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Sport: Boxen: Ein Titelverlust kann auch heilsam sein

Es war eine schmerzliche Niederlage für Bert Schenk. Vielleicht die schmerzhafteste seiner Karriere.

Es war eine schmerzliche Niederlage für Bert Schenk. Vielleicht die schmerzhafteste seiner Karriere. Schenk musste vor einem Jahr den Weltmeistertitel des Profi-Boxverbandes WBO zurückgeben. Den Titel, den er sich nach sportlichen Durchhängern und menschlichen Wellentälern so hart erkämpft hatte. Der Berliner hatte im Training einen Sehnenabriss erlitten und musste die Pflichtverteidigung kampflos absagen. Daraufhin schickte der Universum-Boxstall, bei dem Schenk seit 1996 unter Vertrag steht, Armand Krajnc als Ersatz in den Ring. Und der Schwede wurde prompt Weltmeister. Damit war der Titel für Universum zwar gesichert, für Schenk aber verloren. Doch das ist für den 29-Jährigen abgehakt. "Die Verletzung ist aus dem Kopf gestrichen", sagt Schenk. Nun will er sich den WM-Gürtel zurückholen. Deshalb steigt er morgen im Berliner Estrel-Hotel (Beginn 20 Uhr) in den Ring, um Krajnc herauszufordern. Doch das wird nicht leicht. Beide kennen sich vom gemeinsamen Training bei Torsten Schmitz in Hamburg - ein Interessenkonflikt auch für den Trainer. Deshalb musste Schenk zu Michael Timm wechseln, obwohl er gerne bei Schmitz geblieben wäre, denn der hatte ihn zum Weltmeister gemacht. So blieb Krajnc bei Schmitz und ging mit ihm in das Trainingszentrum nach Berlin. Timm beschäftigt sich unterdessen mit Schenk weiter in Hamburg. Für den Trainer war der Wechsel keine besondere Schwierigkeit. Von seinem Kollegen Schmitz erfuhr er alles Notwendige über Schenk. Timm glaubt nun seinen Schützling nach 14-wöchigem Training optimal für den Kampf vorbereitet zu haben. Für Schenk ist er eine Chance, im Profigeschäft wieder Fuß zu fassen. Als Amateur war er sehr erfolgreich, galt als großes Talent im Mittelgewicht. Eine Gewichtsklasse, die sich gut vermarkten lässt. Doch der Talentstatus hat nur ein begrenztes Haltbarkeitsdatum, und das läuft mit 29 langsam ab. Das sieht Schenk allerdings anders: "Ich fühle mich in den besten Jahren, und das mit dem Talent halte ich auch für übertrieben." Deshalb macht er sich derzeit keine Gedanken über die Zukunft und blickt vor allem auf das morgige Duell. Sicher scheint nur, dass er bald wieder in seine Heimat nach Berlin zurückkehrt. "Auch wenn es vor drei Jahren gut getan hat, nach Hamburg zu gehen." Schenk wurde damals eine mangelnde Profi-Einstellung nachgesagt, er schien in Berlin sein Leben nicht in den Griff zu bekommen. "Das mit den Exzessen wurde von den Medien übertrieben. Als junger Mensch feiert man eben gerne." Doch inzwischen hat sich Schenk gewandelt, tritt souveräner auf. Trainer Timm: "Er ist erwachsener geworden, arbeitet gedanklich mehr mit und traut sich den Mund aufzumachen." Dass Schenk jetzt über seine Probleme redet, schätzt sein Trainer hoch ein, denn die häufigen Wechsel hätten ihn schon belastet. "Das Arbeiten mit ihm ist leichter geworden." Gewichtsprobleme wie früher gibt es nicht mehr. Auch das hat die schmerzliche Niederlage bewirkt.

Ingo Wolff

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