zum Hauptinhalt
Zunge zeigen. Das Hamburger Starensemble um Stürmer Ruud van Nistelrooy schleppt sich schnaufend in den Winter.

© AFP

Bundesliga: Pleiten nach Plan beim HSV

Trotz desolater Leistungen wird beim Hamburger SV keine Trainerdiskussion geführt. Armin Veh ist bei den Fans beliebt und im Vereinsumfeld unumstritten. Man kann aber auch Resignation dahinter vermuten. Was sollte ein anderer Trainer besser machen?

Armin Veh hat den Hamburger SV keinen Millimeter weitergebracht; seine Mannschaft ist im Pokal längst ausgeschieden, sie spielt einen grausamen Fußball ohne erkennbares System, sie rutscht im Falle einer Niederlage am letzten Hinrundenspieltag in Gladbach in die Nähe der Abstiegsränge. Veh hat dem Hamburger Starensemble weder eine Handschrift verpasst noch wichtige Eigenschaften wie Aggressivität oder Zusammenhalt eingehaucht.

Das Ungewöhnliche an der derzeitigen Lage beim HSV ist jedoch, dass gar nicht über den Trainer diskutiert wird.

Am Samstag beim 2:4 gegen Bayer Leverkusen fiel Vehs Mannschaft am Ende einfach auseinander; zwei, dreimal liefen Leverkusener Spieler allein aufs Tor zu oder standen völlig frei im Hamburger Strafraum. Es war ein Untergang. Es war die Selbstzerstörung einer Mannschaft. Aber die Fans riefen: „Hoffmann raus!“, und „Vorstand raus!“. Später belagerten sie die Busausfahrt der Arena mit Blick auf das beleuchtete Büro Bernd Hoffmanns.

Veh ist bei den Fans beliebt und im Vereinsumfeld unumstritten, weil nun jedem beim HSV klar ist, dass die „schwere Krise“, wie der Coach selbst sagte, nicht von einem zu verantworten ist, der erst seit Sommer die Trainingseinheiten leitet. Einen besonderen Vertrauensbeweis der HSV-Führung um Präsident Hoffmann und Vorstand Katja Kraus für Veh bedeutet das Festhalten an ihm gleichwohl nicht – eher kann man Resignation dahinter vermuten. Was sollte ein anderer Trainer besser machen? Die beiden Verantwortlichen wirken seit Wochen ratlos und amtsmüde. Es dürfte die letzte HSV-Saison mit dem Führungsduo Hoffmann/Kraus sein. Der neue Sportchef Bastian Reinhardt spielt als Manager-Lehrling keine Rolle im bitteren Hamburger Winter. Und die Abteilungen des HSV und die Aufsichtsräte sind damit beschäftigt, zu sondieren, wer denn zu den vier neuen Räten gehören könnte, die bei der Mitgliederversammlung am 9. Januar gewählt werden.

In dieses Vakuum stößt nun also Armin Veh. Er ist derzeit gleichbedeutend mit dem HSV. Der Umbruch ist ja angekündigt, aber darin liegt auch die Gefahr: Veh braucht noch bis zum Mai eben jene Profis, die über dieses Datum hinaus keine Zukunft im Klub mehr haben. Zé Roberto zum Beispiel verweigerte am Samstag schlichtweg die Arbeit. Sein lustloser Abgang bei seiner Auswechslung allein war eine Frechheit. Er wisse noch nicht, wie es mit ihm weitergehe, hat Ruud van Nistelrooy erzählt, er sei sehr zufrieden mit seiner Zeit beim HSV: 30 Spiele habe er im Jahr 2010 absolviert, erzählte der Niederländer jüngst überrascht, „das hätte ich bei meiner Fitness gar nicht gedacht“. Als Eindruck bleibt: Da interessiert sich einer für die persönliche Bilanz, nicht für den Arbeitgeber.

„Von Teamgeist muss man nicht sprechen, wenn man die Leverkusener so frei durchlaufen lässt“, sagte Frank Rost nach dem Spiel. Das gleiche hatte der intern isolierte Torwart vor zwei Wochen gesagt, beim Sieg gegen Stuttgart. Veh vernebelte die grundsätzlichen Probleme des HSV lieber, sprach von Angst, von mentaler Schwäche. Der Leverkusener Barnetta wurde deutlicher: „Wir wussten, dass der HSV bei einem Gegentor auseinanderfällt.“ Diesmal nicht sofort – erst rafften sich die Norddeutschen noch auf und glichen die Führung von Sidney Sams aus. Arturo Vidal war per Eigentor behilflich. Doch nicht einmal dieses freundliche Geschenk munterte Hamburg auf: Vidal konnte nach einer Stunde Spielzeit freistehend das 2:1 köpfen, Renato Augusto wurde bei zwei fast identischen Kontern nicht angegriffen und schoss mit Klasse und Glück das 3:1 und 4:1. Das 4:2 durch Elia zehn Minuten vor Schluss sahen viele Fans im Stadion schon gar nicht mehr. „Wir müssen uns keine neuen Ziele setzen“, sagte Veh, „wir müssen eher aufpassen, dass wir nicht plötzlich unten drinhängen.“ Dass er ratlos ist, verschwieg Veh nicht: „Im Moment liegen wir alle am Boden, ich auch.“ Soviel Planlosigkeit nach Plan wäre früheren Hamburger Trainern längst zum Verhängnis geworden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false