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Sport: Blumen im Frost

Trennt sich der FC Bayern von Trainer Ottmar Hitzfeld?

München. Vielleicht wird das im Nachhinein ein unfreiwilliger Probelauf gewesen sein für die Verabschiedung Ottmar Hitzfelds, am Samstagnachmittag, kurz vor dem Anpfiff. Karl-Heinz Rummenigge schritt mit feierlicher Miene auf den Platz, in der linken Hand trug er einen Blumenstrauß, die Sonne spendete ihr freundlichstes Lächeln. „Egal, was passiert, er bleibt der erfolgreichste Trainer in der Geschichte des FC Bayern“, hatte der Vorstandschef der FC Bayern AG einige Tage zuvor in der „Frankfurter Rundschau“ über Hitzfeld gesagt, „wir werden ihn stets als Persona grata behandeln.“ Respektvoller kann man einen verdienten Mitarbeiter kaum würdigen, und deutlicher kann man ihm kaum mitteilen, dass seine Zeit abgelaufen ist. Ein Blumenstrauß hätte die Sache abgerundet, aber der, den Rummenigge aufs Feld trug, war für jemand anders bestimmt.

Nie standen die Zeichen deutlicher auf Trennung als an diesem Wochenende. Rummenigge hatte kaum eine Gelegenheit ausgelassen, die Möglichkeit einer vorzeitigen Ablösung Hitzfelds zu bemerken. Nach dem 5:2 seiner Mannschaft über Mönchengladbach wählte der Trainer die Taktik der verbalen Offensivverteidigung. Munter erwähnte er ein Zitat von Manager Uli Hoeneß, wonach sogar eine Verlängerung des im Sommer 2005 auslaufenden Vertrages möglich sei. „Warum soll man den Teufel an die Wand malen“, sagte Hitzfeld, „hier werden immer nur Negativgeschichten geschrieben, damit muss ich leben.“ Selten jedoch versorgte der Vorstand die Presse derart großzügig mit Stoff für Spekulationen. „Es ist keine einfache Entscheidung für uns, das gebe ich zu. Wir verbinden mit ihm große Erfolge. Auf der anderen Seite ist der Status quo nicht befriedigend“, sagte Rummenigge und bescheinigte Nachfolgekandidat Felix Magath fröhlich eine „positive Entwicklung“.

Vor dem Spiel gegen Gladbach haben Rummenigge und Hitzfeld in der Kabine ein Gespräch geführt. „Es gibt keine Probleme“, sagte Hitzfeld hinterher, doch diese Behauptung war wohl nur seinem Prinzip geschuldet, wonach er „Äußerungen eines Vorstandsmitgliedes nicht kommentieren“ werde. „Ich versuche, meinen Job gut zu machen, mit der Mannschaft gut zu arbeiten und das nächste Spiel zu gewinnen“, sagte Hitzfeld.

Auch die Mannschaft hat die frostige Trainerdiskussion inzwischen erreicht. „Wenn man mit Bayern München nicht mindestens auf Platz eins in der Bundesliga, im Halbfinale der Champions League und im Pokalfinale steht, dann ist der Trainer immer in der Diskussion“, sagte Kapitän Oliver Kahn, „jeder Sieg ist jetzt natürlich wichtig.“ Immerhin das gelang gegen Mönchengladbach, wenn auch in nur vordergründig zufriedenstellender Weise. Anstelle der Dominanz, die das Ergebnis vortäuschte, war bei den Münchnern wie schon gegen Hansa Rostock zeitweise panische Unordnung zu Tage getreten. Nach einer 3:0-Führung luden die Bayern den Gegner zur Aufholjagd ein und konnten erst kurz vor Schluss die Entscheidung herbeiführen. „Das Selbstvertrauen ist in dieser Saison einfach nicht so da“, beklagte Kahn, „das sind diese letzten paar Prozent, die uns fehlen, um zu sagen: Gut, jetzt haben wir ein Tor gekriegt, jetzt geben wir halt erst recht Gas.“

Kahn war im Übrigen Empfänger der Blumen, die Rummenigge vor dem Anpfiff auf den Platz getragen hatte, es war als kleine Aufmerksamkeit gedacht für Kahns 300.Liga-Spiel in Diensten der Bayern. Als Rummenigge nach der hübschen Zeremonie vom Platz schritt, ging er an der Trainerbank vorbei, zehn Meter lagen zwischen Rummenigge und Hitzfeld. Sie würdigten sich keines Blickes.

Daniel Pontzen

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