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Der Nebel lichtet sich. Die neue Chiemgau-Arena in Ruhpolding empfängt in diesen Tagen die Weltspitze der Biathleten.

© dapd

Biathlon in Ruhpolding: Nur zu Hause sind wir nicht

Die Chiemgau-Arena in Ruhpolding wurde einer Runderneuerung unterzogen - mit Folgen: Selbst den deutschen Biathleten ist die Weltcup-Strecke noch beinahe komplett unbekannt.

Von Katrin Schulze

Berlin - Heimweltcup? Michael Greis hebt seine linke Augenbraue und starrt skeptisch ins Weite. Nein, einen Wettbewerbsvorteil hat er hier nun wirklich nicht. „Ich kenne die Strecke ja selber kaum“, sagt der Biathlet. „Wir hatten fast keine Möglichkeit, vorher zu trainieren und das Gelände kennenzulernen.“ Seit seiner Jugend läuft der heute 34-Jährige die Strecke in Ruhpolding rauf und runter. Dass er sich trotzdem gänzlich neu mit ihr anfreunden muss, liegt an einer Runderneuerung, der sich die Chiemgau-Arena zu Ruhpolding unterzogen hat.

Glaubt man den Aussagen des verantwortlichen Ingenieurs Georg Auer, wurde am Fuße des Zirmbergs innerhalb von neun Monaten „fast Unmögliches“ geschafft. Das urige Funktionsgebäude mit der Holzverkleidung findet man heutzutage ebenso nicht mehr wie das Containerhäuschen, in dem sich Sportler, Dopingkontrolleure und Kampfrichter einst getummelt hatten. Aus einer in die Jahre gekommenen Anlage mit einigen Schönheitsfehlern ist für die Summe von 16 Millionen Euro ein modernes und schmuckes Biathlon-Zentrum inklusive eines mehrstöckigen Multifunktionsgebäudes geworden. Eines, das „viel harmonischere Züge trägt als früher“, wie es in der Ingenieurssprache von Herrn Auer heißt.

Herausgeputzt hat sich Ruhpolding für die Weltmeisterschaft 2012 – zum vierten Mal nach 1979, 1985 und 1996 werden dann die internationalen Titelkämpfe hier ausgetragen. Ein Jahr zuvor jedoch testet in diesen Tagen zunächst der Weltcuptross die neue Strecke – und wirkt relativ angetan. „Man kann schon jetzt sagen, dass hier wirklich alle Facetten und Techniken abgefordert werden, die man sich vorstellen kann“, findet zum Beispiel Ricco Groß. Der jetzige Bundestrainer der Frauen muss es wissen, ist er doch selbst jahrelang recht erfolgreich für den SC Ruhpolding gestartet.

Leichter sind die Pisten im Vergleich zu Ricco Groß’ aktiver Zeit allerdings nicht geworden. Ein weiterer heftiger Anstieg, auf dem die Athleten fast 30 Höhenmeter überwinden müssen, wurde der Strecke verpasst. Ruhephasen gibt es im kurvenreichen Auf und Ab der Chiemgau-Arena für die Sportler kaum noch, was den Parcours zu den schwierigsten im gesamten Weltcup macht. Die Anfahrt zum Schießstand wurde erschwert, außerdem wurde die Strecke insgesamt auf bis zu 14 Meter verbreitert.

Auch und insbesondere hat sich aber das Drumherum in Ruhpolding geändert. Im Vergleich zum wilden Oberhof galt der Standort in den Chiemgauer Alpen bislang eher als familiär und gediegen. Doch nach dem Komplett-Umbau ist nun alles bereitet, um das große Event Biathlon auch hier einziehen zu lassen. Insgesamt 30 000 Zuschauer finden in der neuen alten Arena Platz – und vor allem am Streckenrand soll nun dank Videoleinwänden und einem besseren Zugang noch mehr los sein. Achterreihen, wie sie erst am vergangenen Wochenende wieder im Thüringer Wald zu beobachten waren, sollen sich künftig auch an der Strecke in Bayern bilden, wenn es nach den Wünschen der Organisatoren geht. „Ich bin gespannt, wie das so wird“, sagt Michael Greis dazu. Das alte Flair Ruhpoldings wird aber nicht nur er in dieser Woche vergeblich suchen.

Es könnte eine Weile dauern, bis sich die deutschen Biathleten in Ruhpolding wieder ganz zu Hause fühlen.

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