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Vier Fäuste für 400 Millionen Dollar: Mayweather gegen Pacquiao - wirklich ein Jahrhundertkampf?

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Boxen: Mayweather vs. Pacquiao – wirklich ein Jahrhundertkampf?

In der Nacht zu Sonntag kommt es zum teuersten Boxkampf der Geschichte: Aber ist das Duell zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao wirklich ein Jahrhundertfight? Und was macht die beiden Boxer aus?

Das Jahrhundert soll wackeln. So wird es prophezeit. In Las Vegas. Dort, im MGM Grand, treffen die Preisboxer Floyd Mayweather aus Michigan und der Filipino Manny Pacquiao aufeinander. Ein Weltereignis, wie es heißt. Vier famose Fäuste sind im Spiel in der Spielerstadt, und 400 Millionen US-Dollar. Die garantierte Mindestbörse für die beiden Boxer beläuft sich auf 250 Millionen Dollar; Mayweather erhält demnach 150 Millionen, für Pacquiao bleibt der Rest – schlappe 100 Millionen Dollar. Armes Boxen.

Es sind unverschämte Gagen, egal wer da gegen wen boxt. Aber es sind Gagen, die der Markt momentan hergibt. Im Schwergewicht hat Wladimir Klitschko jahrelang Langeweile verbreitet, Roy Jones ist alt und der großartige Gennadi Golowkin findet keine Gegner mehr. Also haben sich die beiden amerikanischen Bezahlsender Home Box Office (HBO) und Showtime zusammengetan und dieses Spektakel ermöglicht. Seit Wochen wird getan, als treffen Erde und Mond aufeinander. Man hofft auf drei Millionen Abonnenten für diesen Kampf. 100 Dollar kostet das Eintrittsgeld vor dem Fernseher. Und das für einen Kampf im Weltergewicht, einer Klasse, wo die Boxer kaum schwerer sind als ein Zementsack und Jockey-Format haben. Warum ist beim Boxen außerhalb des Schwergewichts so viel Geld im Spiel?

Wilfried Sauerland: "Halte die Börsen für total überzogen"

Der Kampf von Wladimir Klitschko, der in der berühmtesten aller Boxarenen, im New Yorker Madison Square Garden, seine drei WM-Titel gegen den Amerikaner Bryant Jennings verteidigte, versank förmlich in der öffentlichen Wahrnehmung. Dieser Kampf war frei empfangbar und deshalb nicht so lukrativ. Klitschkos Börse betrug sieben Millionen Dollar. „Pay per View ist für besondere Attraktionen reserviert“, sagt Wilfried Sauerland. Der Gründer und Namensgeber von Sauerland Event, Europas wichtigstem Profiboxstall, und neben Max Schmeling der einzige Deutsche in der „Hall of Fame“ des Boxens, veranstaltet seit den 70er Jahren Profikämpfe. „Ich halte die Börsen für total überzogen“, sagt der 75-Jährige. Das ist kein Kampf wert, auch dieser nicht.“ Trotzdem wird Sauerland in seiner Wahlheimat Kapstadt ein wenig früher als gewöhnlich aufstehen und sich diesen Kampf anschauen.

Vermutlich gegen fünf Uhr morgens deutscher Zeit wird der Kampf zu sehen sein. Der hiesige Pay-TV-Sender Sky erhebt eine Extragebühr von 30 Euro (Frühbucher: 20 Euro). Allein aus dem amerikanischen Fernsehgeschäft rechnen die Veranstalter mit Einnahmen von rund 300 Millionen Dollar. Hinzu kommen die Einnahmen aus dem Ticketverkauf. Wie Pacquiaos Manager Bob Arum stolz verkündete, werden durch die 16.000 Tickets 75 Millionen Dollar erlöst. Eine Eintrittskarte kostete bis zu 10.000 Dollar. Die bisherige Bestmarke aus dem Ticketverkauf von 55 Millionen Dollar stammt aus dem Jahr 2013, als Mayweather den Mexikaner Alvarez schlug. Dieser Kampf verzeichnete 2,2 Millionen TV-Buchungen – ein Rekord.

Über die Stärken und Stile von Floyd Mayweather und Manny Pacquiao

Der Böse: Floyd Mayweather

Floyd Mayweather ist die Cashcow des weltweiten Sports. Mit einem Jahreseinkommen von 105 Millionen Dollar war er im Jahr 2014 nach der Erhebung des Forbes Magazine der bestbezahlte Sportler des Planeten. Dass er sein rasch verdientes Geld ebenso schnell wieder unter die Leute bringt, gehört zu seiner Vita wie zu seinem Lebenswandel. Er nennt sich „Money“. Und Money brachte es fertig, sich für diesen einen Kampf einen Mundschutz anfertigen zu lassen, in den ein paar 100-Dollar-Noten und Diamantenstaub eingearbeitet wurden. Kostenpunkt dafür – knapp 25.000 Dollar.

Auch sonst mag es der exaltierte Amerikaner klotzig und protzig. Mal post er auf dem Bett liegend mit Dollarscheinen im Wert von einer Million Dollar, kauft eben mal ein Dutzend Autos an einem Tag und lässt seine einmal getragenen Schuhe grundsätzlich im Hotel zurück für das Personal. Ein solch dekadentes Verhalten ist nicht ungewöhnlich bei Leuten, die aus schwierigen Verhältnissen stammen und über Nacht zu Ruhm und Reichtum gekommen sind. Mayweathers familiäres und soziales Umfeld war von Gewalt und Drogen geprägt. Sein Vater, Floyd senior, ebenfalls ein respektabler Boxer, wurde von seinem Schwager nach Streitigkeiten ins Bein geschossen. Dabei hatte Floyd senior seinen einjährigen Sohn Floyd junior auf dem Arm. Seine Mutter war drogenabhängig, die Tante starb an Aids. Und Mayweather selbst, der größtenteils bei seiner Oma aufwuchs, wurde mehrfach wegen Körperverletzung und häuslicher Gewalt verurteilt bis hin zu einer Haftstrafe von 90 Tagen, die er auch absaß. Wenn es für den Kampf eine Rollenverteilung im klassischen Sinn gäbe, so würde auf Mayweather die des Bösen zulaufen.

Der Gute: Manny Pacquiao

Zum Guten. Emmanuel „Manny“ Pacquiao ist ein National, ein Volksheld, der es in den Kongress seines Landes geschafft hat. Pacquiao nutzt seinen Reichtum und seine Popularität, um Gutes zu tun. Der Filipino spendet Unsummen für wohltätige Zwecke. Mit seinem „Manny Pacquiao Fund“ hilft er unterpriviligierten Kindern. Er selbst wuchs als eines von sechs Geschwistern in einer von Hunger und Elend geprägten Gegend auf der zweitgrößten Insel des philippinischen Archipels auf. Das US-Magazin Time nahm ihn 2009 erstmals in sein Ranking der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten auf.

„Manny Pacquiao hat eine weltweite Ausstrahlung“, sagt Sauerland, die von Asien über Afrika bis nach Süd- und Lateinamerika reicht. Mayweathers Hinterland sind die Amerikaner, die sonst keine Siegertypen im Boxen mehr haben, schon gar nicht im Schwergewicht. Auch darum gibt es in den USA die Hinwendung zu leichteren Klassen. Dabei hat das sogar Tradition. Einer der besten Boxer überhaupt, Sugar Ray Leonard, inzwischen 58, hat sich in den 70er und 80er Jahren mit solch großartigen Boxern wie Thomas Hearns, Roberto Durán und Marvin Hagler in den mittleren Limits duelliert.

Der ewige Axel Schulz, der selbst dreimal um die Schwergewichts-WM boxte, ohne sie zu gewinnen, und hierzulande vielleicht deshalb einen gewissen Kultstatus genießt, sagte in der ihm gegebenen Diktion, dass er sich freue auf diesen Kampf, obwohl er ja sonst wegen 60 Kilo nicht aufstehen würde, aber im Schwergewicht sei im Moment „nüscht los“.

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Die Stärken von Floyd Mayweather

Von den Namen her ist es das Beste, was das Boxen derzeit bieten kann. Mayweather ist in 47 Kämpfen ungeschlagen, er war in fünf verschiedenen Gewichtsklassen Weltmeister und gilt gewichtsklassenübergreifend als der beste „Pound-for-Pound-Boxer“, eine Klassifizierung, die die Kampfstärke in Relation zum Gewicht setzt. Er ist 1,73 Meter groß und damit vier Zentimeter größer als Pacquiao, und er ist Normalausleger. Dabei ist er eine Defensivgenie, das zudem sehr effektiv boxt. Er wird nur selten getroffen, kann aber sehr gut kontern, indem er gezielt in die Schläge des Gegners schlägt. In diesem Moment ist der angreifende Boxer am anfälligsten, weil er die Deckung etwas vernachlässigt. Dieses Stilmittel verlangt ein gutes Auge, Technik und Mut.

Die Stärken von Manny Pacquiao

Manny Pacquiao dagegen ist ein Draufgängertyp, einer, der stets marschiert und seinen Gegner mit Schlagsalven eindeckt. Dieser Stil ist attraktiver, aber auch riskanter. Was wiederum dazu führte, dass er fünf seiner 63 Kämpfe verlor. Zudem ist Pacquiao Rechtsausleger, hat also eine linke Schlaghand, in der für seine Größe erstaunlich viel Power steckt. Mit dieser schaffte es der nur 1,69 Meter große Boxer, in sieben verschiedenen Gewichtsklassen Weltmeister zu werden, was keinem anderen Boxer je gelungen ist.

Mayweather gegen Pacquiao - wirklich ein Jahrhundertkampf?

Doch die Sache hat einen Haken. Beide Boxer sind in die Jahre gekommen. Mayweather ist 38, der Pac-Man 36. Und: Beide Boxer haben sich Zeit ihrer Karrieren den jeweils besten Boxern gestellt und zum Teil wahre Schlachten geliefert. „Beide sind nicht mehr die Jüngsten, sie haben Substanz verloren“, sagt Sauerland. Gerade in den unteren Gewichtsklassen leben die Boxer von ihren Reflexen, weil sehr viel öfter und explosiver geschlagen wird als in den schweren Limits. Und Reflexe verliert ein Boxer als Erstes, erst dann an Kraft und Ausdauer. „Wenn Mayweather fit ist und seine Beine einsetzt, dann wird es Manny schwer haben“, sagt Sauerland. Für ihn, wie auch für andere Experten, kommt dieser Kampf fünf Jahre zu spät. Beide waren damals, als es erste Versuche auf dieses Duell gab, in der Blüte ihres Schaffens. Pacquiao hätte deutlich bessere Chancen besessen. Aber mit den Jahren des Wartens ist dieser Kampf vielleicht noch interessanter geworden. „Das Duell und die Gier der Leute danach haben sich förmlich hochgeschaukelt“, sagt Sauerland. Auch deshalb das viele Geld, das plötzlich im Spiel ist.

Von einem Jahrhundertkampf möchte der Hall-of-Famer nicht sprechen. Nicht vergleichbar mit den Monumenten des Boxsports wie den großen Kämpfen zwischen Muhammad Ali und Joe Frazier. Insbesondere dem ersten Duell ihrer Triologie nicht. Jenes vom 8. März 1971 im Madison Square Garden, als Frazier als damals amtierender Schwergewichts- Champion Ali nach 15 epischen Runden nach Punkten schlug. Dieser Kampf ist zu Recht als Fight of the Century in die Geschichte eingegangen. Die Börse für beide Boxer betrug damals 2,5 Millionen Dollar.

Wenn Ali damals boxte, haben sich die Menschen in diesem Land noch den Wecker gestellt. Einfach, um dabei zu sein. Später taten das viele nur noch bei Mike Tyson. Der kommende Kampf wird auf jeden Fall Rekorde brechen. Vor allem monetäre. Alles andere dürfte in guter Ordnung bleiben.

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