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Sport: Brothafte Kunst

Martín E. Hiller über Real Madrid und die schizophrenen Fußballfans Der FC Barcelona ist ein großer Klub mit dem Papst als Mitglied und Fans in der ganzen Welt.

Martín E. Hiller über Real Madrid und die schizophrenen Fußballfans

Der FC Barcelona ist ein großer Klub mit dem Papst als Mitglied und Fans in der ganzen Welt. Allen gemein ist die Liebe zum katalanischen BlauRot und die Abneigung gegen alles Weiße aus der Hauptstadt. Für einen richtigen Barça-Fan ist jede Niederlage des Erzrivalen Real Madrid ein Sieg. Als Real vor ein paar Wochen im Halbfinale der Champions League an Juventus Turin scheiterte, feierten Barças Fans das mit den Worten: „Den ersten Titel in diesem Jahr haben wir schon.“ In diesem Sinne endete das Saisonfinale in der spanischen Meisterschaft enttäuschend: Am Sonntag sicherte Real sich den 29. Titel, obwohl die Madrider lange Zeit auf Platz zwei hinter Real Sociedad San Sebastian gelegen hatten.

Wann immer Spiele in der primera división anstanden, war beim europäischen Fußballpublikum ein eigentümlicher, fast schizophrener Effekt zu beobachten: Die meisten neutralen Zuschauer gönnten den Titel dem baskischen Außenseiter, der sich in der Vorsaison erst im letzten Spiel vor dem Abstieg retten konnte. Trotzdem wollte jeder die Spiele der Madrider Stars sehen, die in diesem Jahr nun mal den schönsten Fußball in Europa gezeigt haben. Französische und italienische Fernsehsender übertrugen fast immer das Spiel mit Madrider Beteiligung, weil das den höchsten künstlerischen Wert versprach. Diese Kunst konnte, ja durfte nicht dauerhaft brotlos bleiben.

Laut Plan soll Reals Niveau in der neuen Saison noch steigen. Flankenexperte Beckham kommt nach Madrid, vielleicht auch der nicht minder angriffslustige Ronaldinho. Ob diese Automatisation des Erfolges funktioniert, ist zum Glück fraglich. Auch auf spanischen Spielbögen ist nur Platz für elf Starter, und wenn die alten und neuen Zauberer alle auflaufen, spielt Madrid bald ganz ohne Abwehr. Die Verpflichtung von Defensivgrößen wie Nesta oder Metzelder ist kein Thema. Vielleicht liegt darin ja ein bisschen Hoffnung für die merkwürdig indirekte Erfolgsrechnung der Fans aus Barcelona.

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