zum Hauptinhalt
Woronin-quer

© dpa

Bundesliga: Der geliehene Erfolg von Hertha BSC

Aus dem Mittelmaß an die Tabellenspitze - Hertha steht plötzlich ganz oben. Zu verdanken hat der Klub dies vor allem einem Mann: Andrej Woronin

Andrej Woronin war wieder nicht zu halten. „Ich muss weg“, sagte der Stürmer von Hertha BSC, als er am Sonntag aus der Kabine auf dem Olympiagelände trat. Für eine Frage reichte es noch: Wie er denn die Tabellenführung in der Fußball-Bundesliga gefeiert habe. Woronin saß schon hinter dem Steuer seines Autos. „Ich habe zu Hause geschlafen“, sagte er. Dann fuhr er davon.

Auch tags zuvor war Andrej Woronin nicht zu halten gewesen. Im Spitzenspiel zwischen Hertha und dem FC Bayern hatte gerade die letzte Viertelstunde begonnen, als die Zuschauer im Berliner Olympiastadion einen plötzlichen Energieausbruch bei Woronin erlebten. Der Ukrainer sprang über die Werbebande hinter dem Tor, bog vor der Ostkurve rechts ab Richtung Haupttribüne und zog dabei einen ganzen Schwanz blau-weißer Hertha-Spieler hinter sich her. Arne Friedrich schaffte es mit einem Sprung auf seinen Rücken, doch Woronin spürte keine Last mehr. Er lief und lief und lief, als gäbe es nichts Schöneres als Laufen.

„Das ist ein perfekter Tag“, sagte Woronin nach dem Spiel. „Für die Mannschaft, für die Fans, für die ganze Stadt.“ Und für Andrej Woronin. Zwei Mal hatte er in den 90 Minuten aufs Tor der Bayern geschossen. Beim ersten Mal, kurz vor der Pause, schlich er sich um den lethargischen Lell herum und köpfte den Ball zum 1:0 ins lange Eck; beim zweiten Mal verschaffte er sich mit einer Körpertäuschung den entscheidenden Vorsprung vor dem Brasilianer Lúcio, ehe er den Ball an Torhüter Rensing vorbei zum 2:1 ins Tor schoss.

Vor fast auf den Tag genau drei Jahren hat Woronin zum letzten Mal zwei Tore in der Bundesliga erzielt. Damals spielte er noch für Leverkusen, und bei der 4:7- Niederlage gegen Schalke traf er erst zum 1:3 und später zum 3:5. Diesmal bescherte er Hertha den achten Heimsieg hintereinander – und er brachte seinen Klub an die Tabellenspitze: „Besser kannst du es nicht machen.“

Andrej Woronin hat sich bei Hertha auf die wichtigen Tore spezialisiert. Er hat beim 1:0 in Leverkusen getroffen, hat das 1:0 gegen Hoffenheim erzielt und jetzt die beiden Tore gegen die Bayern. In den ersten drei Spielen seit der Winterpause hat er schon genauso viele Tore geschossen wie bei 13 Einsätzen in der Hinrunde. Sechs sind es insgesamt, aber nicht die Quantität ist entscheidend, die Qualität ist es. Der Ukrainer arbeitet viel für die Mannschaft, er hilft bei der Verteidigung, er opfert sich auf. Seine Verpflichtung hat sich schon jetzt ausgezahlt. Im Sommer hat Hertha Woronin vom FC Liverpool ausgeliehen. Die Engländer übernehmen weiter die Hälfte des Gehalts, rund zwei Millionen Euro. Das ist der gute Teil der Geschichte. Der schlechte ist: Im Sommer endet die Ausleihe.

Nach derzeitigem Stand kann sich Hertha die Weiterbeschäftigung des Ukrainers eigentlich nicht leisten. Sechs Millionen Euro hat Liverpool im Sommer als Ablöse für den 29-Jährigen verlangt, hinzu käme das komplette Gehalt für Woronin. Hertha aber will in der kommenden Saison drei Millionen Euro bei den Personalkosten einsparen. Das wird schwierig, wenn allein Woronin zwei Millionen mehr bekommt. Es sei denn, die Berliner erschließen neue Geldquellen, zum Beispiel durch die Qualifikation für die Champions League.

„Andrej weiß, dass wir interessiert sind, eine Lösung zu finden“, sagt Herthas Manager Dieter Hoeneß. „Wir versäumen da nichts.“ Woronin erwähnt immer wieder, dass er sich in Berlin sehr wohl fühle, und auch die Mannschaft hat sich seinen hohen Ansprüchen im Laufe der Saison immer mehr angenähert. Jetzt sind sie zusammen Tabellenführer. „Bei Hertha passt alles“, sagt Andrej Woronin. Das ist zumindest mal ein Ansatz.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false