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Bierhoff Völler

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Bierhoff-Völler-Streit: Ein fast perfektes Verhältnis

Der Streit zwischen DFB-Manager Bierhoff und der Bundesliga führt eine lange Tradition der Interessenkonflikte fort. Die Meinungsverschiedenheiten liegen in der Natur der Sache. Für beide Seiten geht es um viel.

Die gute Nachricht vorweg: Das Verhältnis von Hertha BSC zur deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist weiterhin bestens. Erst in dieser Woche hat Bundestrainer Joachim Löw wieder seinen Willen zur gedeihlichen Zusammenarbeit dokumentiert, indem er Arne Friedrich, den Kapitän des Berliner Bundesligisten, für das Spiel gegen Wales (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) aus der Mannschaft nahm – auf besonderen Wunsch seines Vereins, der schon am Freitagabend beim Karlsruher SC antreten muss. „Dafür sind wir dem Bundestrainer sehr dankbar“, sagt Herthas Manager Dieter Hoeneß.

Joachim Löw kommt solchen Wünschen gerne entgegen – solange die eigenen Ziele nicht gefährdet sind. Im September, beim Freundschaftsspiel gegen Rumänien, war Per Mertesacker vom nationalen Einsatz befreit, weil er ebenfalls schon freitags wieder mit Werder Bremen spielen musste. Im März, beim Test gegen Dänemark, schonte der Bundestrainer in der entscheidenden Phase der Saison sogar so viele Stammspieler, dass es auch schon wieder falsch war. Das Publikum in Duisburg murrte, weil es die richtige Nationalmannschaft sehen wollte und nicht ein Perspektivteam für die WM 2010. Als Bundestrainer kann man es sowieso nie allen recht machen.

Der neue Streit zwischen Nationalmannschaft und Bundesliga, repräsentiert durch Teammanager Oliver Bierhoff auf der einen Seite und Bayer Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler auf der anderen, setzt eine lange Reihe solcher oder ähnlicher Konflikte fort. Die Meinungsverschiedenheiten liegen in der Natur der Sache. Die Vereine und die Nationalmannschaft verfolgen unterschiedliche Interessen, aber sie verfolgen sie mit zum Teil demselben Personal. Schon kurz nach seinem Amtsantritt als Manager der Nationalmannschaft, als heftig um die Fitnesstrainer aus den USA gestritten wurde, hat Bierhoff gesagt: „Ich habe mit Kritik gerechnet, aber nicht bei solchen Selbstverständlichkeiten.“

Nie war die Streitkultur zwischen Liga und Nationalmannschaft so ausgeprägt wie in der Amtszeit von Jürgen Klinsmann. Um das WM-Quartier wurde ebenso leidenschaftlich gerungen wie um die richtigen Trainingsmethoden, die Wahl der Mitarbeiter, das liebe Geld, die Fitnesstests, die Länderspieltermine und wahrscheinlich noch einiges mehr. Nach außen gab sich der Bundestrainer jovial, immer wieder besang er die rege Kommunikation mit seinen Kollegen aus der Bundesliga – in Wirklichkeit aber tat er nur das, was er für richtig hielt. Ralf Rangnick, damals noch Trainer bei Schalke 04, verleitete das zu dem höhnischen Kommentar, dass die Kommunikation nicht rege zu sein habe, sondern fruchtbar.

Manchmal waren es allerdings auch Kleinigkeiten, die zu großen Affären aufgeblasen wurden. „Es wird immer versucht, auf verschiedenen Gebieten Spannungen aufzubauen“, sagt Bierhoff. Der Manager der Nationalmannschaft ist gerade selbst zum wiederholten Male in dieses sensible Spannungsfeld geraten. Rudi Völler riet ihm zu mehr Demut und einem Besuch beim Arzt („Das permanente Sich-selbst-auf-die-Schulter-Klopfen muss doch schmerzhafte Schädigungen nach sich ziehen“) und zog Bierhoffs Fähigkeiten als Fußballer ins Lächerliche. Im Nachklapp zu Völlers persönlichem Angriff verbat sich auch Bayerns Manager Uli Hoeneß „diese permanenten Schlaumeiereien“ Bierhoffs. Es stehe ihm nicht zu, „die Bundesliga als Ganzes permanent so kritisch zu sehen“.

Gerade von den Bayern ist Bierhoff Kritik gewohnt: Als „Ich-AG vom Starnberger See“ wurde er von Karl-Heinz Rummenigge verhöhnt, und Uli Hoeneß riet ihm auch schon mal: „Er soll das dumme Gequatsche lassen.“ Paradoxerweise galt der eloquente und umgängliche Bierhoff zu Klinsmanns Zeiten noch eher als Moderator; inzwischen haben sich die Koordinaten verschoben. Bierhoff ist immer mehr zum ersten Angriffsziel der Liga geworden. Er zieht die Pfeile auf sich, die genauso Joachim Löw treffen könnten, der die gleichen Ansichten vertritt wie Bierhoff und sich ebenso wenig scheut, seine Kritik am deutschen Fußball im Allgemeinen und der Bundesliga im Besonderen öffentlich auszusprechen. Eine derart heftige Reaktion, wie sie Bierhoff nun ausgelöst hat, ist Löw trotzdem noch nicht widerfahren.

Niemand weiß vermutlich besser als Rudi Völler, welche Gunst Löw dadurch beschieden ist. Als Völler noch Bundestrainer war, hätte er liebend gern einen Manager für die Nationalmannschaft an seiner Seite gehabt. Sein stetes Werben aber wurde damals nicht erhört.

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