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© AFP

Biathlon-WM: Von Jägern und Sammlern

Bei den Biathlon-Weltmeisterschaften gewinnen die Deutschen acht Medaillen - davon fünf goldene. Ein beachtliches Ergebnis: In allen Wettbewerben standen Athleten des DSV auf dem Podest.

Mit Frauen, sollte man meinen, kennt Raphael Poirée sich aus. Der berühmte französische Biathlet, seit seinem Rücktritt im vergangenen Winter vor allem ein fürsorglicher Vater, ist schließlich seit fast acht Jahren mit der norwegischen Ex-Biathletin Liv Grete Poirée, gebürtige Skjelbreid, verheiratet. Und seit Ski und Gewehr der beiden Eheleute in der Rumpelkammer abgestellt sind, stehen bei den Poirées nun die Töchter Emma (5) und Anna (1) im Mittelpunkt. Was den Herrn des Hauses nicht daran hindert, das gemeinsame Heim im norwegischen Fusa ab und an zu verlassen, um auch anderen jungen Frauen gute Ratschläge zu geben. Zum Beispiel der 21-jährigen Magdalena Neuner.

Denn die bedankte sich nach ihrem Sieg im Massenstart am Samstag ganz spontan bei ihrem persönlichen Ritter Raphael. Hatte Deutschlands Biathlon-Darling vor dem Rennen doch einen recht brauchbaren Tipp von dem smarten Franzosen bekommen. „Er hat mir geraten, dass ich nicht ans Schießen denken soll, wenn ich an den Schießstand komme“, erzählte Neuner, nachdem sie ihren – wie schon so häufig – recht großen Vorsprung auf die Konkurrentinnen am Schießstand zumindest nicht komplett eingebüßt hatte. Neuners Nerven wackelten zwar erneut, aber eben nicht gar so heftig wie sonst. Ein kleiner Erfolg mit großer Wirkung – Neuners Titel im Massenstart war ihr erster Östersunder Sieg in einem Einzelrennen.

Zwei anstelle der möglichen drei oder vier Strafrunden handelte sie sich beim finalen Stehendschießen ein – gerade genug, um beim dramatischen Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Norwegerin Tora Berger auf den letzten 2,5 Kilometern am Ende drei Sekunden schneller zu sein. „Die Berger ist mir immer von hinten auf die Stöcke getreten, das macht einen wahnsinnig“, berichtete die Oberbayerin später von den Psychokämpfchen auf der Strecke und dachte einigermaßen zufrieden an ihr abschließendes Duell mit den fünf schwarzen Scheiben zurück. „Ich habe“, sagte sie, „oft den Fehler gemacht, mir vor dem Schießen zu denken: So und so viele Fahrkarten darf ich mir erlauben. Und am Ende war’s dann meistens ein Fehler mehr.“

Den von Raphael Poirée verhängten Denkstopp führte die Wallgauerin deshalb auch nach dem gestrigen Pflichtsieg der deutschen Frauen-Staffel in Östersund fort. Mit dem klaren Erfolg vor den Ukrainerinnen und Französinnen setzte das DSV-Quartett in der Besetzung Martina Glagow, Andrea Henkel, Magdalena Neuner und Kati Wilhelm ihre Siegesserie dieses Winters fort. Vier Staffeln gab es im Weltcup, nun die krönende bei der WM – und alle fünf haben die deutschen Skijägerinnen für sich entschieden. „Für uns“, erläuterte Startläuferin Glagow die logische Konsequenz aus dieser Serie, „gibt es nichts anderes als die Goldmedaille.“

Von dieser Sorte hatten Henkel (Sprint, Verfolgung, Staffel) und Neuner (Mixed-Staffel, Massenstart, Staffel) bei der Abreise aus Östersund am frühen Montagmorgen sogar jeweils drei im Gepäck. Aber darüber will Magdalena Neuner erst etwas später nachdenken. „Vom Kopf her bin ich ziemlich kaputt“, sagte sie und freute sich nach dem gestrigen Sieg vor allem auf die bevorstehende Heimreise. „Denn hier“, gestand Neuner offenherzig, „reicht’s mir jetzt langsam.“

„Mit der WM bin ich mehr als zufrieden. Nur einen der sechs möglichen Titel haben wir nicht gewonnen und standen nach allen Rennen auf dem Podest“, sagte Bundestrainer Uwe Müssiggang. Ähnlich zufrieden war auch DSV-Präsident Alfons Hörmann: „Das Ergebnis von Östersund ist eine schöne Fortsetzung der Erfolgsstory der vergangenen Jahre und zeigt, dass so ein extrem hohes Niveau dank systematischer Arbeit auch über mehrere Jahre zu halten ist.“

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