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Sport: Billard gegen sich selbst

Bei Hertha BSC ist der Ärger über Marcelinho groß

„Es wird Hertha BSC auch nach Marcelinho geben.“ Dieser Satz stammt von Dieter Hoeneß, dem Manager des Fußball-Bundesligisten. Er selbst und sein Fußballstar sind Hertha BSC, zumindest für einen Großteil der Öffentlichkeit. Dieser Tage verhandelt Hoeneß allerdings über einen Verkauf des Brasilianers, der wieder einmal zu spät aus seinem Heimaturlaub zurückgekehrt ist. „Es gibt Anfragen“, sagte Hoeneß gestern. Bei einem guten Angebot, vielleicht über drei Millionen Euro, würde er den 31-Jährigen wohl abgeben. Aber wie sieht der Klub ohne Marcelinho aus?

Noch ist es nicht so weit. Am Mittwoch ist Marcelinho angekommen im Trainingslager in Österreich – begrüßt wurde er erst einmal nicht. „Irgendwann habe ich ihm schon Hallo gesagt“, erzählt Mittelfeldspieler Ellery Cairo. „Aber eine solche Verspätung, die vergisst man nicht so leicht. Alle bereiten sich vor, machen Konditionstraining, und einer kommt nicht. Egal wer das ist, das geht nicht.“ Marcelinho ist allein. Gestern Nachmittag ging er Billard spielen – gegen sich selbst. Dann spazierte er durch den Garten des Hotels, mit seinem Handy. So richtig scheint ihm nicht klar zu sein, wie verärgert der Verein über seine Verspätung ist. Ob er sich bei der Mannschaft entschuldigen werde? Achselzucken. Ob er mit dem Trainer sprechen will? „Demnächst.“ Ob er bei Hertha bleiben will? „Eigentlich schon, ich muss noch mit Dieter sprechen.“

Sein Trainer Falko Götz wird nicht auf ihn zugehen. „Der Gesprächsbedarf besteht nicht von meiner Seite.“ Am Mannschaftstraining will Götz den Brasilianer aber teilhaben lassen: „Warum denn nicht? Es gibt keinen Grund, ihn wie einen Verletzten zu behandeln. Er ist fit.“ Nur beim Bogenschießen gestern Nachmittag durfte er noch nicht mitmachen – stattdessen musste Marcelinho mit Physiotherapeut Jörg Blüthmann laufen gehen.

Sportlich ist Marcelinho noch immer wichtig für Hertha, in der vergangenen Saison war er Dritter in der Scorerliste der Bundesliga (Vorlagen und Tore zusammengezählt). Seine Leistungen waren nicht so schlecht, wie viele sie gesehen haben. Die Erwartungen waren wohl einfach zu hoch. So abhängig wie in den Jahren zuvor ist die Mannschaft aber nicht mehr von ihm. Fast immer spielte er im Sturm, neben Marko Pantelic. Seine alte Rolle im zentralen Mittelfeld, als Spielgestalter, hat Yildiray Bastürk übernommen. Er lenkte und kontrollierte das Spiel, und in dieser Rolle plant Götz weiter mit ihm. „Ich bin im besten Fußballalter und traue mir das weiter zu“, sagt der 27 Jahre alte Bastürk. Einem Verkauf von Marcelinho sieht er gelassen entgegen. „Vielleicht spiele ich dann ja noch besser, wer weiß?“, sagt Bastürk. Ob er seinen 2007 auslaufenden Vertrag verlängern wird, hängt vom Verlauf der Saison ab. „Ich will weiter international spielen.“

Marcelinho wird dann mit Sicherheit nicht mehr dabei sein, eine Verlängerung seines am Ende der Saison auslaufenden Vertrages scheint ausgeschlossen. Sein Verbleib ist es noch nicht. „Die Tür ist nicht ganz, aber schon sehr weit zu“, hat Dieter Hoeneß vor kurzem gesagt. „Es sieht eher nach einer Trennung aus als nach einer gemeinsamen Zukunft.“

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