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Ab nach oben. Heiko Westermann (l.), hier im Test gegen den FC Chelsea, wechselte von Schalke 04 nach Hamburg.

© dpa

Bundesliga im Test (12): Hamburger SV: Die Powershopper

Am 20. August startet die neue Bundesliga-Saison. In unserer Serie testen wir Stärken und Schwächen der Vereine. Heute: Hamburger SV. Die Fans erwarten wenig, doch mit dem teuersten Team der Vereinsgeschichte ist viel möglich.

Was hat sich verbessert?

Es gibt einige Positionen, die fraglos besser besetzt sind als im Vorjahr. Das beginnt mit dem Tor. Dort ringen Frank Rost und der Tscheche Jaroslav Drobny, der ablösefrei von Hertha aus Berlin kam, um den Status der Nummer eins – Trainer Armin Veh will heute darüber entscheiden. Neuzugang Heiko Westermann (Schalke), der Wunschtransfer Vehs, dürfte für größere Stabilität in der Innenverteidigung sorgen, wo David Rozehnal im Vorjahr reichlich Verwirrung stiftete. Und auch die Substanz im defensiven Mittelfeld ist mit der Verpflichtung Gojko Kacars (ebenfalls aus Berlin) erhöht worden, da der HSV hier mit David Jarolim, Zé Roberto und Kacar nun drei hochklassige Profis zur Verfügung hat. Zudem dürfte insbesondere auf der Position des Trainers nun mehr Ruhe einkehren. Die große Unzufriedenheit, die Bruno Labbadia mit eigenwilligen Entscheidungen im Vorjahr unter den Profis anrichtete, sollte der Vergangenheit angehören.

Wer sind die Stars?

Kein HSV-Profi besitzt mehr Strahlkraft als Ruud van Nistelrooy. Der Niederländer verfügt über einen exzellenten Ruf. Doch es stellt sich die Frage, ob er mit seinen 34 Jahren noch die Klasse und die Physis besitzt für den Spitzenfußball. Ähnlich verhält es sich mit dem 36-jährigen Zé Roberto, dem Weltmeister des Jahres 2002, dem die Kälte des Winters bekanntlich nicht behagt. Das Potenzial zu einem Weltstar besitzt außerdem der Flitzer auf dem linken Flügel, Eljero Elia – es ist kaum verwunderlich, dass Juventus Turin rund 15 Millionen Euro für den Niederländer bietet. Neben van Nistelrooy ist aber Keeper Frank Rost unter den Fans am beliebtesten, weil er unbequeme Wahrheiten direkt anspricht. Das kommt gut an in der Hansestadt, zumindest bei den Zuschauern.

Welche Taktik ist zu erwarten?

In der Vorbereitung hat Veh oft das 4-2-3-1-System mit nur einer echten Spitze spielen lassen. Die sogenannte Doppelsechs im defensiven Mittelfeld bietet sich angesichts des Kaders an. Auch der Peruaner Paolo Guerrero ist mit seiner Ballfertigkeit wie geschaffen für die Rolle hinter dem zentralen Stürmer. Aber im Angriff besitzt Veh ein Luxusproblem. Denn sollte van Nistelrooy als einzige Spitze auflaufen, müsste Mladen Petric auf die Bank oder auf den rechten Flügel ausweichen, wo er sich weniger wohl fühlt.

Wie viel Macht hat der Trainer?

Einerseits verfügt Armin Veh über eine komfortable Position. Denn sein Vorgesetzter, der ehemalige Profi Bastian Reinhardt, erst seit Juni im Amt, gilt in der Branche als Lehrling. „Er muss viel zuhören und lernen“, sagt Veh. Andererseits ist sich der Trainer angesichts der kurzen Halbwertszeit seiner Vorgänger bewusst, dass er Resultate liefern muss. Mindestens die Qualifikation für die Europa League fordert der Vorstand von ihm. Und hier schwingt der machtbewusste Bernd Hoffmann das Zepter, der ebenfalls unbedingt vorzeigbare Erfolge benötigt: Im nächsten Jahr läuft der Vertrag des umstrittenen Vorstandsvorsitzenden aus.

Was erwarten die Fans?

Wenig bis nichts. Die Erwartungen sind extrem niedrig, ganz anders als noch in den Vorjahren. Da träumten viele Fans davon, ihr Klub könne an die großen Zeiten am Ende der 1970er und am Anfang der 1980er Jahre anknüpfen. Nicht nur die Sommerdebatte um das neue Investoren-Modell, in der Klubchef Bernd Hoffmann heftig Prügel einsteckte, drückte erkennbar die Stimmung. Auch die lange Suche nach einem neuen Sportdirektor wurde allenthalben als Farce empfunden.

Was ist in dieser Saison möglich?

Trotz allem ist viel möglich. Denn das Debakel aus der Vorsaison, als der Klub erstmals nach vielen Jahren die Europapokalteilnahme verpasste, könnte sich als große Chance entpuppen. Die Mannschaft kann sich, wenn die Konkurrenz quer durch Europa reist, ausgiebig regenerieren und trainieren. Und bei der gefühlten Depression gerät in Vergessenheit, dass der Klub den teuersten Kader seiner Geschichte unterhält. Nicht ausgeschlossen, dass der HSV diesmal nicht am Saisonende abstürzt, sondern um einen Platz in der Champions League mitspielt.

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