zum Hauptinhalt

Big Four - die US-Sport-Kolumne: NHL-Draft: Wieder ein Talent für Edmonton

Der 18-jährige Center Connor McDavid begeisterte in Juniorenligen Fans und Experten. Beim NHL-Entry-Draft werden sich nun die Edmonton Oilers den hochbegabten Kanadier sichern - der Traditionsklub sehnt sich nach Erfolg. 

Vorfreude auf das Jahrhunderttalent

Die Western Hockey League ist nicht wirklich der Nabel der Eishockeywelt. Hier spielen 22 Juniorenteams aus Kanada und den USA, alle in der Hoffnung, das nächste große Talent weiter zu formen für den Schritt in die NHL, die beste Liga der Welt. Große Schlagzeilen sind selten - doch einen Moment lang Ende Mai schaute nicht nur das Fachpublikum ganz genau hin nach Kelowna, British Columbia. 

"Er war schon die ganze Saison lang unglaublich", schwärmte Conor McDavid von Leon Draisaitl. Der deutsche Nationalspieler steht seit vergangener Saison für die Kelowna Rockets auf dem Eis. Die Edmonton Oilers, das traditionsreiche NHL-Team, hatten Draisaitl erst bei den Prince Albert Raiders "geparkt", die dann umgehend einen Transfer nach Kelowna einfädelten. Es soll die schönste Stadt Kanadas sein, nahe am Pazifik gelegen, mit 120 000 Einwohnern, Kunstgalerien, einem großen saisonalen Markt und einer Vielzahl von Winzern im Umland. Im Prospera Place, einer 1999 eröffneten Multifunktionshalle, trägt der Klub seine Spiele aus. Draisaitl konnte voll überzeugen. "Er wird die Chancen nutzen, die sich ihm bieten, da bin ich mir sicher", rückte McDavid den Center am Rande des Memorial Cups in Quebec vor wenigen Wochen mit tragenden Worten in den Mittelpunkt. Draisaitl wurde trotz der Finalniederlage seiner Rockets gegen die Oshawa Generals zum wertvollsten Spieler der Play-offs gewählt, sicherte sich auch die Trophäe des Topscorers. 

Einzigartige Kombination aus Technik und Kraft

Dabei ist es gerade McDavid, der in diesen Tagen die Schlagzeilen bestimmt - und mehr als nur eine Gemeinsamkeit mit dem großen DEB-Talent hat. Heute wird sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Draisaitls Stammteam Edmonton die Dienste des Centers sichern. Der erst 18-Jährige wird beim Entry Draft, bei dem sich die 30 NHL-Mannschaften alljährlich die begabtesten Akteure aus College-, Junioren- oder den europäischen Eishockey-Ligen sichern, wohl als erster Spieler ausgewählt. Es ist mit die größte Ehre, die einem Talent noch vor dem Liga-Debüt zuteil werden kann. McDavid gilt mindestens als künftiger Weltklasse-Akteur, mehr noch, als Jahrhunderttalent. Der 1,85-Meter-Mann mit dem Schuljungengesicht ist eine einmalige Kombination aus Technik, Kraft, Stärke im Abschluss und Spielverständnis, so der Tenor. Experten geraten ins Schwärmen ob der Fähigkeiten des "größten Talents einer ganzen Generation" - nur kein Druck. 

Wie Draisaitl spielte auch McDavid zuletzt in der Provinz, die Erie Otters feierten mit ihrem Vorzeigespieler Erfolge in der Ontario Hockey League, einer weiteren Juniorenliga. Immer wieder wird McDavid mit Sidney Crosby verglichen, dem derzeit wohl besten Spieler der Welt. "Die Parallelen zu Sidney liegen auf der Hand", sagt Otters-Assistenztrainer Jay McKee, früher jahrelang selbst in der NHL aktiv. "Die Art, wie er ein Team mitreißt, die Arbeit, die Intensität, die er aufbringt, um noch besser zu werden." Auch der renommierte Scout Dennis MacInnis ist überzeugt: "Ich habe Crosby im selben Alter spielen sehen - doch McDavid ist noch viel beeindruckender." Der Gelobhudelte selbst geht souverän mit den Vorschusslorbeeren um: "Es ist eine große Ehre, in einem Atemzug mit Sidney Crosby genannt zu werden, doch ich habe das nicht verdient. Ich muss mich immer wieder beweisen." Wenn alles so läuft wie geplant, dann kann das Connor McDavid 2015/16 im Jersey der Oilers tun.

Was hat das mit Eishockey zu tun? In 99 Prozent der Welt nichts, in den USA wurden bei der großen NHL-Show in Las Vegas die Saisonehrungen vorgenommen. Beim Draft am Wochenende dürfte es nüchterner zugehen.
Was hat das mit Eishockey zu tun? In 99 Prozent der Welt nichts, in den USA wurden bei der großen NHL-Show in Las Vegas die Saisonehrungen vorgenommen. Beim Draft am Wochenende dürfte es nüchterner zugehen.

© AFP/Miller

Ausnahmeregelung für das Ausnahmetalent

Früh schon zeichnete sich die Begabung McDavids ab. Bereits mit 15 Jahren stand er für die Otters auf dem Eis, eine Sondergenehmigung machte es möglich, für den Auserwählten das Mindestalter ein Jahr herabzusetzen. Der Abschied vom mit so ziemlich allen verfügbaren individuellen Auszeichnungen dekorierten Publikumsliebling wurde ausgiebig zelebriert, das Saisonabschlussbankett zum Ereignis in der Kleinstadt im US-Bundesstaat Pennsylvania. "Die letzte Chance, Connor McDavid zu sehen" prangt noch heute in großen Lettern auf der Klub-Homepage - die Feier war vor einer knappen Woche. 

"Wer weiß, vielleicht spielen wir in der nächsten Saison ja sogar zusammen," sagte McDavid noch über Draisaitl, über dessen Zukunft noch spekuliert wird. Zuletzt ging die Tendenz eher zu einer Rückkehr auf die große Bühne zu den Oilers denn zu ebenfalls kolportierten Mutmaßungen über einen Wechsel. Die Verlockung, um gleich zwei hochbegabte junge Spieler eine Mannschaft aufzubauen, scheint zu groß. Draisaitl könnte dabei nach dem Lehrjahr in der Provinz nun also mit zum wichtigen Baustein werden. "Ich brauche die Spielpraxis, die Zeit in Kelowna hat mir viel Selbstvertrauen gegeben" sagte der Kölner vor kurzem in einem Interview. "Ich habe mich hier gut eingelebt." 2015 hat es kein weiteres deutsches Talent in den Draft geschafft. 

Auf dem Sprung zum Millionär. Talent Connor McDavid bei seiner Pressekonferenz vor dem NHL-Draft.
Auf dem Sprung zum Millionär. Talent Connor McDavid bei seiner Pressekonferenz vor dem NHL-Draft.

© AFP/Bennett

Lob von "The Great One"

McDavid indes ist auch in Edmonton längst angekommen - zumindest in den Fan-Herzen. Den Ritterschlag gab es vom großen Wayne Gretzky: "Die Oilers-Anhänger werden Connor lieben - er ist so ein begnadet guter Spieler. Es könnte kein besseres Team für ihn geben," analysiert "The Great One", der bei den Oilers Anfang der 80er zum Weltstar wurde und die Mannschaft zu gleich vier der fünf Meisterschaften der Klubhistorie hievte. 

Edmonton sehnt sich nach Hoffnungsschimmern. Im abgelaufenen Jahr waren die Oilers die drittschlechteste Mannschaft der Liga. Seit nunmehr neun Spielzeiten wartet der einst so erfolgreiche Klub auf eine Play-off-Teilnahme, die letzte Meisterschaft ist sogar 25 Jahre her. So groß ist daher die Vorfreude in der darbenden Metropole, dass der Tag, an dem die Oilers die erste Draft-Position zugelost bekamen, spontan zum "McDavid-Day" erklärt wurde. Und ganz kurz der Nabel der Eishockeywelt war.

- Es gibt auch dieses Jahr einige deutsche Spieler, die gedraftet werden könnten: Allerdings bei weitem nicht so früh wie Leon Draisaitl im vergangenen Jahr. Der Landshuter David Trinkberger (Sioux City Musketeers/USHL), Dominik Kahun (RB München), Maximilian Kammerer (RB Salzburg-Junioren/MHL) und von den Eisbären Berlin Kai Wissmann. Er wäre nach Constantin Braun und Dominik Bielke erst der dritte Spieler der Berliner, der gedraftet würde - absgeshen von Marcel Müller (zuletzt Krefeld/demnächst Hamburg), der bisher als einziger Berliner in der NHL gespielt hat.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false