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Die BVB-Spieler Nuri Sahin und Matthias Ginter warten nach dem Anschlag auf den Dortmunder Mannschaftbus neben Polizisten.

© Ina Fassbender/dpa

Bombenanschlag in Dortmund: Das Spiel heute Abend ist eine Zumutung für die Fußballer

Das Viertelfinale gegen Monaco wird nicht einmal 24 Stunden nach dem Angriff auf den BVB-Mannschaftsbus nachgeholt. Spielpläne und TV-Verträge sind offenbar wichtiger als das Wohl der Spieler. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Julian Graeber

Als am Dienstag um 20.45 Uhr eigentlich 22 Fußballer von Borussia Dortmund und AS Monaco im Westfalenstadion das Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League austragen sollten, standen nur zwei Männer auf dem Platz: BVB-Präsident Reinhard Rauball und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Kurz nach der Absage des Spiels, die nach einer Sprengstoffattacke auf den BVB-Mannschaftsbus unausweichlich geworden war, wendeten sich die höchsten Dortmunder Funktionäre an die Fans. Dabei fielen zahlreiche nachvollziehbare und der Situation angemessene Sätze – so wie das Verhalten der Vereine, der Zuschauer und der Polizei allgemein sehr besonnen war. Eine Aussage von Rauball zur Neuansetzung der Begegnung schon für Mittwoch verdeutlichte jedoch die absurde Denkweise im Millionengeschäft Fußball. „Das sind Profis. Da bin ich der Auffassung, dass sie das wegstecken können“, sagte Rauball und vergaß dabei einen nicht ganz unwichtigen Aspekt.

Ja, die Dortmunder Spieler sind professionelle und hochbezahlte Fußballer, in erster Linie sind sie jedoch Menschen. Und ob eine Gruppe junger Männer, die nach solch einem Angriff verständlicherweise unter Schock steht, sofort wieder auf dem Platz stehen sollte, ist zumindest fragwürdig. Denn sie werden zwar jeden Tag darauf vorbereitet, vor vielen Zuschauern Fußball zu spielen, aber sicher nicht darauf, im Mannschaftsbus um ihr Leben zu bangen. Ob innerhalb von nicht einmal 24 Stunden eine eventuell notwendige psychologische Betreuung der BVB-Profis stattfinden kann, ist zu bezweifeln.

Eine Verschiebung wäre nicht einfach, aber auch nicht unmöglich

Der europäische Fußballverband Uefa hatte anscheinend keine großen Bedenken. Denn schon um 20.30 Uhr, zeitgleich mit der Absage und zu einem Zeitpunkt, an dem nur wenige Informationen über die Situation vorlagen, wurde das Spiel neu terminiert. Dass es nun am Mittwoch um 18.45 Uhr stattfindet, damit es bloß keine Überschneidung mit dem Spiel des FC Bayern gegen Real Madrid gibt, hat allein finanzielle Gründe und passt ins Bild. Der Uefa scheint der Spielplan und die TV-Einschaltquoten wichtiger zu sein als das physische und mentale Wohlergehen der Spieler. Die Uefa teilte zwar mit, dass die Entscheidung in Abstimmung mit beiden Vereinen und den Sicherheitsbehörden getroffen worden sei, zumindest die BVB-Verantwortlichen hätten gegen ein paar mehr Tage Pause aber sicher nichts einzuwenden gehabt. Zumal Dortmunds spanischer Verteidiger Marc Bartra noch am Dienstagabend wegen einer Fraktur am Handgelenk operiert wurde und nun ausfällt.

Eine Verschiebung gebe der enge Spielplan jedoch nicht her. Bis zum Champions-League-Halbfinale Anfang Mai sind Dortmund und Monaco alle drei bis vier Tage im Einsatz. Um den BVB-Profis die nötige Zeit zur Bewältigung dieser Ausnahmesituation zu geben, hätten Ligaspiele verlegt oder das schon terminierte Halbfinale nach hinten verschoben werden müssen. Das ist aus organisatorischen und finanziellen Gründen für die Verbände, Vereine und Fans sicher nicht einfach, unmöglich wäre es aber nicht. Doch es fehlt der Wille. Fußballprofis müssen auch mit Anschlägen auf ihr Leben zurecht kommen. Der Mensch dahinter zählt offenbar nicht viel.

Wir begleiten die Ereignisse in Dortmund mit einem Newsblog. Die Geschehnisse vom Dienstag können Sie hier noch einmal nachlesen.

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