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WBO-WM Cruisergewicht Huck (links) verliert gegen Alexander Usyk durch technischen K.o.

© Soeren Stache/dpa

Update

Boxen: Marco Huck verliert nach technischem K.o.

Weltmeister Aleksandr Usyk vermöbelt Marco Huck in der Berliner Max-Schmeling-Halle und hat gute Chancen auf den Gewinn der Mohammad-Ali-Trophy.

Eines kann man den kühnen Machern der „Muhammad-Ali-Trophy“ sicher nicht verwerfen, dass sie nicht an alles gedacht hätten. Die Berliner Max-Schmeling-Halle, in der Samstagnacht das neue, 50 Millionen Dollar schwere Boxturnier, die World Boxing Super Series, Weltpremiere hatte, war eingehüllt in allerlei hübsche Sound- und Lichteffekte, das Größte aber offenbarte sich mal wieder im Kleinen. Eine halbe Stunde vor dem Hauptkampf des Abends, die neun Vorkämpfe waren gerade vorbei, wurde der Boxring ausgesaugt. Ein Herr trieb den Staubsauger mit Eifer im gleißenden Scheinwerferlicht durchs Geviert.

Der Gute wird das kleinste Staubkorn gesehen haben. Dumm nur, dass Marco Huck wenig später, der 32 Jahre alte Lokalmatador und Herausforderer, viele Hände seines Gegners dann nicht mehr sah, also wirklich viele. Nach 2:18 Minuten der zehnten Runde stoppte der erfahrene amerikanische Ringrichter Robert Byrd den ungleichen Kampf zwischen Huck und Aleksandr Usyk. Der WBO-Weltmeister im Cruisergewicht aus der Ukraine gewann durch Technischen Knockout, wie es in solchen Fällen dann offiziell heißt, und erreicht damit das Halbfinale der Weltserie. Zu Zeitpunkt des Abbruchs hatte Huck nicht eine einzige Runde für sich entscheiden können. Es war nur noch eine Frage der Zeit, ob aus Hucks Ringecke das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe fliegen würde, um so dem Ringrichter zuvorzukommen.

„Dankeschön Deutschland“, rief der Sieger noch im Ring ins Hallenmikrofon. Marco Huck hatte da noch etwas Zeit, um sich nach der Tracht Prügel zu sammeln. Sie reicht ihm nicht. „Ich konnte nicht so nachsetzen“, sonst hätte er den Kampf gewinnen können. Aha.

Hucks Gegner wird von den Klitschkos promotet

6000 Zuschauer waren gekommen zur Premiere des Turniers, das kommende Woche in Liverpool in der zweiten Gewichtsklasse, dem Super-Mittelgewicht, seine Fortsetzung erfährt. Für Huck aber ist das Turnier beendet, ohnehin ist absehbar, dass es nicht mehr viele große Zahltage geben wird für den einstigen Weltmeister aus Berlin.

Der zwei Jahre jüngere Olympiasieger aus Kiew, der von den Klitschkos promotet wird, war bei allen Experten und Buchmachern als klarer Favorit in den Ring geklettert. In seiner Ringecke bekreuzigte sich der hünenhafte Mann, dann warf er ein freundliches Nicken über die weißen Seile seiner am Ring sitzenden Mutter zu, die während der gesamten Kampfdauer erstaunlich ruhig blieb. Hinterher bat der Sieger sein Mütterchen hoch in den Ring, sie krabbelte durch die Seile, blieb aber dicht am Ringpfosten stehen. So sehr sie sich für ihren Jungen freute, so unbehaglich war ihr der Auftritt.

Aber was bitteschön soll Marco Huck erst sagen? Was der frühere Champion in den zehneinhalb Runden an Treffern hat einstecken müssen, reicht für zwei Kämpfe. Zu konsequent boxte Usyk seine technische Überlegenheit aus. „Usyk hat heute gezeigt, warum er an Nummer eins gesetzt ist. Der Junge ist Wahnsinn, der Kaviar des Boxens. Mehr geht nicht“, sagte hinterher Karl-Robbin „Kalle“ Sauerland, der die World-Boxing-Series initiiert hatte und als Chief Boxing Officer des Veranstalters Comosa fungiert.

Huck war von Beginn an chancenlos

Hucks Taktik bestand letztlich darin, den besseren Boxer, aber doch unerfahrenen Profi durch Nickeligkeiten im Vorfeld des Kampfes und unsaubere Attacken im Ring aus dem Konzept zu bringen. Dass Huck am Ende länger als erwartet gegen den Ukrainer durchhielt, mag ihm eine gewisse Anerkennung einbringen, letztlich aber blieb sein Tun von Beginn ohne Aussicht auf Erfolg. Dafür hätte er ein besser ausgebildeter Boxer sein müssen, oder aber der alte „Käpt’n Huck“ in Höchstform. Die aber erreicht er seit seiner Trennung von seinem langjährigen Trainer und Ziehvater Ulli Wegner nicht mehr.

Dabei zeigte Usyk in den Anfangsrunden durchaus Respekt. In seinen guten Jahren hatte Huck sich einen Namen als eine Art Krawall- und Überfallboxer gemacht, bei dem man auf der Hut sein muss. Doch auch seine Taktik, eckig und ungestüm den Gegner zu bedrängen, ging nicht auf. Usyk ist der viel beweglichere und gediegenere Boxer von hoher physischer Klasse. Der Weltmeister hielt das Tempo hoch, schlug variabel und seinem Gegner – wenn man so will – die Hucke voll. Mitte der dritten Runde hatte er seinen Respekt abgelegt. Dass er dabei auch immer wieder ein paar Mätzchen einwarf, kann, muss man ihm aber nicht vorwerfen bei allem, was Huck an Hakeleien anbot.

Die Mehrheit der rund 6000 Zuschauer in der Halle waren ohnehin auf der Seite der Ukrainers, erst recht, als sich Huck in der achten Runde zu einer Unsportlichkeit hinreißen ließ. Als Usyk ausgerutscht war und auf dem Ringboden kniete, schlug Huck nach – vermutlich aus voller Verzweiflung. Huck wurde mit einem Punktabzug bestraft. „Er hätte liegen bleiben können und den Kampf gewonnen, weil Huck disqualifiziert worden wäre. Aber Usyk wollte kämpfen – davor ziehe ich den Hut“, sagte Sauerland. Hucks Verhalten bezeichnete er als „peinlich“.

Usyk lud Huck zum Frühstück ein

Wegen der vielen Tief- und Nackenschläge sowie des rüpelhaften Auftritts Hucks schon im Vorfeld des Kampfes, mochte Usyk sich nach der obligatorischen Dopingkontrolle erst dann der Presse stellen, wenn Huck damit durch sei. Und so erschien der Sieger des Abends weit nach Mitternacht und hatte schon wieder Kraft für ein unmoralisches Angebot. Er würde den Unterlegenen am Sonntagmorgen gern zum Frühstück einladen – „wenn er denn fit ist“, wie Usyk sagte, ehe er in die Berliner Nacht verschwand.

Marco Huck musste sich andere Fragen gefallen lassen, Fragen, die sich Boxer gefallen lassen müssen, deren Karriere sich dem Ende neigt. Bereits vor fünf Monaten hatte Huck beim Versuch, noch einmal Weltmeister zu werden, eine Niederlage gegen den Letten Mairis Briedis kassiert. „Ich werde alles sacken lassen. Ich habe mich wacker geschlagen. Jetzt mache ich ein wenig Urlaub und dann entscheide ich, wie es weitergeht“, sagte Huck. Viele Optionen aber, so viel sollte ihm klar sein, hat er nicht mehr.

Auf Aleksandr Usyk wartet Anfang des Jahres im Halbfinale der World Boxing Super Series der Sieger der Begegnung zwischen dem Huck-Bezwinger Briedis und dem Kubaner Mike Perez. „Das war erst der Anfang“, sagte Usyk in Berlin, nach dem er Huck wie weggesaugt hatte.

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