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Sport: Bremer Bankkaufleute

Werder verpflichtet gerne Reservisten – auch beim Uefa-Cup-Gegner Ajax hat sich der Klub bedient

Bremen - Markus Rosenberg legt sich fest: Ajax sei ein gutes Team, ein schwerer Gegner, aber Werder der Favorit. Und dann gibt der 24-Jährige seinem neuen Arbeitgeber noch eine Empfehlung: schnellen Fußball mit wenig Ballkontakten, dann könne Werder heute gegen Ajax Amsterdam (20.30 Uhr, live im ZDF) den Grundstein zum Weiterkommen im Uefa-Cup legen. Rosenberg ist dieser Tage ein gefragter Gesprächspartner, schließlich hat der Stürmer erst in der Winterpause den Job in der holländischen Metropole gegen den in der norddeutschen Tiefebene eingetauscht. Drei Millionen Euro gaben die Hanseaten für den schwedischen Nationalspieler aus, der zuletzt bei Ajax-Trainer Henk ten Cate auf die Bank verbannt worden war.

Rosenberg wird heute auch nur auf der Tribüne des Weserstadions sitzen. Weil er bereits für Ajax im Uefa-Cup stürmte (und dabei drei Tore schoss), ist sein Zutun im laufenden Wettbewerb nach den Statuten verboten. Was der neue Angreifer wirklich kann, weiß man an der Weser noch nicht genau: In seinen Kurzeinsätzen gegen Hannover, Schalke und in Stuttgart wusste er allenfalls in Ansätzen zu überzeugen. Doch welchen Schluss lassen 54 Bundesliga-Minuten zu? „Wir sind von seinen Fähigkeiten überzeugt“, sagt Sportdirektor Klaus Allofs.

Wenn sich Allofs nicht täuscht, wäre Rosenberg der nächste Beweis für Werders erfolgreiche Transferpolitik. Die hat auch einen Namen: Hune Fazlic. Er ist neben dem ehemaligen Kotrainer Karl-Heinz Kamp hauptamtlicher Werder-Scout und kennt nicht nur die Spielweise von Ajax Amsterdam aus seinen vier Stippvisiten bestens, sondern auch Rosenberg. „Ihn haben wir schon 2004 bei der U-21-EM in Deutschland beobachtet“, sagt er. Der Rosenberg-Transfer ist typisch für Werder. Weitsicht gilt als oberste Prämisse. Der 64-jährige Fazlic ist quasi das halbe Jahr auf Reisen. Seine Anstellung 1999 gilt als glückliche Hinterlassenschaft der missglückten Kurzzeit-Ära von Felix Magath. „Ich kam mit ihm nach Bremen: Ich war damals sein Kotrainer, wir haben beim 1. FC Saarbrücken zusammengespielt“, erzählt Fazlic. Spielerberater schätzten seine Fachkenntnis. Sein Auge sucht seinesgleichen, sagt etwa der Agent Alen Augustincic, die Bremer haben deshalb oft einen Vorsprung vor den Konkurrenten. Zudem harmonieren die Werder-Verantwortlichen bei der Spielersuche perfekt.

Regelmäßig debattieren Fazlic, Trainer Thomas Schaaf und Allofs im Inner Circle, wobei es durchaus kontrovers zugehen darf. „Eigentlich werden wir nur tätig, wenn wir alle drei überzeugt sind“, sagt Allofs. Alleingänge sind ausgeschlossen. „Die Situation hat sich noch nicht einmal angedeutet, dass ich einem Transfer zustimme und der Trainer außen vor ist“, sagt Allofs. Schaaf ergänzt: „Wir denken ständig an die Zukunft, deshalb kann bei unserer Personalpolitik auch wenig überraschen.

Bremen bedient sich mit Vorliebe auch in den Nischen des Marktes: bei unzufriedenen Reservisten, bei ausgemusterten Filigrantechnikern. Diego saß in Porto genauso auf der Bank wie einst Johan Micoud in Parma. Fazlic hatte Diego schon als 17-Jährigen beim FC Santos observiert. Damals war der Transfer nicht zu realisieren, aus den Augen verlor Werder ihn aber nie. Laut Allofs gibt es keine schematische Vorgehensweise. „Wir gehen vielen Hinweisen nach. Am Ende muss es halt passen.“ Gerne habe man etwa John Carew verpflichtetet, erst als sich der Deal mit Lyon zerschlug, griffen die Bremer bei Rosenberg zu.

Millionenschwere Einkäufe mit möglichst nachhaltiger Wertsteigerung zählen ebenso zur Transferpolitik, seitdem Werder beim Fünf-Millionen-Zukauf von Miroslav Klose 2004 ins Risiko ging. Ausgerechnet ein Verkauf Kloses könnte nun bald ein Vielfaches einbringen. Fazlic ist darauf schon vorbereitet. Fünf, sechs Stürmer könnte er sofort zur Diskussion stellen. Dabei sind auch Namen, die von Fantasie zeugen. Jan Klaas Huntelaar, der so treffsichere Ajax-Torjäger, ist als Nachfolger bereits gehandelt worden, nun sitzt der 23 Jahre alte niederländische Nationalspieler plötzlich oft auf der Bank. „Ich glaube, der Trainer mag ihn nicht so“, mutmaßt Markus Rosenberg. Für Werder Bremen könnte es kaum eine bessere Empfehlung geben, um tätig zu werden.

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