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Kyle Russell in Jubelpose.

© imago/Bernd König

BR Volleys gegen Friedrichshafen: Schlägt Kyle Russell die Volleys zum Titel?

Drittes Finalspiel im Volleyball: Auch dank des lange blass gebliebenen Kaliforniers Kyle Russell können die Berliner erneut Deutscher Meister werden.

Dass Kaweh Niroomand sich wegen dieses Spielers mal selbst auf die Schulter klopfen würde, hätte er vor wenigen Monaten wohl nicht geglaubt. Am vergangenen Sonntag aber, nachdem die BR Volleys aus Berlin ihr zweites Finalspiel um die deutsche Volleyball-Meisterschaft gegen Friedrichshafen gewonnen hatten, sagte er: „Da hat der Manager vielleicht doch eine nicht so schlechte Arbeit gemacht. Da darf ich mich auch mal selbst loben.“

Er lobte sich in erster Linie wegen Kyle Russell. Niroomand hatte den US-Amerikaner vor der Saison aus der polnischen Liga nach Berlin geholt, und sollten die Volleys am heutigen Mittwoch mit einem weiteren Sieg beim VfB (20 Uhr, live auf Sportdeutschland.tv) ihren Titel verteidigen, dann sicher auch wegen Russell.
Das Beispiel Russell zeigt, wie schnell sich sportliche Karrieren innerhalb kürzester Zeit umkehren können. Die angedachte Rolle für Russell nämlich war: Ab und zu mal einspringen, wenn der gesetzte Diagonalangreifer Paul Carroll eine Pause braucht, die der Australier in den vergangenen Jahren aber nur selten benötigte.

Zu viele Fahrkarten

Russell schaute sich auch sehr lange in dieser Saison die Spiele der Volleys als Ersatzmann von draußen an. Auch als die schwächelnden Berliner im Februar Trainer Stelian Moculescu verpflichteten, änderte sich zunächst nichts an seinem Status. „Der schießt zu viele Fahrkarten“, sagte der Rumäne in seiner nonchalanten Art. Russell blieb Ersatz, und auch Niroomand war da wohl längst der Auffassung, dass die Volleys schon bessere Ersatzspieler als Russell hatten. Ein netter Kerl, der hoch springen kann und viel Kraft hat, aber eben ein Volleyballspieler mit einer schaurigen Technik. Das war der Gesamteindruck, der vom 24-Jährigen nach dreiviertel der absolvierten Saison geblieben war.

Die Volleys also gingen mit einem formleidenden Carroll und einem vermeintlich untauglichen Backup auf der wichtigen Position des Diagonalangreifers in die Finalserie gegen die Übermannschaft aus Friedrichshafen. Die einzige Hoffnung von Niroomand war: „Wenn es in die Entscheidung geht, dann macht die Erfahrung den Unterschied, dann kommt es auf unsere arrivierten Leute an.“ Er hoffte auf einen Leistungssprung von Kapitän Robert Kromm und eben Carroll. Von Russell war nicht die Rede.

Aber wie das manchmal so ist: Wenn niemand mehr etwas von einem erwartet, wenn einem wirklich alles egal sein kann, dann geht was. Kyle Russell jedenfalls hat sich innerhalb weniger Wochen vom eher lausigen Ersatzmann zum Leistungsträger entwickelt – und das genau zum Start der Finalserie. In beiden Spielen schickte Moculescu zu Beginn Carroll aufs Feld, beide Male tauschte er ihn schon früh gegen Russell aus und der Kalifornier machte viel richtig.

Tatsächlich ist es ein Spaß, Russell beim Volleyballspielen zuzusehen. Wenn jemals die Beschreibung, dass da einer an beiden Enden brenne, auf jemanden zugetroffen hat, dann wohl auf Russell. Der Mann schnaubt und brüllt zwischen den Ballwechseln, animiert die Zuschauer mit wilden Gesten zum Mitmachen. Sein Spiel ist auch deshalb mitreißend, weil er am höchsten springt und am härtesten schlägt. Er ist ein spektakulärer Volleyballspieler und auch einer, mit dem man mitzittert. Denn Fahrkarten, also Bälle, die weit im Aus landen, produziert er immer noch. Nur sind es mittlerweile viel weniger geworden.

"Mit Kyle kam die Wende"

Seinen Trainer hat er inzwischen überzeugt. „Mit Kyle kam die Wende. Er hat eine unglaubliche Athletik“, schwärmte Moculescu am Sonntag. Dass er noch kleine Zweifel hat, wurde aber auch deutlich: „Man weiß halt bei ihm nie, was rauskommt.“ Kyle Russell wird schon am Mittwoch diese Restzweifel mit seiner ihm eigenen Art beseitigen wollen. „Ich will Feuer in das Spiel bringen“, kündigte er schon einmal an.

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