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Es darf gefeiert werden. In der Champions League weist Borussia Dortmund eine makellose Bilanz auf – in der Bundesliga ist die Mannschaft davon weit entfernt.

© dpa

Borussia Dortmund: Das Team mit den zwei Gesichtern

Nach der Uefa Champions League ist vor der Bundesliga: Borussia Dortmund rätselt vor dem Spiel gegen Hannover 96, warum die eigenen Leistungen zwischen Europapokal und Bundesliga derart schwanken.

Als der Schlusspfiff ertönt war und sich der Tross von Borussia Dortmund in Bewegung setzte, um sich bei den rund 3000 mitgereisten Fans zu bedanken, trotteten Ilkay Gündogan und Shinji Kagawa Arm in Arm hinterher. Gündogan knuffte den japanischen Kollegen in die Seite, und auch sonst wurde mehr als deutlich: Die beiden hatten ihren Spaß. Warum auch nicht nach einem erneut glanzvollen 4:0-Auftritt in der Uefa Champions League, der den tristen Alltag in der Bundesliga für einen Moment vergessen ließ.

Vor allem in der mitreißenden ersten Halbzeit spielte Borussia Dortmund seinen überforderten Gegner Galatasaray Istanbul förmlich an die Wand. Die Borussia agierte mit einem Tempoüberschuss, den sie zu drei Toren von Pierre-Emerick Aubameyang (2) und Marco Reus nutzte. Beim vierten Treffer kurz vor Schluss durch Adrian Ramos war das einseitige Kräftemessen längst entschieden.

Borussia Dortmund schoss also auswärts vier Tore, doch was nach all den Fehlleistungen in der Bundesliga viel schwerer wog, war der Umstand, dass es keinen Gegentreffer gegeben hatte. „Wir haben vieles gut gemacht und vor allem defensiv stabil gestanden und es durchgezogen“, sagte ein sichtlich erleichterter Trainer Jürgen Klopp, dem noch vier Tage zuvor angesichts der 1:2-Niederlage in Köln die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben stand. „Heute haben wir vor allem auf der hintersten Linie angemessener verteidigt.“

Klopp hatte einiges dazu getan, um die Sicherheit in der schwächelnden Defensivabteilung zu stärken. So beorderte er mit Sokratis einen Innenverteidiger auf die linke Außenbahn. Das war eine Maßnahme, die schon Jogi Löw bei der WM in Brasilien gewählt hatte, als er mit Benedikt Höwedes ebenfalls einen Mann aus dem Zentrum verschob. Es klappte genau wie die Volte, mit Kehl und Bender auf zwei zweikampfstarke Abräumer vor der Abwehr zu setzen. „Zu null ist für uns Verteidiger immer ein Highlight“, betonte Neven Subotic. Diese an sich profane Erkenntnis gelte derzeit für die Dortmunder ganz besonders, „nach allem, was wir in den letzten Wochen erlebt haben“. Denn während die Borussia in Europa regelmäßig glänzt, taumelte sie im heimischen Wettbewerb zuletzt von Pleite zu Pleite.

Borussia Dortmund: International noch unbesiegt und ohne Gegentor, in der Bundesliga ein Abstiegskandidat

In Dortmund darf weiter gerätselt werden, warum in den beiden relevanten Wettbewerben nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Darbietungen so krass divergieren. In der Uefa Champions League wurden bislang neun Punkte aus drei Begegnungen bei einem Torverhältnis von 9:0 verbucht. In der Bundesliga steht dagegen mit sieben Punkte aus acht Spielen die Bilanz eines Abstiegskandidaten. Drei Mal spielte der BVB in dieser Saison zu null, und zwar jedes Mal, wenn es europäisch zuging. In der Liga gelang das nie.

So richtig weiß keiner zu erklären, warum es die beiden Gesichter der Dortmunder gibt. In Istanbul wurde Klopp gefragt, ob es daran liegen könne, dass die deutsche Konkurrenz die Borussia besser analysiert habe. „Es würde mich ehrlich gesagt überraschen, wenn uns Arsenal, Anderlecht und Galatasaray nicht kennen würden“, hat der Trainer geantwortet. „Aber unsere Gegner in der Champions League wollen Fußball spielen. Das macht es einfacher.“ Das sieht sein Kapitän ähnlich. „In der Champions League ist es ein anderes Spiel,“ sagt Hummels, „wir haben hier mehr Räume für unsere Konter.“

Borussia Dortmund: Gelingt gegen Hannover 96 endlich die Trendwende in der Bundesliga?

Nun gilt es also, im nächsten Schritt auch mal wieder einen Gegner zu schlagen, der sich verbarrikadiert und auf Konter lauert. Am Samstag bietet sich die Gelegenheit, auch wenn aller Voraussicht nach Sven Bender mit einer Ellenbogenverletzung ausfällt. „Noch dreimal schlafen, dann steht Hannover da“, sagte Klopp. „Wir werden keine Räume mehr hergeben. Das ist der Plan.“ Doch auch schon nach dem Sieg in Anderlecht beschworen die Profis die Dringlichkeit, in der Liga die Trendwende zu schaffen. Das Ergebnis: 0:1 gegen den Tabellenletzten Hamburg.

Mats Hummels bekannte, dies sei „die erste Woche in meinem Leben, in der die Wünsche nach einem Sieg in der Bundesliga größer sind als in der Champions League.“ In der Nacht von Istanbul wurde mehr als deutlich, dass sich Borussia Dortmund in einer Situation befindet, in der nur noch Ergebnisse zählen. Bevor Jürgen Klopp das Stadion verließ, formulierte er das neue Anspruchsdenken so: „Wir müssen bereit sein für dreckige Siege.“

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