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Sport: Bühne frei für den Fußball

Dies ist eine Empfehlung, ins Theater zu gehen, und es ist eine enthusiastische Empfehlung: für Fußballfans, für Bühnenliebhaber, für Ignoranten der Fußball-Weltmeisterschaft, für Sporthasser im Allgemeinen, für Verehrer von Elfriede Jelinek und solche, die den Literaturnobelpreis für Jelinek eine Vollkatastrophe finden. Gehen Sie also heute Abend um 20.

Dies ist eine Empfehlung, ins Theater zu gehen, und es ist eine enthusiastische Empfehlung: für Fußballfans, für Bühnenliebhaber, für Ignoranten der Fußball-Weltmeisterschaft, für Sporthasser im Allgemeinen, für Verehrer von Elfriede Jelinek und solche, die den Literaturnobelpreis für Jelinek eine Vollkatastrophe finden.

Gehen Sie also heute Abend um 20.30 Uhr ins Deutsche Theater in Berlin (weitere Termine unter www.boxundbar.de) und schauen Sie sich „Sportecho“ von Elfriede Jelinek an, das Stück dauert exakt 90 Minuten und wird ohne Halbzeit aufgeführt, es gibt mit Stefan Kaminski nur einen einzigen Schauspieler zu sehen, und der kann hinterhältig wie Materazzi sein und melancholisch wie Riquelme, elegant wie Klose und leidend wie Zidane. Kaminski tobt in einem Würfel aus Plexiglas, in der Ecke zeigt ein Fernseher Eintracht Frankfurt gegen Palermo als Endlosschleife, ein kleiner Kühlschrank dampft Rauch aus und wenn er geöffnet wird, ertönt Stadiongebrüll, Kaminski imitiert perfekt die zusammengezogenen Augen von Oliver Kahn und dessen Zähnefletschen, er gibt den schwäbischen Klinsmann, als sei er Sönke Wortmanns „Sommermärchen“ entsprungen: „dr Kapitano, dr Kapitano, sie kenna unseren Kapitano noch nicht, Mitte kompakt, Mitte kompakt“, dazwischen Jelinek’sche Monologe und körperliche Verausgabung, Torsten Frings ist ein Faulpelz dagegen. Plötzlich ist der Schauspieler im Fernseher als Spieler von Union zu sehen, als Union-Fan im rot-weißen Outfit, Bier trinkend und Bratwurst essend, Zuschauer grölen, Kaminski grölt, Video und Theater purzeln durcheinander, es ist ein Heidenspektakel, ein Heidenspaß.

Geradezu herzentzückend ist ein Fundstück aus den 70er Jahren, man sieht da Elfriede Jelinek und Uli Hoeneß nebeneinander in einer Talkshow sitzen, und Hoeneß erklärt weitschweifend, warum Frauen im Waschen von Männersocken ihre wahre Bestimmung finden und somit glücklich werden, und Jelinek staunt und schweigt.

„Sportecho“ hat alles, was Wortmanns Film „Deutschland, ein Sommermärchen“fehlt, es hat eine Idee, es ist kreativ, es ist intelligent, es ist lustig bis hin zum Slapstick, es ironisiert die Protagonisten des Fußballs ohne sie zu Idioten zu stempeln, es ist liebevoll inszeniert.

Nix wie hin!

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