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Sport: Britannien wartet weiter

Tennisprofi Andy Murray muss beim Tour-Finale verletzt aufgeben und enttäuscht seine Landsleute.

Seine Stimme klang matt und monoton, und der Satz, den Andy Murray sagte, fiel ihm sichtlich schwer: „Ich weiß noch nicht, ob ich weiterspielen kann.“ Er flüsterte ihn kaum hörbar, doch seine Worte hallten nach. Blass und mit leerem Blick saß der 24 Jahre alte Schotte nach seiner Auftaktniederlage gegen David Ferrer da, wirkte fast hilflos. „Ich habe Probleme mit der Leiste. Ich werde morgen entscheiden, was ich tue“, schob er hinterher. Beim Training hatte er einen falschen Schritt gemacht, aber die Schmerzen verflüchtigten sich auch tags darauf nicht. „Ich bin sehr enttäuscht, aber es macht keinen Sinn. Ich kann hier nicht mein Bestes zeigen“, erklärte Murray gestern. Nun müssen die Briten ohne ihren großen Hoffnungsträger beim World-Tour-Finale der ATP auskommen.

„Wenn das nicht so ein wichtiges Turnier wäre, hätte ich gar nicht gespielt“, sagte Murray. Neben den vier Grand Slams ist die Weltmeisterschaft, die seit 1970 unter wechselnden Namen firmiert und deren Austragungsort stetig um die Welt gewandert ist, der Höhepunkt zum Saisonende. Seit drei Jahren und noch bis 2013 hat die WM in London eine Heimat gefunden. Gespielt wird sie in North Greenwich im größten Kuppelbau der Welt, der ehemals „Millennium Dome“ hieß. Auf dem Weg zum Fähranleger, von dem die Spieler über die Themse zum Hotel geschippert wurden, müssen sie an den acht großen Plakaten mit ihren Konterfeis vorbei. Murray wird auf seinem zitiert: „Nichts ist so wichtig wie der Heimvorteil.“ Wie zweischneidig aber diese besondere Unterstützung ist, bekommt wohl niemand so deutlich zu spüren wie er.

Seit nunmehr 75 Jahren wartet ganz Großbritannien darauf, dass nach Fred Perry endlich wieder einer der Ihren eine große Trophäe in Händen hält. Die Tennis liebende Nation darbt weiter, der Druck lastet enorm auf Murray, ganz besonders, wenn er in der Heimat antritt. In Wimbledon hat es ihn lange gehemmt, auch beim Tour-Finale in London schien sich Murray mehr mit den hohen Erwartungen denn mit den Gegnern zu quälen.

„Mit dem Druck muss ich leben, das ist ja nichts Neues“, sagte Murray knapp. Zum vierten Mal hintereinander hatte er sich für das Turnier der besten acht qualifiziert, im vorigen Jahr schaffte er es bis ins Halbfinale. Stets war die Halle bei seinen Spielen mit 17 500 Zuschauern komplett gefüllt. Umso erstaunlicher, dass es am Montag auf den Rängen so leer wie nie war. Nur zwei Drittel der Arena waren gefüllt. So fehlte Murray die rechte Unterstützung, als er gegen Ferrer ein Debakel erlebte. Dabei war der Schotte nach den Turniersiegen in Bangkok, Tokio und Schanghai als einer der Favoriten angereist, hatte auch noch Roger Federer als Nummer drei der Weltrangliste abgelöst.

Doch von der Bestform war er eben weit entfernt, unterlag dem Spanier mit 4:6 und 5:7. „Ich hätte eine Woche Pause gebraucht, die hatte ich nicht“, erklärte Murray, „ich wollte es nicht schlimmer machen.“ Bereits in sechs Wochen startet die neue Saison in Australien, die wichtige Vorbereitungszeit beginnt fast sofort. Vertreten wird Murray in London nun durch den Serben Janko Tipsarevic, der heute gegen Tomas Berdych und am Freitag gegen Novak Djokovic um seine Chance auf den Halbfinaleinzug kämpft. Britannien wartet unterdessen weiter.

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