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Auf und davon. In Spanien ärgern sie sich, dass der FC Barcelona Paco Alcácer zu Borussia Dortmund hat ziehen lassen.

© dpa

Borussia Dortmunds Torjäger: Paco Alcacer: Der spektakulärste Kurzarbeiter der Bundesliga

BVB-Stürmer Paco Alcácer trifft alle 18 Minuten ins Tor und hat dabei eine hundertprozentige Erfolgsquote. Dabei ist der Spanier nicht mal ganz fit.

Haben Sie schon mal von Charly Dörfel gehört? Wenn nicht, müssen Sie sich nicht grämen. Der Mann ist 79 Jahre alt und trat gegen den Ball, als der Hamburger SV im deutschen Fußball noch eine große Nummer war. 1963 traf der begnadete Linksaußen beim ersten Bundesligaspiel der Geschichte für den HSV zum 1:1-Endstand bei Preußen Münster, in den Spielen danach gelangen ihm gegen Saarbrücken und Karlsruhe noch fünf weitere Treffer. Sechs Tore in den ersten drei Bundesliga-Begegnungen, das hat 55 Jahre lang kein Bundesliga-Neuling mehr geschafft. Gert Dörfel, den alle nur Charly riefen, benötigte dafür 223 Minuten. Ein Uralt- Rekord. Für die Ewigkeit? Mitnichten.

In diesem Sommer betrat ein Spanier die Bühne und pulverisierte die Bestleistung aus der Gründerzeit: Ein Tor gegen Frankfurt, zwei in Leverkusen, drei gegen Augsburg – Paco Alcácer brauchte nicht länger als 81 Minuten, um sich in den Annalen der Bundesliga zu verewigen. Beim 4:0 in Stuttgart setzte der Überflieger noch einen drauf. Sein wunderschön anzusehender Heber in der 25. Minute war bereits Treffer Nummer sieben, obwohl er bislang noch nie 90 Minuten auf dem Rasen stand.

Dieser Stürmer, so viel steht fest, ist in der Bundesliga derzeit die größte Nummer. Das Problem: Alcácer ist athletisch nicht im besten Zustand und entsprechend verletzungsanfällig. Als Borussia Dortmund in der Champions League Atletico Madrid mit 4:0 besiegte, saß der Spanier draußen, auch die Pflichtspiele gegen Hertha BSC und den 1. FC Union verpasste er zuletzt. Doch auch, wenn dieser Mann von der Bank kommt, ist er eine Waffe. Alcácer benötigt nur wenige Minuten, um ein Spiel zu entscheiden. In Wolfsburg, wo der BVB an diesem Samstag antritt (15.30 Uhr/live bei Sky) antritt, sollten sie also gewarnt sein.

Zehn Versuche, zehn Tore - da stauen selbst Hand- oder Basketballer

Alcácer trifft bislang alle 18 Minuten, inzwischen haben die Statistiker Schwierigkeiten, alle Bestleistungen aufzulisten. Denn der Wahnsinn geht außerhalb Deutschlands weiter. Zuletzt schlug der Stürmer für die spanische Nationalmannschaft zu: Zwei Tore in 73 Minuten beim Sieg in Wales, gegen England kam Alcácer in Halbzeit zwei ins Spiel und traf mit der ersten Ballberührung per Kopf.

Zehn erfolgreiche Abschlüsse bei zehn Versuchen! Eine solche Quote löst schon bei Handballern und Basketballern Ovationen aus. Bei Fußballern ist sie schlicht unfassbar. Dass dieser Stürmer in der Bundesliga gelandet ist, erscheint beinahe märchenhaft. Schließlich genießt er in Spanien eine hervorragende Reputation. Doch weil er beim FC Barcelona an Weltstars wie Lionel Messi, Neymar und Luis Suárez nicht vorbeikam, forcierte Alcácer seinen Wechsel.

Dass Barcelona seinen Bankdrücker für eine Gebühr von 2,3 Millionen Euro bis zum Saisonende ziehen ließ und den Dortmundern darüber hinaus eine Kaufoption zubilligte, wird in Spanien als schwere unternehmerische Fehlleistung wahrgenommen. Tatsächlich erscheint der vereinbarte Preis von 25 Millionen Euro angesichts der marktüblichen Transfersummen für Stürmer als echtes Schnäppchen. Spaniens führendes Sportblatt „Marca“ bezeichnete den Deal als „Fehler von historischem Ausmaß“.

Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc könnte sich mit Fug und Recht auf die Schultern klopfen, handelt die Personalie jedoch mit der ihm eigenen westfälischen Gelassenheit ab: „Wir besprechen das mit dem Spieler und dem Berater, aber im Moment spricht wenig dagegen, die Option zu ziehen.“ Das Verrückte an der Geschichte, die Alcácer derzeit schreibt: Immer wieder betont Trainer Lucien Favre, der 25-Jährige müsse körperliche Defizite aufarbeiten und sei noch nicht bereit, 90 Minuten Vollgas zu geben. Entsprechend dosiert setzt ihn der Schweizer ein. Mit der Folge, dass der Spanier zum spektakulärsten Kurzarbeiter der Bundesliga-Historie geworden ist. Nach dem 4:3-Heimsieg gegen Augsburg, als Alcácer in der zweiten Halbzeit ins Spiel kam und den mitreißenden Schlagabtausch mit drei Treffern entschied, strahlte Favre über das ganze Gesicht und fand für seine Verhältnisse geradezu euphorische Worte: „Das ist ein sehr, sehr, sehr guter Transfer.“

Marco Reus benötigte sogar nur ein Wort: „Sensationell.“ Zum Kapitän des BVB hat der Neuzugang bereits nach wenigen Wochen eine besondere Beziehung aufgebaut, wie er dem vereinseigenen Portal „BVB-TV“ verriet: „Marco hat mir sehr bei der Integration ins Team geholfen. Ihm ist es zu verdanken, dass ich mich so schnell eingewöhnt habe."

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