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Diego

© ddp

Bundesliga: Mama macht das schon

Werder Bremen und der FC Bayern sind zu abhängig von ihren Stars Diego und Ribéry. Darunter leiden Trainer, Mitspieler und auch die Zuschauer.

Es gab da diese eine Szene, als Diego am Boden lag. Er lag, um ihn herum standen sie, aber Diego behauptete den Ball trotzdem. Fußballer, die am Boden liegend den Ball kontrollieren können, entscheiden Spiele, nein: Sie entscheiden Meisterschaften. So gesehen war diese Szene in der zweiten Halbzeit der Partie FC Bayern gegen Werder Bremen eine, die ziemlich viel erzählte über die Bundesliga und darüber, wie Fußball hier in den Spitzenmannschaften funktioniert.

„Einen wie Franck Ribéry kann man nicht ersetzen.“ Das hat Ottmar Hitzfeld nach dem 1:1 gegen Bremen gesagt, wie auch alle anderen, die gefragt wurden, wie sehr den Bayern der in den kommenden drei Wochen verletzte Franzose fehlt. Man weiß jetzt: Bayern ohne Ribéry ist ein bisschen so wie Bayer Leverkusen mit Bernd Schneider – eine ordentliche Bundesligamannschaft, die an guten Tagen Bremen schlagen kann und an schlechten gegen Rostock fast verliert.

Fußball in Bundesliga-Spitzenmannschaften funktioniert also so: 1. Wer besser sein will als alle anderen, braucht unbedingt Fußballer, denen der Ball in jeder Lage bedingungslos gehorcht. 2. Solche Fußballer sind äußerst selten und in wenigen Mannschaften als Einzelstück vorhanden, namentlich beim FC Bayern, Werder Bremen und dem Hamburger SV, weshalb 3. genau diese Mannschaften sich in totale Abhängigkeit von diesen am Boden liegenden Diegos begeben haben. Ribéry, Diego und van der Vaart sind ein Segen für ihre Mannschaften – zugleich aber auch ein Fluch.

Am zurückliegenden Wochenende war das wieder gut zu beobachten: Die Bayern spielten ohne Ribéry zwar engagiert, aber manchmal auch wie Kinder ohne Mama, die nicht wissen, was sie jetzt tun sollen. Ribéry-Ersatz Bastian Schweinsteiger trat hilflos auf wie ein Grundschüler in der Oberstufe, der 18-jährige Toni Kroos machte es besser, ist aber noch zu jung, um von Hitzfeld dauerhaftes Vertrauen zu bekommen, und Schlaudraff und Podolski – ach ja, Schlaudraff und Podolski… Bremen kam in keinem Angriff ohne Diego aus. Diego aber wäre manchmal ganz gut ohne die anderen Bremer ausgekommen. Und der HSV? Spielte 1:1 in Leverkusen, Torschütze: Rafael van der Vaart.

Bayerns Verteidiger Philipp Lahm hat vor kurzem gesagt, dass er sich jetzt mehr auf die Defensive verlagere als früher. Franck Ribéry ist einfach derart präsent auf dem Platz, dass es für Spieler wie Lahm gar nicht mehr nötig ist, die Offensive mitzugestalten. Ist Ribéry dann mal abwesend, fällt es den anderen schwer, ihre Rollen auf Knopfdruck anders zu interpretieren als vorher. Die Abhängigkeit ist so erklärlich, sie entsteht nur dann nicht, wenn eine Mannschaft mit mehreren Ribérys oder Diegos besetzt ist, wie das etwa beim FC Barcelona der Fall ist. Nicht aber in der Bundesliga.

Weil Spieler wie Diego deshalb um so mehr auffallen, ist es nur eine logische Folge der Geschäftsgepflogenheiten, dass der Bremer Spielmacher in den Medien schon weißgottwieoft zu Juventus Turin oder anderen Klubs gewechselt ist. Am Sonntag hatte er keine Lust mehr, dazu etwas zu sagen, „denn egal, was ich sage, es wird so ausgelegt, als ob ich weggehen wollte, was nicht stimmt“. Auch Werder-Manager Klaus Allofs stellte klar: „Diese und nächste Saison spielt Diego auf jeden Fall für Werder. Es gibt keine finanzielle Abwägung, keine außergewöhnliche Summe, bei der wir schwach würden.“ Geld schießt ja keine Tore, könnte man jetzt anfügen.

Die einzigen, die mit ihrem Geld und Renommee die Abhängigkeit durch personelle Verbesserungen begrenzen könnten, sind die Bayern, und es scheint, als hätten sie das Problem erkannt. Kürzlich sollen sie den mazedonischen Nationalspieler und Dribbler Goran Pandev (Lazio Rom) in ihre Wunschliste aufgenommen haben, wo nach neuesten Gerüchten auch das 17-jährige peruanische Offensivtalent Reimond Manco stehen soll. Für die nahe Zukunft aber ändert das noch nichts, weshalb den Bayern nichts bleibt als: warten auf Ribery. Noch drei Wochen.

Michael Neudeckler[München]

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