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Kraftpaket mit Vergangenheit. Olympiasieger Justin Gatlin aus den USA war wegen eines Dopingvergehens gesperrt. Foto: dpa

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Sport: Bühne frei für die zweite Chance

Bei der WM starten bekannte Dopingsünder

Berlin - Gut, dass der Besucher vom Fach war, David Storl hatte da nämlich eine Frage. „Sagen Sie mal“, sagte also der Kugelstoßer Storl, „wann habe ich denn endlich wieder eine Blutkontrolle? Ich hatte in diesem Jahr nämlich noch keine.“ Da stand er nun da, der Dopingkontrolleur. Es war ein wunderschöner Tag im August, drei Wochen vor der Leichtathletik-WM, er war ins Bundesleistungszentrum Kienbaum gekommen, weil er Storls Urin wollte, aber nicht, weil er auf Fragen aus war, die er nicht beantworten konnte. Ein paar Stunden später lachte Sven Lang, Storls Trainer, in sich hinein: „So viel zu den Dopingkontrollen“, brummte er dann.

Es sind die Feinheiten, die das Bild vom großen Ganzen vollenden. Bei der WM zapfen Kontrolleure erstmals allen Teilnehmern Blut ab. „Das ist ein wichtiger Schritt für die Glaubwürdigkeit der Dopingbekämpfung, ein Zeichen, dass die IAAF den Dopingkampf ernst nimmt“, sagte Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), der Nachrichtenagentur dapd. Die IAAF ist der Welt–Leichtathletikverband. Blutkontrollen bei allen Athleten, das ist zweifellos ein Fortschritt. Der Missbrauch des Dopingmittels Epo zum Beispiel kann durch Blutprofile viel besser bewiesen werden. „Die IAAF testet ja auch in den sensitiven Phasen“, sagte auch Helmut Digel, Council-Mitglied der IAAF. Sensitive Phasen, das bedeutet in harten Trainingsphasen. Da macht Doping am meisten Sinn.

Nur haben sie halt auch Lücken, die Tests in den sensitiven Phasen – siehe Storl. Die Lücken sind zwangsläufig, schon aus finanziellen Gründen. Niemand könnte ein flächendeckendes, engmaschiges System an Blutkontrollen bezahlen. Deshalb werden in und nach Daegu auch nicht serienweise Dopingsünder auffliegen.

Bei den Weltklasse-Sprintern Steve Mullings (Jamaika) und Michael Rodgers (USA) muss man auch gar nicht mehr darauf warten, sie wurden schon ertappt. Der 9,80-Sekunden-Sprinter Mullings hatte vor der WM die Spuren eines Doping-maskierenden Medikaments im Körper, Kollege Rodgers erklärte das Stimulanzium in seinem Urin mit einem Energiedrink, den er geschluckt hatte. Pech für Mullings, er war schon mal wegen Dopings aus dem Verkehr gezogen, nun droht eine lebenslange Sperre. Mullings hatte seine zweite Chance vergeben.

Bei der WM treten einige Athleten an, die sich an dieser zweiten Chance versuchen. Zwölf ehemalige Dopingsünder stehen auf den Starterlisten, darunter Prominente wie Justin Gatlin (USA), 100-Meter-Olympiasieger von 2004, Dwain Chambers (Großbritannien), Ex-Hallenweltmeister über 60 Meter, Shelly-Ann Fraser-Pryce (Jamaika), 100-Meter-Weltmeisterin und Olympiasiegerin, und LaShawn Merritt (USA), 400-Meter-Weltmeister und -Olympiasieger. Vielleicht winkt Chambers nach seinem Lauf kurz in die Kamera, netter Gruß an Rodgers. An den Kollegen, der vor der Hallen-WM 2008 getönt hatte: „Falls ich Chambers im Finale schlage, wird es für mich eine bedeutsame Sache sein, weil ich einen schmutzigen Athleten besiegt habe.“

In den Diskusring wird auch Virgilius Alekna steigen, der Litauer, der zweimalige Olympiasieger. Alekna ist noch nie als Dopingsünder überführt worden, aber es kursiert ein netter Spruch über ihn. Karlheinz Steinmetz schnaubte mal als Trainer von Olympiasieger Lars Riedel: „Der Alekna ist doch im Trainingslager schon mal abgehauen“. Vor den Dopingfahndern, meinte er natürlich.

David Storl war erreichbar, das steht fest. Seine Anfrage nach einer Blutkontrolle wurde umgehend bearbeitet. Schon am nächsten Tag stand ein Kontrolleur in Kienbaum, in der Hand eine Nadel.

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