Senioren gegen den FC Hertha 03. Speisen und Getränke gibt es diesmal an mehreren Ständen und am großen Grill. „Zu volkstümlichen Preisen“, sagt Kraschewski. Neue Fanartikel werden auch präsentiert, versehen mit einem Hinweis auf das Alleinstellungsmerkmal: „Das ist unser Pfund. Da darf man ein wenig Wirbel machen.“ Bislang hatten sie diesen Fakt in der Außendarstellung immer etwas vernachlässigt.

Als Paul Jestram 1888 mit einigen Mitstreitern den Verein gründete, war Fußball hierzulande noch klein. Nicht einmal richtige Plätze gab es. Also spielten die Germanen auf dem Tempelhofer Feld. Sie waren erfolgreich. 1890 und 1891 gewannen sie die inoffizielle deutsche Meisterschaft. Beim ersten Länderspiel des DFB-Teams 1908 in der Schweiz stand Germanias Fritz Baumgarten im Tor.

Germania spielt seit acht Jahren durchgängig in der zehnten Liga

Später war Germania meist unten im Ligensystem beheimatet. Dank eines Sponsors ging es Anfang der 2000er Jahre hoch. Verbandsliga, schön war's. Aber dauerte nur drei Jahre, weil sich der Sponsor zurückzog. Es ging drunter und drüber. Ein neuer Vorsitzender wurde gebraucht. Kraschewski machte es. Wohl wissend, dass sich der Fahrstuhl nach unten bewegte. „Aber runter in die Kreisliga B, das war heftig“, sagt der 65-Jährige.

Zehnte Liga im nun schon achten Jahr nacheinander – klingt nach schwerer Kost. Doch Ligenzugehörigkeit ist nicht der einzige Indikator für Zufriedenheit. „Viele Leute engagieren sich. Es gibt wieder eine Germania-Familie“, sagt Kraschewski. Der 280 Mitglieder starke Verein hat inzwischen eine zweite Mannschaft, die mit Kraschewskis Sohn als Trainer in der Kreisliga C auf Aufstiegskurs ist. Regelmäßig werden Skatturniere angeboten. Dinge, die im Amateurbereich etwas zählen. Im Nachwuchs sind mehrere Teams im Spielbetrieb, allerdings – das ist problematisch – nicht in der A- und B-Jugend, den wichtigsten Altersklassen vor dem Herrenbereich. Am Sonntag bestreiten die G-Junioren vor den Männern ein Spiel. Der Gedanke dahinter: Auch die Kleinsten sind wichtig.

Kraschewski war Torwart, hat bis vor vier Jahren bei der Ü 40 gespielt. „Am Ende hatte ich die Tasche nur noch zur Sicherheit dabei, falls sie mich brauchen.“ Er wohnt fast nebenan, „es sind nur 288 Schritte“. Die Entfernung angelehnt an das Gründungsjahr, Ausdruck eines Lebens für und mit Germania. Kraschewski ist im Normalfall täglich auf dem Sportplatz in Tempelhof. Es gibt immer etwas zu tun. Und wenn er nur guckt, ob alles abgeschlossen worden ist. Germania hat einen Raum auf der Anlage. Nach einem Wasserschaden wurde dieser modernisiert und der Verein nutzte die Gelegenheit, die Vergangenheit repräsentativer aufleben zu lassen. Zum Beispiel sind nun mehr alte Bilder aus der Geschichte des Vereins gerahmt.

Vieles ist im Laufe von 130 Jahren verschwunden oder im Krieg zerstört worden, aber manche Perlen sind noch da. Etwa eine Tasse vom 25-jährigen Jubiläum 1913. Die stand zuletzt bei der Ausstellung „Hauptstadtfußball“ im Ephraim-Palais. „Damit sie unter Leute kommt“, sagt Kraschewski. Sonst ist sie bei ihm zu Hause. Sicher ist sicher.

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