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Sport: Bis zum nächsten Sommerfest

Was die deutschen Sportler für Peking 2008 von den Winterathleten lernen können

In den fünf Bussen, die am späten Sonntagnachmittag mit Polizeieskorte nach Turin fuhren, dürften einige der Insassen gestaunt haben. Es waren Sportler, die bei den Olympischen Spielen zwei Wochen in den Bergen um Sestriere im Winter verbracht hatten. Nun reisten sie in eine neue Klimazone. Denn in Turin ging an diesem Sonntagnachmittag der erste warme Frühlingstag des Jahres zu Ende. Das Wetter passte zur der Stimmung, die später bei der gelungenen Abschlussfeier herrschte: Auf Wiedersehen, Winterspiele, bis bald bei den Sommerspielen.

Das Nationale Olympische Komitee (NOK) Deutschlands richtet seine Anstrengungen bereits aufs Jahr 2008. „Wir werden jetzt schnell den Blick auf Peking lenken“, sagte NOK-Präsident Klaus Steinbach, „aber es wird schwierig, dort auch nur annähernd in ein Leistungsniveau vorzustoßen wie im Winter.“ In Turin hat die deutsche Mannschaft die Nationenwertung gewonnen. Mit elf Gold-, zwölf Silber- und sechs Bronzemedaillen stellte Deutschland die erfolgreichsten Sportler dieser Spiele. Bei den Olympischen Sommerspielen 2004 in Athen dagegen belegte Deutschland nur Rang sechs im Medaillenspiegel. „Das war nicht schlecht, aber es hat unsere Erwartungen nicht ganz getroffen“, sagte Steinbach. Was aber können die Sommersportler von ihren erfolgreichen Kollegen aus dem Wintersport übernehmen?

„Wir werden immer versuchen, von erfolgreichen Sportverbänden zu lernen“, sagt Steinbach, „aber der Winter ist ein ganz anderes Thema.“ Aus deutscher Sicht sind im Winter die Rahmenbedingungen für Erfolge einfacher. In Turin haben 84 Nationen teilgenommen, in Peking werden es wohl 203 sein. Im Winter haben ganze Kontinente keine Bedeutung für den Medaillenspiegel, kein afrikanisches oder südamerikanisches Land ist in Turin über die Exotenrolle hinausgekommen.

Der Deutsche Skiverband (DSV) könnte dennoch manchen Verbänden der Sommersportarten als Vorbild dienen. Die Mehrzahl der 29 deutschen Medaillen in Turin hat dieser Verband gewonnen. Die Strukturen sind sehr professionell, zuletzt ist der Leistungssport als GmbH aus dem Verband ausgegliedert worden. Auch ist es dem DSV gelungen, die Ost-West-Differenzen zu überwinden. Der Langläufer Tobias Angerer aus Traunstein profitierte von einer Trainingsgruppe in Oberhof, die Biathletin Kati Wilhelm aus Zella-Mehlis trainiert in Ruhpolding. „Eine Sportart kann immer von der anderen lernen“, sagte Steinbach, „aber jede Sportart hat auch ihre eigenen Spezifikationen.“

So standen dem DSV im vergangenen olympischen Vier-Jahres-Zyklus enorme finanzielle Mittel zur Verfügung. 77 Millionen Euro kassiert der Verband vom Fernsehsender RTL für einen Fünfjahresvertrag, einen besser dotierten Fernsehkontrakt besitzen in Deutschland nur noch die Vereine der Deutschen Fußball-Liga. Doch die sorglosen Zeiten sind bald vorbei, der Vertrag mit RTL, der vor allem auf den früheren Erfolgen der Skispringer basiert, läuft 2007 aus.

„Aber wir haben auch andere erfolgreiche Sportarten zu bieten“, sagte DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller. Er wird im Sommer erste Gespräche mit den Fernsehanstalten führen. Allerdings dürfte ein ähnlich gut dotierter Vertrag nicht mehr in Aussicht stehen. Deshalb setzte während der Spiele bereits der Kampf um die künftige Verteilung des Geldes innerhalb des DSV ein. Hermann Weinbuch, Bundestrainer der Kombinierer, sagte in „Sportbild“: „Der Fernsehvertrag endet nächstes Jahr, dann wird das Geld beim DSV knapper, aber wenn wir in unserer Arbeit beschnitten werden, sind wir in zwei, drei Jahren weg vom Fenster.“ Sein Team gewann in Turin drei Medaillen.

In einer Frage streiten sich die Sommer- und die Wintersportverbände in Deutschland sogar. Für welche Art von Olympischen Spielen soll sich Deutschland in den nächsten Jahren bewerben: Winter- oder Sommerspiele? DSV-Präsident Alfons Hörmann nahm die Erfolge seiner Sportler zum Anlass, eine Bewerbung Münchens für die Winterspiele 2018 zu fordern. NOK-Präsident Steinbach erklärte dagegen: „Es gibt auch die Möglichkeit, sich für Sommerspiele zu bewerben, diese Entscheidung haben wir noch nicht getroffen.“ Zuletzt war Leipzig mit seiner Bewerbung für die Sommerspiele 2012 schon in der Vorauswahl gescheitert. „Wir haben daraus gelernt, dass so eine Bewerbung sehr gut vorbereitet werden und national auf breiten Schultern getragen werden muss“, sagte Steinbach. Vom Zeitplan her müsse man sich zehn Jahre vorher für eine Bewerbung entscheiden. Für die Sommerspiele 2016 also bereits in diesem Jahr.

Der Sportetat im Bundes-Haushalt 2006/2007 beträgt 127 Millionen Euro, und er soll, wie Christoph Bergner, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, in Turin sagte, „nicht gekürzt werden“. Somit haben die Wintersportler mit ihren großen Erfolgen in Turin auch etwas für ihre Kollegen aus den Sommersportarten getan.

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