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Regenpause? Fans beim Spiel der San Francisco 49ers gegen die Seattle Seahawks.

© AFP

Big Four - Die US-Sport-Kolumne: An jedem verregneten Sonntag

Fünf Wochen ist die Saison in der National Football League (NFL) nun schon wieder alt - und unser Autor hat mit weitestgehend unbekannten Problemen jenseits der ohnehin fiesen Kick-Off-Zeiten zu kämpfen: nämlich mit Wetterkapriolen und Spielunterbrechungen. Die Ansichten einer Nachteule.

Vor vier Wochen habe ich an dieser Stelle unter der Überschrift „X-Faktor“ eine lange Kolumne über den Saisonstart in der National Football League (NFL) geschrieben. Aus Gründen der Leserkompatibilität der in Deutschland bestenfalls als Randerscheinung wahrgenommenen Sportart habe ich seinerzeit ganz bewusst auf sportliche Prognosen verzichtet, obwohl mittlerweile drei Deutsche ihr Geld in der NFL verdienen: Vielmehr gerieten meine Zeilen zu einer Hommage an die umsatzstärkste und womöglich spannendste Liga der Welt und deren grandiose Unvorhersehbarkeit, die ich seit Jahren so schätze.

Dass man für Live-Übertragungen seine innere Uhr umstellen muss, dass wegen der Zeitverschiebung oft mitten in der Nacht der Wecker klingelt und einem die Kollegen aus der Redaktion am nächsten Morgen gern mal einen Spruch wegen ausgeprägter Augenringe drücken – all das habe ich in der Euphorie kurz vor dem Saisonstart einfach ausgeklammert. So nach dem Motto: Die wissen alle gar nicht, was ihnen entgeht. Wenngleich ich mich nicht der Wendehalsigkeit schuldig machen will, ist nach mittlerweile fünf Spieltagen die Erkenntnis gereift, dass die Kollegen sehr wohl wissen, was ihnen entgeht: ellenlange, Kräfte zehrende Nächte nämlich. Vielleicht sind es höhere Mächte, vielleicht ist einfach nur Pech – fest steht: Die Saison meint es nicht gut mit den Fans, die sich, über den Globus verteilt, mit Streichhölzern zwischen den Augen die Nächte um die Ohren hauen.

Das ging schon mit dem Eröffnungsspiel zwischen Titelverteidiger Baltimore Ravens und Super-Bowl-Favorit Denver Broncos am ersten Spieltag los. Mit unserer kleinen Football-Community hatten wir an diesem Tag zunächst einen Ausflug in den IFA-Sommergarten gemacht, wo die „singende Herrentorte“ alias „Pretty Joe“ alias Helge Schneider gewohnt stilsicher Absurditäten unter das Volk brachte, Höhepunkt war seine Jazzversion des Nervtöters „Gangnam Style“ inklusive schräger Tanzeinlage. Aber das nur am Rande.

Vier Stunden und einige alkoholische Kaltgetränke später lümmelten wir also auf der Couch und fieberten dem Kick-Off entgegen. 2.10 Uhr, nur noch 15 Minuten, bloß nicht wegnicken! Dummerweise hatten wir die Rechnung ohne das Wetter im US-Bundesstaat Colorado gemacht, über dem „Mile High Stadium“ von Denver braute sich nämlich ein mächtiger Sturm zusammen. Und weil Football-Spiele erfahrungsgemäß nie abgesagt werden, verzögerte sich der Spielbeginn um…. ja, um wie lange eigentlich? Das war – neben dem Resultat aus der Nacht – die Frage, die wir uns am Morgen danach kollektiv stellten. Den Saisonstart verpennt, darauf steht eigentlich die Höchststrafe, wobei die wiederum nicht wirklich definiert ist, weil uns das seit einem Jahrzehnt nie passiert ist.

Andererseits: Halb so schlimm, mit fast 30 kann das schon mal vorkommen – zumal in der Woche danach das nächste Topspiel auf dem Plan stand, gleiche Stelle, gleiche Welle: Sunday Night Game, Kickoff-Zeit in Europa: 2.30 Uhr, Seattle Seahawks gegen San Francisco 49ers, neben Denver die großen Favoriten auf die Super-Bowl-Trophäe und erbitterte Staffel-Rivalen. Ging auch alles ganz pünktlich los, bis kurz vor dem Ende lief das Spiel regulär. Dann zogen auch über dem Stadion von Seattle dunkle Wolken auf, was zunächst nicht so ungewöhnlich ist, weil es in der Stadt im Bundesstaat Washington in etwa so oft regnet wie, sagen wir, in Hamburg. An diesem Sonntag blitzte es allerdings besonders heftig, die Sicherheit der Zuschauer im Stadion schien nicht mehr gewährleistet, die Referees unterbrachen das Match – für eineinhalb Stunden, die einem in der Nacht und allein vor der Glotze vorkommen wie mindestens drei. Sofern die Augen nicht zufallen wie an diesem verdammten Sonntag, um mit dem Titel des vielleicht bekanntesten Football-Films zu spielen.    

Apropos: Das nächste Sunday Night Game wartet schon, diesmal treffen die Dallas Cowboys und die Washington Redskins aufeinander, dabei handelt es sich um eine der größten, wenn nicht die größte Rivalität im American Football. Für den Sonntag verspricht die Wetterprognose 30 Grad und, natürlich, Regen. Meinen Wecker werde ich trotzdem wieder stellen – denn eigentlich kann diesmal nichts schief gehen: Das AT &T-Stadium, die Spielstätte der Cowboys also, verfügt nämlich über ein Dach, das man beliebig öffnen und schließen kann. Hoffentlich drückt nicht irgendein Hausmeister die falschen Knöpfe.

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