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Fußball - Hamburger SV - Borussia Dortmund

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Bundesliga: HSV: Mit Glück nach oben

Der Hamburger SV tastet sich nach dem knappen 2:1 gegen Dortmund wieder in die Spitzengruppe

Von Karsten Doneck, dpa

Nach solchen Spielen hat man schon tobende Trainer und vor Wut schäumende Manager gesehen. Nach dem 3:3 (3:1) beim Karlsruher SC bot Bayer Leverkusen ein ganz anderes Bild. „Wir werden jetzt nicht auf die Mannschaft einprügeln, dazu hat sie zuletzt zu gut gespielt“, sagte Bruno Labbadia. Trotzdem sprach Leverkusens Trainer nach dem Remis nach einer 3:0-Führung von einer „gefühlten Niederlage“. Auch Bayers Sportdirektor Rudi Völler umspülte Verständnis und Milde: „Das kann auch eine gute Erfahrung sein.“ Ein hergeschenktes Spiel wird also als Gelegenheit zur Reife einer jungen Mannschaft gesehen. „Es ist uns heute zu leicht gemacht worden, aber das wirft uns nicht um“, sagte Völler.

Nur René Adler war anzusehen, dass er ziemlich sauer war. Als der Nationaltorwart aus dem Kabinengang in Richtung Mannschaftsbus schlenderte, sagte er nur einen knappen, trockenen Satz: „Ich habe heute keinen Bock.“ Während die Leverkusener zwischen verschiedenen Meinungen schwankten, konnten sich die Karlsruher ganz auf ihr Glücksgefühl konzentrieren. „Es hätte geheißen, die haben jetzt sechs Spiele in Folge verloren“, sagte KSC-Trainer Edmund Becker. „Das Spiel wird uns weiterbringen, aber wir dürfen die ersten 24 Minuten nicht unter den Teppich kehren.“

Nach diesen äußerst einseitigen 24 Minuten führte Bayer schon 3:0, der KSC zeigte sich den eigenen Fans wie ein Absteiger. Schon nach 32 Sekunden hatte Patrick Helmes das 1:0 erzielt, sein neuntes Saisontor. Zehn Minuten später gab Schiedsrichter Günter Perl Helmes’ zweiten Treffer wegen Abseits nicht – und lag daneben. Das 2:0 gelang Stefan Kießling nach einer Viertelstunde, der KSC ließ sich vorführen, Michal Kadlec verwandelte einen Freistoß zum 3:0. Bayer versäumte es in dieser Phase, seinen Vorsprung auszubauen.

Leverkusen verwaltete seinen klaren Vorsprung zu selbstgefällig und eröffnete dem praktisch geschlagenen KSC einige Freiräume. Dennoch bedurfte Antonio da Silva beim 1:3 der Mithilfe von Stefan Kießling, der seinen Freistoß unhaltbar für Adler abfälschte. Nach einer Stunde traf Tim Sebastian per Kopf zum 2:3, Leverkusen spürte nun zum ersten Mal wirkliche Gegenwehr, alle Leichtigkeit war aus dem Spiel von Bayer gewichen. Rund 15 Minuten vor dem Abpfiff flankte Stefano Celozzi auf Alexander Iaschwili, der keine Mühe hatte, zum umjubelten 3:3 einzuköpfen. „Das war schon Stress. Und du glaubst an einem bestimmten Punkt, das kriegen wir nie wieder hin“, sagte Edmund Becker. „In der Pause habe ich der Mannschaft gesagt, dass wir mehr an uns glauben sollen.“ Mit Erfolg.

Auch die Wertigkeit eines Tauschgeschäfts kam gestern Nachmittag auf den Prüfstand. Hier Mladen Petric, dort Mohamed Zidan: Beide sind Stürmer, der eine beim Hamburger SV, der andere bei Borussia Dortmund. Bis Mitte August – die Saison lief schon – trugen beide noch das Trikot des jeweils anderen Klubs. Der Seitenwechsel hat sich vor allem für den HSV gelohnt, obwohl die Norddeutschen noch 4,8 Millionen Euro draufzahlen mussten. Das zeigte sich auch im direkten Vergleich. Petric erzielte beim schmeichelhaften 2:1 (2:0)-Heimsieg der Hamburger gegen seinen früheren Dortmunder Klub ein Tor selbst und bereitete das zweite von Ivica Olic mit einer Kopfballvorlage vor. Und Zidan? Der spielte für Dortmund: immer eifrig, aber dabei unproduktiv - wie meist auch während seiner Hamburger Zeit. Der Ägypter wurde nach 70 Minuten ausgewechselt.

Mit dem Sieg unterstrichen die Hamburger ihre Heimstärke. Von 18 möglichen Punkten haben sie im eigenen Stadion 16 geholt. Für Dortmund hingegen endete eine Serie von sechs Spielen ohne Niederlage. Und der Ärger bei den Gästen war groß. Der Zorn richtete sich vor allem gegen Schiedsrichter Jochen Drees, der nach dem Abpfiff den Dortmunder Abwehrspieler Robert Kovac mit der Roten Karte bestrafte. Warum? „Woher soll ich das wissen?“, polterte Kovac. Er gab später zu, dem Schiedsrichter gesagt zu haben, er solle „sich nicht ins Hemd machen aus Angst vor der Heimmannschaft“. Ob das wirklich alles war? Für den Verdruss der Gäste gab es noch einen anderen Grund. Da hatte die Borussia den HSV mit verwirrendem Kurzpassspiel und enorm hohem Tempo vor allem in der zweiten Halbzeit fest im Griff, aber am Ende sprang nichts heraus.

Der HSV war durch Petrics Kopfball nach einer Ecke von Piotr Trochowski früh in Führung gegangen. Es war Petrics viertes Saisontor, der erste Bundesligatreffer des Kroaten nach einer 370-minütigen Torflaute. Und als die Dortmunder bei all ihrer offensiven Ausrichtung einmal die Absicherung nach hinten vergaßen, schlug Ivica Olic zum 2:0 zu.

Die Entscheidung war das indes noch lange nicht. Zwischen den beiden HSV-Toren hatte Dortmunds Neven Subotic schon mal mit einem Lattenknaller Pech gehabt, aber nach dem 1:2-Anschlusstreffer von Tamas Hajnal kurz nach dem Seitenwechsel fegte eine Dortmunder Druckwelle über die Hamburger hinweg. „Wir haben nicht mehr die Anspielpunkte gefunden“, sagte HSV-Trainer Martin Jol. „Die Dortmunder waren in der zweiten Hälfte klar besser.“ Dem BVB blieb zum Schluss aber nur das Wehklagen.

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