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Sport: Biss statt Zauber

Hannover 96 bleibt nach dem 2:1-Sieg über Borussia Mönchengladbach daheim weiter ungeschlagen.

Von Christian Otto

Den Geschlagenen gelang es irgendwie doch noch, Trost zu finden. Und zwar in der Tabelle. „Hannover 96 wird noch sehr stark sein müssen, wenn sie uns einholen wollen“, sagte Havard Nordtveit und grinste angesichts von nur noch zehn Punkten Vorsprung ein wenig verlegen. Sein spätes Tor, das der Norweger für Borussia Mönchengladbach erzielt hatte, konnte ihn nicht mehr richtig fröhlich machen. Denn sein Team, das bis vor kurzem noch am Titelrennen teilnahm und mittlerweile sogar um einen Platz in der Champions League bangt, musste mit der gestrigen 1:2 (0:0)-Niederlage beim frechen Verfolger Hannover 96 den nächsten Rückschlag hinnehmen. Die Treffer für den Gastgeber durch Didier Ya Konan und Mame Diouf waren möglich geworden, weil die Niedersachsen mehr Elan als ihr Kontrahent gezeigt hatten. „Wir können stolz auf uns sein“, sagte Hannovers Angreifer Jan Schlaudraff und zeigte wenig Mitleid mit den formschwachen Gladbachern.

Es mag gemein klingen, aber das mit Spannung erwartete Duell der Emporkömmlinge in der Fußball-Bundesliga entpuppte sich zunächst als Wettlauf der Ausgelaugten. Das Gladbacher Team wirkt seit der bitteren Niederlage im Pokal-Halbfinale gegen den FC Bayern München angeschlagen. Vor allem an Torjäger Marco Reus lässt sich ablesen, dass der Zauber der vergangenen Monate verflogen ist. Der Nationalspieler schafft es nicht mehr, seinen Kontrahenten einfach so und rotzfrech davonzurennen. Ihm ist diese wunderbare Leichtigkeit abhanden gekommen, die ihn in dieser Saison schon so häufig ausgezeichnet hat. „Wir haben uns zu wenig bewegt und bei einem starken Gegner zu spät angefangen zu spielen“, sagte Gladbachs Trainer Lucien Favre.

Vielleicht ist es eine Frage der Kraft, dass sich die Gladbacher auf ihrem möglichen Weg bis in die Champions League so schwertun. Vielleicht ereilt sie auf der Zielgeraden der Saison ein ähnliches Schicksal wie Hannover 96 im Vorjahr. Die Niedersachsen hätten ihren Höhenflug während der Vorsaison auch mit dem Einzug in die Champions League krönen können, waren in der entscheidenden Phase aber blockiert und scheiterten. Dass Hannover den Gladbachern im Reifeprozess vom Abstiegskandidaten zu einem bestaunten Team ein Jahr voraus ist, hat seine Vorteile. Weniger schön spielen und trotzdem gewinnen – Hannovers Trainer Mirko Slomka nahm erfreut zur Kenntnis, wie sich seine Mannschaft durchbiss. Die Niedersachsen bleiben nach sehenswerten Auftritten in der Europa League, in der am Donnerstag im Heimspiel gegen Atletico Madrid der Einzug ins Halbfinale möglich ist, auch im Liga-Alltag am Ball. „Das ist alles schon ein bisschen kräfteraubend. Aber es macht auch Spaß, am Donnerstag und Sonntag zu spielen“, versichert Sergio Pinto, der Mann für die harten Zweikämpfe. Woher die 96-Profis ihre Kraft nehmen, um der doppelten Belastung Stand zu halten und auch noch einen Rivalen wie Gladbach zu besiegen, bleibt ihr großes Geheimnis.

49 000 fröstelnde Zuschauer sahen eine Begegnung, in der zwei der besten deutschen Torhüter unter Beobachtung von Bundestorwarttrainer Andreas Köpke gute Szenen hatten. Hannovers Schlussmann Ron-Robert Zieler, der den Sprung in die Nationalmannschaft schon geschafft hat, rettete für seine Mannschaft mit mehreren Glanzparaden in der Schlussphase den Sieg. Gladbachs Marc-Andre ter Stegen, der noch auf seine Beförderung vom U-21-Team in die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw wartet, musste sich von Ya Konan und Diouf düpieren lassen. Er kassierte Gegentore, die aus dem unermüdlichen Hannover 96 den derzeit hartnäckigsten Verfolger von Borussia Mönchengladbach machen.

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