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Marin

© dpa

Borussia Mönchengladbach: Wieder zu Hause

Mönchengladbach ist wieder da, wo es nach eigener Meinung hingehört: in der Bundesliga.

Am 15. August beginnt die Fußball-Bundesliga. In unserer Serie testen wir die Vereine auf Stars, Stimmung und Chancen. Heute Folge 3: Borussia Mönchengladbach.

Was hat sich verbessert? Die Liga. Der natürliche Bundesligist (Selbsteinschätzung) ist nach einem Jahr in der Zweitklassigkeit in seine angestammte Heimat zurückgekehrt. „Wieder zu Hause“ lautete das Motto der Aufstiegsfeierlichkeiten. Allerdings ahnen die Gladbacher zumindest, dass es noch etwas dauert, bis sie sich wieder häuslich eingerichtet haben. Christian Ziege, der Manager der Borussen, hat vor kurzem erzählt, dass am Ende der vorigen Saison einige Fans mit der seltsamen Ansicht zu ihm gekommen seien, sie wollten eigentlich gar nicht aufsteigen. So schön wie in der Zweiten Liga mit den locker-flockigen Siegen wird es eine Etage höher wohl kaum werden. Dass die einstigen Auswärtsdeppen (Selbsteinschätzung) auch in Dortmund oder Hamburg wie in der vergangenen Saison 7:1 (in Offenbach) oder 5:0 (in Koblenz) gewinnen, ist jedenfalls nicht zu erwarten.

Wer sind die Stars? Seit seiner Nominierung in den vorläufigen EM-Kader steht der 19 Jahre alte Marko Marin unter dringendem Starverdacht. Die wenigen Tage bei Joachim Löw, vor allem aber seine Ausbootung haben aus dem kleinen Fummler einen gefühlten Riesen gemacht. Dabei kann die Nation Marin, der bisher fast ausschließlich in den Niederungen des Sexy-Clips-Senders DSF stattgefunden hat, noch gar nicht wirklich schlüssig beurteilen. Nach den Eindrücken aus der Saisonvorbereitung hat er zumindest seine Zuschauerrolle bei der Europameisterschaft gut verwunden. Und für den Fall, dass dem Teenager die allgemeinen Erwartungen den Kopf verdrehen, gibt es noch ein paar gestandene Kollegen, die korrigierend eingreifen. Als Marin in der vorigen Saison seine Arbeit in roten Fußballschuhen verrichten wollte, wurden die extravaganten Schuhe von seinen Mitspielern so lange versteckt, bis Marin notgedrungen wieder die klassisch schwarzen anziehen musste.

Welche Taktik ist zu erwarten? Trainer Jos Luhukay hat in den Testspielen eine Menge ausprobiert, beim Saisonauftakt gegen Stuttgart aber werden wahrscheinlich elf Spieler beginnen, die schon in der Zweiten Liga unter Vertrag standen. Das ist kein Zufall, sondern Ausdruck der neuen Vereinspolitik, die nach Jahren der Irrungen nun nach Kontinuität strebt. Tendenziell wird auch die Taktik die gleiche sein wie in der Zweiten Liga, ein 4-4-2-System, abgestimmt auf die höheren Anforderungen der neuen Spielklasse. Der Holländer Luhukay mag den offensiven Fußball, aber er ist kein abgehobener Spinner. Also könnte er neben Patrick Paauwe im zentralen Mittelfeld einen weiteren eher defensiv denkenden Kontrolleur installieren. Entscheidend für das Gelingen in der Bundesliga ist aber in erster Linie, dass die Mannschaft wieder so als Mannschaft funktioniert wie in der vergangenen Saison: dass sie wieder den „ganz besonderen Geist“ entwickelt, den Luhukay bei ihr ausgemacht hat.

Wer hat das Sagen im Verein? Im Moment sieht es so aus, als hätte die Abteilung Sport die Vormachtstellung zurückerobert. Die gelassene Art, die Ziege und Luhukay verkörpern, tut dem ganzen Verein und vor allem seinem Ansehen gut. Die neue Sachlichkeit hat auch die Transferpolitik geprägt. Anstatt mit wahnwitzigen Einkäufen unrealistische Ambitionen und die Sehnsucht nach alter Größe zu befeuern, haben Ziege und Luhukay versucht, den Kader sinnvoll zu ergänzen. Von Rolf Königs, dem überehrgeizigen Präsidenten, war zuletzt wenig zu hören. Das ist ein gutes Zeichen. Allerdings fällt ihm die noble Zurückhaltung in schwierigen Zeiten erfahrungsgemäß nicht ganz so leicht.

Wie ist die Stimmung im Stadion? Wie überall nach einer erfolgreichen Saison: bestens. Und das Publikum giert nach einer Fortsetzung der Erfolgsgeschichte. 26 000 Dauerkarten haben die Gladbacher verkauft, das ist Vereinsrekord. Allerdings sind auch im Borussen-Park längst die Auswirkungen des modernen Fußballs zu spüren. Es gibt zu viel Operettenpublikum, das glaubt, mit dem Erwerb der Eintrittskarte das Recht auf Tore und Siege erworben zu haben. Die Sitzplatzkunden neigen jedenfalls vorschnell zu Pfiffen.

Welche Platzierung ist zu erwarten? In Mönchengladbach war zuletzt auffallend oft von Karlsruhe die Rede. Eine ähnliche Rolle, wie sie der Karlsruher SC in der Vorsaison gespielt hat, streben auch die Borussen an: sich als Aufsteiger mit einer eingespielten Mannschaft ohne Stars von den Abstiegsplätzen fern zu halten. Ob das durchgehend gelingen wird, ist irrelevant. Zumindest wenn die Saison im Mai 2009 zu Ende geht, werden die Gladbacher weit genug von den Plätzen 16, 17 und 18 entfernt sein.

Morgen: Arminia Bielefeld. Die gesamte Serie finden Sie im Internet: www.tagesspiegel.de/sport

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