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Dortmund vs. Bayern: Viel Druck auf wenig Raum.

© Tsp

Borussia Dortmund - FC Bayern München: Kampf der taktischen Systeme im Pokalfinale

Im Pokalfinale treffen nicht nur die beiden erfolgreichsten deutschen Klubs aufeinander. Bayern München und Borussia Dortmund verkörpern auch zwei völlig verschiedene Spielphilosophien.

Nach dem klaren Ausscheiden der Bayern gegen Real Madrid in der Champions League wurde nicht zuletzt die grundsätzliche strategische Ausrichtung Pep Guardiolas in Form des Ballbesitzspiels infrage gestellt. Sowohl bei der 0:3-Heimniederlage gegen Borussia Dortmund als auch bei den beiden Pleiten gegen Real zeigte der Gegner jeweils auf, wie man die Münchener aushebeln kann.

Beim erfolgreichen Auftritt gegen Bayern vor einigen Wochen störte der BVB früh den Spielaufbau. Klopps Team agierte in einer asymmetrischen Variante des 4-4-2-Systems, wobei sich der rechte Flügelspieler im Pressing höher positionierte. Bei Dortmund lief Marco Reus durch das Zentrum auf einen Innenverteidiger zu, während er hinter sich Philipp Lahm in seinem Deckungsschatten abschirmte. Der linke Innenverteidiger Dante wurde absichtlich ein Stück weit freigelassen und deshalb mehrmals auf der halblinken Seite angespielt. Anschließend geriet der Brasilianer sofort durch den aufrückenden Außenspieler Jonas Hofmann unter Druck. Zahlreiche Fehlpässe im Spielaufbau waren die Folge und offenbarten die Schwäche der Münchner, wenn sie früh durch kluge Verschiebungen gestört werden.

Ein weiterer Schwachpunkt, den sich Dortmund im letzten Ligaspiel zunutze machte und auch gegen Madrid auffällig war, ist Bayerns Konteranfälligkeit. Unter Guardiola rückt die komplette Mannschaft, während sie den Ball in den eigenen Reihen zirkulieren lässt, weit vor. Der spanische Trainer gibt zudem vor, dass beide Außenverteidiger situativ ins Zentrum rücken. Nicht selten sind dadurch die Flügel offen.

Bayern ist anfällig für Konter

Wird ein Pass der Münchener abgefangen, können sprintstarke Angreifer sofort durchstarten und im besten Fall mit Tempo am letzten Verteidiger vorbeiziehen. Zuletzt wurden Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger aufgrund ihrer zahlreichen Querpässe kritisiert. Allerdings hatten sie in den Partien gegen Real Madrid auch einen schweren Stand. Waren die Bayern länger in Ballbesitz, zogen sich die Spanier eng zusammen und deckten hinter sich in ihrem Schatten die Anspieloptionen perfekt ab. Es ist insofern nicht verwunderlich, dass ein agiler Passspieler wie Thiago Alcántara, der sich mit kurzen, schnellen Bewegungen aus der Umklammerung befreien kann, eine Schlüsselrolle in Guardiolas Konzept spielt. Er fällt jedoch verletzt aus.

Somit liegt es an den verbliebenen Sechsern, aber auch an Mario Götze, dass die Bayern schneller ins offensive Spieldrittel, zwischen die Verteidigungslinien der Dortmunder gelangen und gefährliche Flügelspieler wie Arjen Robben nicht isoliert bleiben. Für den BVB wird der Matchplan eine gesunde Mischung aus frühem Pressing und guter Absicherung der eigenen Spielhälfte beinhalten. Die starken gegnerischen Einzelakteure dürfen nicht allzu oft mit Ball vor die eigene Viererkette kommen. Im Gegenzug vertraut Klopp einer variablen Mittelfeldformation, wo Henrich Mchitarjan und Milos Jojic in den Halbräumen Dynamik entwickeln. Im Umschaltspiel setzt er auf das Tempo und die Ballverarbeitung der formstarken Reus und Lewandowski.

Wer seine eigene strategische Ausrichtung taktisch besser umsetzt und die Anpassungen des Gegners gut antizipiert und flexibel reagiert, wird den Pokal mit nach Hause nehmen.

Der Autor schreibt für das Taktikportal Spielverlagerung.de.

Constantin Eckner

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