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Sport: Bochum blamiert Bayern

Der VfL spielt 0:0 in München – und stürzt den Rekordmeister in die Krise

Das erste Pfeifkonzert der Zuschauer anlässlich des bevorstehenden Halbzeitpfiffs war schon vorüber, als Bastian Schweinsteiger noch einmal aufs Tor des Bochumer Torhüters Jaroslav Drobny schoss. Die Zuschauer hatten zwar gepfiffen, der Schiedsrichter aber noch nicht, das Spiel lief noch weiter. Drobny, der ansonsten gut hielt, ließ den Schuss von Schweinsteiger abprallen, und prompt passierte etwas für die erste Halbzeit ganz Typisches – wieder nichts. Der FC Bayern spielte gestern Abend vor 64 000 Zuschauern 0:0 gegen den VfL Bochum.

Die Münchner hatten angekündigt, dass die Niederlage von Dortmund ein Ausrutscher bleiben sollte, Trainer Felix Magath hatte, ungewohnt geladen, vor dem Heimspiel gegen Bochum Sätze wie den folgenden gesagt: „Drei Punkte. Schluss. Punkt.“ Und der Trainer des VfL Bochum, Marcel Koller, hatte gesagt, seine Mannschaft werde „ein Orkan“ erwarten. Doch es kam kein Orkan. Es kam ein Spiel von zwei fast auf Augenhöhe agierenden Mannschaften.

Das lag zum einen daran, dass der Tabellenfünfzehnte VfL Bochum sich im Spiel nach vorne auf die Methode des Geschwindigkeitsgegenstoßes konzentrierte und mit ihr gelegentlich vor dem Tor von Oliver Kahn auftauchte – wenn auch, wie in der ersten Halbzeit nach einer schönen Mittelfeldkombination oder nach Abspielfehlern der Bayern-Abwehr, nicht sehr gefährlich. Zum anderen lag das Ausbleiben des Orkans aber auch daran, dass von der angekündigten Trotzreaktion der Bayern nicht viel zu spüren war. Karl-Heinz Rummenigge flüchtete aus dem Stadion. „Ich sage jetzt nichts. Da muss ich erst eine Nacht drüber schlafen“, sagte der Bayern-Vorstandschef. „Im Moment brauchen wir nicht von der Meisterschaft zu reden, aber wir verlieren sie nicht aus den Augen“, sagte Mark van Bommel.

Andreas Ottl spielte für Willy Sagnol rechts in der Viererkette. In der Feinabstimmung der Abwehr holperte es, wie gegen Dortmund. Dass das folgenlos blieb, war dem VfL Bochum zu verdanken, der sich nicht groß um attraktiven Fußball kümmerte. Das Mittelfeld blieb ein unüberbrückbar wirkender Bereich im Bayern-Spiel. Owen Hargreaves ist in England gerade zum Spieler des Jahres gewählt worden. Doch in München stand er, allen Ankündigungen entgegen, noch nicht im Kader. Bastian Schweinsteiger spielte hinter den Spitzen, er war für sein Spiel auf dieser Position zuletzt von Franz Beckenbauer kritisiert worden – und wechselte diesmal auch nach rechts und links. Vorne mühte sich Roy Makaay, doch Claudio Pizarro blieb so wirkungslos, dass er schon zur Pause gegen Lukas Podolski ausgewechselt wurde. Auf einen Nenner gebracht: Der FC Bayern spielte schlecht. Später kam Roque Santa Cruz für Ottl, doch der FC Bayern spielte immer noch schlecht. Podolski und Santa Cruz änderten nichts daran.

Von Oliver Kahn abgesehen, der drei Minuten vor dem Ende glänzend das Unentschieden rettete, gehörte van Bommel zu den auffälligsten Münchner Spielern. Er tat, was man der Mannschaft aufgetragen hatte: Er kämpfte. Nach einem eigenen Fehler in der 73. Minute hielt er sich wie entsetzt eine Hand vor den Mund, wedelte danach aber den Mitspielern mit den Armen zu, was „Auf, auf“ bedeuten sollte. „Steht auf, wenn ihr Bayern seid“, sangen jetzt die Fans. Aber die Bayern, sie standen nicht auf.

Klaus Raab[München]

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