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Der Versuchsleiter. Robin Dutt soll bei Werder Bremen erfolgreich den Umbruch gestalten. Es zeigt sich, dass das nicht nur lange dauert, sondern auch ziemlich schwierig ist.

© dpa

Bremen-Trainer Robin Dutt: Viele Pläne, keinen Plan

Am Freitag spielt Werder Bremen bei Hertha BSC. Nach der heftigen Niederlage gegen den FC Bayern rückt Trainer Robin Dutt immer mehr in die Kritik. Er sieht Werder wohl als Versuchslabor – das Team wirkt überfordert.

Vor dem 0:7-Debakel gegen den FC Bayern hatte Werder Bremens Verteidiger Assani Lukimya stolz verkündet: „Der Trainer hat uns ein paar Tricks mit auf den Weg gegeben, wie wir den Bayern Paroli bieten können.“ Was Robin Dutt ihnen geraten hatte, blieb hinter Lukimyas breitem Grinsen verborgen. Werders Trainer grinste ebenfalls und erklärte dann: „Trick Nummer eins heißt laufen, Nummer zwei heißt noch mehr laufen, und Trick Nummer drei lautet nochmals laufen.“ So weit so lustig. Dutt hatte aber auch erklärt, dass er einen genauen Plan im Kopf habe, wie man gegen die Über-Bayern bestehen könne. Am Samstag konnte man sich davon überzeugen, dass der Plan gründlich in die Hose gegangen war. Und im Nachhinein musste man sich schon sehr wundern, wie Dutt auf die Idee gekommen war, mit den Bayern mithalten zu können und mit zwei Stürmern spielen ließ.

Dutt scheint Werder als ein Versuchslabor zu verstehen. Woche für Woche präsentiert er nicht nur eine neue Aufstellung, sondern gerne auch ein anderes System, das seiner Ansicht nach für den jeweiligen Gegner maßgeschneidert ist. Es macht allerdings den Anschein, als könne seine Mannschaft ihm bei seinen taktischen Vorgaben nicht so recht folgen.

Zu Beginn seiner Amtszeit hatte Dutt die Erwartungen der Fans zur Sicherheit schon mal auf ein Minimum heruntergebremst. Um eine neue Mannschaft zu entwickeln, brauche es Zeit. Viel Zeit. Bis sie seine Vorstellungen von einem schnellen und passsicheren Offensivfußball umsetzen könne, würde es ein Jahr und länger dauern. Ein wenig schneller würde es gehen, die Defensive zu stabilisieren. Tatsächlich kassierten die Bremer zunächst deutlich weniger Tore. Aber weil Werder sich die Punkte eher errumpelte als erspielte, wiederholte Dutt seine Aussage gebetsmühlenartig. Die Fans waren nicht gerade verzückt, aber sie schluckten die bittere Pille und waren froh über die Zähler, die ihr Klub so zusammenkratzte.

Dutt und Sportchef Thomas Eichin hatten es verstanden, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Der neue bescheidene SV Werder sollte peu à peu wieder der alte ruhmreiche SV Werder werden. So wie es in der Vereinshymne besungen wird: „Hier werden Stars gemacht und nicht gekauft.“ Dutt versprach, vermehrt Talente einbauen zu wollen und hielt Wort. Die Youngster mühten sich redlich, aber das überschaubare fußballerische Niveau konnten sie nicht anheben. Ähnliches gilt für die Neuzugänge: Dutts Wunschspieler Cedric Makiadi ist weit davon entfernt, ein Leader zu sein. Santiago Garcia sorgt für Begeisterung, wenn er über links nach vorne prescht, aber auch für Haareraufen aufgrund seiner hanebüchenen Fehler hinten. Und Stürmer Franco di Santo ist eben kein Pizarro und kein Ailton.

Immerhin haben sich Eljero Elia und Felix Kroos unter Dutt individuell verbessert. Womit man bei der Überlegung angekommen ist, bei welchen anderen Werder-Profis noch Entwicklungspotenzial besteht. Da dürften selbst beinharte Fans mit den Achseln zucken.

An diesem Freitag tritt Werder bei Hertha BSC in Berlin an, und für den Tabellenvierzehnten ist das schon das erste Spiel gegen den Abstieg – auch wenn sich Bremens Verantwortliche mit dieser Erkenntnis noch schwertun. Dutt hatte nach dem 0:7 gegen die Bayern erklärt: „Ich bin zu 100 Prozent von dieser Mannschaft überzeugt.“ Er werde sich hüten, die Entwicklung seiner Spieler am Tabellenplatz abzulesen. Eichin hatte unlängst die Frage nach dem Abstiegskampf unwirsch als „blöde Frage“ abgetan. Die Zahlen sagen etwas anderes: Hatten die Bremer am 15. Spieltag der Vorsaison 24 Gegentore kassiert, so sind es derzeit bereits 34. Die Balance zwischen Offensive und Defensive ist auch unter dem neuen Trainer wieder komplett abhanden gekommen. Dutt lobt dennoch die Mentalität seiner Mannschaft. Es ist ein wenig so, als würde ein Bäcker Zuckerguss über das Brot von vorgestern kleistern und es als Delikatesse verkaufen.

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